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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Waffen und amerikanischer Munition getan, und in seiner Armee trugen viele Soldaten amerikanische Uniformen. Wo die Truppen von den Bolschewiken geschlagen und zum Rückzug gezwungen wurden, verbrannte das Amerikanische Rote Kreuz Medikamente im Wert von Millionen Dollar, aus Angst, damit könnten verwundete bolschewistische Soldaten geheilt und bolschewistischen Frauen im Kindbett geholfen werden. Irgendwie machte es gar keinen Spaß mehr, im Kanu auf einer schönen blauen Lagune dahinzugleiten, wenn man hörte, dass so etwas auf der Welt passierte!
    Bunny fuhr wieder nach Paradise, studierte, dachte nach und wartete ab. Wieder kam eine Postkarte von Paul, genauso kühl und sachlich wie die letzte. Es gehe ihm gut, er habe zu tun und werde gut versorgt, er habe einen weiteren Brief von Ruth erhalten, er hoffe, dass es der Familie gut gehe, auch Vater und Sohn Ross. Bunny kannte die Weltlage inzwischen gut genug, um zu verstehen, warum Paul eine solche Karte schrieb, und er konnte sich sogar vorstellen, wie bitter es Paul ankommen musste, dass er gezwungen war, so zu schreiben.
    Nun wollte es Bunny auch einmal mit Kartenschreiben versuchen. Er kaufte eine einfache Postkarte und schrieb Paul, es gehe ihnen allen gut, sie hätten gut zu tun und würden viel Öl fördern, um Amerika gegen seine Feinde zu verteidigen. «Ich denke viel nach», fügte Bunny hinzu, doch dann fiel ihm ein, dass er damit vielleicht auf eine bei den Truppen verpönte Tätigkeit anspielte, deshalb kaufte er noch einmal eine Karte, schrieb, wie glücklich alle seien und wie gut alles laufe, und fügte dann hinzu: «Allmählich stimme ich in allem mit Tom Axton überein.» Der Zensor im fernen Sibirien wusste wohl kaum, dass Tom Axton die Ölarbeiter auf dem Gelände von Paradise gewerkschaftlich organisiert hatte!
    Während dieser ganzen Zeit war Bunny zwischen zwei Gefühlen hin- und hergerissen; beide waren stark, und beide standen in striktem Widerspruch zueinander. Als angehender Offizier in der Armee war er von glühender Vaterlandsliebe erfüllt gewesen; jetzt, nur sieben Monate später, empfand er das Verlangen, für die Feinde seines Landes zu «trommeln» und zu jubeln, wenn das Sternenbanner weichen musste! Ja, er freute sich sogar, wenn er las, dass die amerikanischen Truppen in Archangelsk aufgehalten und ihren britischen Befehlshabern ein Strich durch die Rechnung gemacht worden war. Er erinnerte sich noch gut an die Schauer der Begeisterung, wenn er im Ausbildungslager beim Weckruf aus dem Zelt sprang und «Old Glory» in der ersten Morgenbrise flatterte. Hätte er sich damals so sehen können, wie er jetzt war, er hätte sich als niederträchtigen Verräter bezeichnet!
    11
    Nur sehr wenige Menschen auf Erden trauten den Russen zu, dass sie sich gegen die Heerscharen der ganzen Welt zur Wehr setzten. Dennoch schafften sie es irgendwie. Eines aber war merkwürdig an den Kriegsberichten von den verschiedenen antibolschewistischen Fronten: Die alliierten Truppen errangen ruhmreiche Siege, sie eroberten Perm oder Ufa oder welche Stadt auch immer und nahmen zigtausende von Feinden gefangen. Ein oder zwei Monate noch, und sie würden sich ihres Sieges gewiss sein können – bis einer von ihnen auf die Idee kam, mal einen Blick in die Karte zu werfen und die Lage der beiden Orte zu vergleichen. Da stellten sie fest, dass der zweite einige hundert Meilen weiter hinten lag!
    Später begriff Bunny, was da vor sich ging. Die Bauern verhielten sich mucksmäuschenstill, während die Alliierten vormarschierten, dann rotteten sie sich hinter ihnen zusammen, griffen an und zwangen sie so zum Rückzug. So mächtig war die bolschewistische Propaganda – diese Methode funktionierte in Archangelsk, entlang der ganzen Westfront vom Baltikum bis zur Krim und in Sibirien; kein Sieg war von Dauer. Admiral Koltschak durchquerte Sibirien, General Denikin in der Ukraine näherte sich Moskau bis auf hundertfünfundzwanzig Meilen, aber das alles führte zu nichts.
    Aus dem Sommer wurde Herbst, aus dem Herbst Winter, und nun geschah etwas noch Entsetzlicheres. Erste Anzeichen verrieten, dass die Armeen der Großmächte dem tödlichen Propagandagift erlagen. Es war der zweite Winter seit dem Waffenstillstand, die Soldaten fanden, der Krieg sei vorbei, warum ließ man sie also nicht nach Hause gehen? Plötzlich wurden Eldon Burdicks schlimmste Prophezeiungen wahr. Die Matrosen der französischen Flotte im Schwarzen Meer meuterten, überwältigten ihre Offiziere

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