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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Aula ein sensationeller Anblick, der aufregendste seit den Gründungstagen der methodistischen Sonntagsschule. Der Entdecker und rechtmäßige Erbe des Ross-Junior-Ölfelds hatte sich in einen Zeitungsjungen verwandelt! Er stand auf einer Bank, den Arm voller Zeitungen, und rief fröhlich: «‹The Investigator›! Erste Ausgabe des ‹Investigator›, fünf Cent das Exemplar!»
    Und kaufte man? Was für eine Frage! Man drängelte sich in Dreierreihen um Bunny, er konnte gar nicht schnell genug herausgeben; und als sich die Sensation herumgesprochen hatte, umringten sie ihn in Sechser- und Zehnerreihen – was war das für ein Ansturm, ein Aufruhr! Von überall her auf dem Campus kamen Männer und Frauen angelaufen, als sie die Menschenmenge sahen. Ein Unfall? Eine Schlägerei? Was war geschehen? Wer ein Exemplar bekommen hatte und sich aus dem Pulk löste, wurde zum Mittelpunkt kleinerer Tumulte, denn andere versuchten, ihm über die Schulter zu blicken, und bestürmten ihn mit Fragen.
    Es dauerte keine zehn Minuten, da trat aus dem Verwaltungsgebäude eine stattliche, würdevolle Person mit goldenem Zwicker und fettem Nackenwulst, wie man sie in jedem großen Immobilienbüro oder in jeder Bank in der Innenstadt findet – Studiendekan Reginald T. Squirge, Ph. D. Ruhig und gebieterisch schob er sich durch die Menge, ruhig und gebieterisch nahm er den millionenschweren Zeitungsjungen in Gewahrsam und führte ihn mitsamt seinen Zeitungen im Arm in sein Büro. «Warten Sie hier», befahl er, ging wieder hinaus und kehrte mit Peter Nagle zurück; beim dritten Gang hieß seine Beute Gregor Nikolajew, und ihm auf dem Fuße folgten seine ad hoc eingesetzten Stellvertreter in Begleitung der anderen Verbrecher.
    Wie viele Exemplare verkauft worden waren, konnte niemand sagen; die nicht verkauften wurden im Büro des Dekans in einer Ecke gestapelt, und falls sie je einer gezählt hat, so wurde das Ergebnis nicht publik gemacht. Doch waren genug Nummern unter die Leute gelangt, um den Campus in Brand zu setzen. Man hörte immer nur: «Hast du das gelesen?» – «Hast du eine Ausgabe bekommen?» Der Preis des «Investigator» sprang auf einen Dollar, und bevor es Abend wurde, waren einige Exemplare für das Zwei- oder Dreifache weiterverkauft worden.
    Ein Grund hierfür war, dass ein Exemplar bis zum «Evening Booster» gelangt war, Angel Citys auflagenstärkster Zeitung, grün gedruckt, fünf Ausgaben am Tag. In der zweiten Ausgabe, um die Mittagszeit auf den Straßen, stand quer über die ganze Breite der Titelseite die «Balkenüberschrift»:
    ROTES NEST AN DER UNIVERSITÄT !
    Bolschewistische Propaganda an der S. P. U.
    Es folgte ein zweispaltiger Artikel, weiterzulesen in der Fortsetzung auf Seite 14, mit einer reißerischen Kurzfassung der Inhalte des «Investigator», darunter die bestürzenden Fakten über die gekauften Athleten sowie in voller Länge das Spottgedicht über Gott. Auf Harry Seagers Bericht über Sibirien wurde leider nur ganz beiläufig hingewiesen. Etwas später erschienen die Konkurrenten des «Evening Booster», der «Evening Roarer» und der «Evening Howler»; sie waren zwar eine ganze Ausgabe später dran, machten dies aber durch zahlreiche neue Details wett, die sie teils am Telefon erfahren, teils in ihren Redaktionen erfunden hatten. So stand im «Evening Roarer»:
    ROTE UNI - VERSCHWÖRUNG AUFGEDECKT
    Und weiter hieß es, dass die Polizei nach russischen Agenten fahnde, die sich der Studenten an der Southern Pacific University bedient hätten, um ihre Propaganda gedruckt unters Volk zu bringen. Der «Evening Howler», der sich auf «Geschichten aus dem Leben» spezialisiert hatte, stellte den Rädelsführer der Verschwörung in den Mittelpunkt:
    ROTER MILLIONÄR AN DER UNI !
    Sohn von Ölmagnat unterstützt Sowjets!
    Und er übertrumpfte seine Konkurrenten mit einem Foto von Bunny, das sich ein Reporter im Haus der Familie Ross beschafft hatte, indem er Tante Emma weismachte, Bunny habe soeben einen Preis für das beste Zeugnis der letzten zehn Jahre erhalten. Die gute Dame war so aufgeregt, dass sie den Butler dreimal zum Kiosk an der Ecke schickte, um nachzusehen, ob der «Evening Howler» mit dem Bericht über diesen Preis endlich erschienen sei.
    9
    Im Normalfall hätte sich dieser Gazettenrummel nicht länger als zweiunddreißig Stunden gehalten. Die nächsten Abendblätter hätten berichtet, dass die Universitätsleitung den «Investigator» verboten hätte, und die Schlagzeilen tags

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