Öl!
heißen. Männer und Frauen umringten ihn, fragten ihn aus und stritten mit ihm; oft endeten die Auseinandersetzungen mit einem wilden, wortreichen Schlagabtausch, aber trotzdem war es interessant, und sie kamen wieder und wollten noch mehr davon hören. Bunny wurde zu einem Zentrum sowjetischer Propaganda, denn wenn sie ihn mit ihren Argumenten in die Enge trieben, blieb ihm nichts anderes übrig, als zu Paul zu gehen und sich mit weiteren Fakten einzudecken, die er dann seinen Gegnern an den Kopf warf. Seine Verbindungsbrüder blieben die halbe Nacht wach und stritten sich mit ihm, weil er alles in Frage stellte, was sie für gut hielten.
Dank Schonung und Hausmannskost erholte sich Paul bemerkenswert schnell, und nach ein paar Wochen fuhr er nach Angel City, um einen Freund zu besuchen. Bunny kam mit und erlebte ein weiteres Abenteuer in Gestalt von Harry Seager. Dieser Mann, zehn Jahre älter als Paul und Leiter einer kleinen Wirtschaftsschule, hatte während des Kriegs alles Geschäftliche einem Partner übergeben und für den YMCA gearbeitet. Man hatte ihn nach Sibirien geschickt, um den zweihundertachtzig von den Bankiers bezahlten Eisenbahnern beizustehen. Er war die Bahnlinie entlanggefahren, immer auf und ab, und hatte alles gesehen, was es zu sehen gab; nun «benahm er sich daneben» und erzählte, wie es wirklich gewesen war, trotz der Proteste der YMCA -Chefs, der Militärs, des Außenministeriums, des Händler- und Herstellerverbands und aller anderen, die den Leiter einer Wirtschaftsschule in Angel City unter Druck setzen konnten.
Dad steckte zu diesem Zeitpunkt wegen einer auf dem Bandy-Gelände geplanten Aufschlussbohrung bis über beide Ohren in Arbeit. Doch Bunny bestand darauf, dass er Harry Seager kennenlernte; er lotste die beiden zu einem Lunch, Paul stieß ebenfalls dazu, und noch ehe die Suppe verzehrt war, hatten sie Dad dermaßen in Wallung gebracht, dass er nicht mehr weiteraß. Natürlich war er entsetzt über ihren Bericht, aber man durfte nicht erwarten, dass sein Kopf so funktionierte wie der von Bunny. Dad konnte nicht alle Knäuel dieser Welt entwirren und verspürte auch gar nicht den Drang, es zu versuchen. Ihn ärgerte nur, dass die Japsen in Sibirien waren, dass unsere Diplomaten keinen Gedanken ans Öl verschwendeten und vor allem, dass sein Sohn in den Sog wilder, gefährlicher Ideen geriet.
Dieser Seager zum Beispiel, ein groß gewachsener, gut aussehender Mann aus dem Westen, stattlich wie ein Wikinger, weil sein Haar durch die erlittenen Strapazen frühzeitig ergraut war – die von ihm verbreiteten Fakten waren nicht zu bestreiten, dieser Bursche log bestimmt nicht, aber lieber Gott, deswegen ließ man sich doch nicht vom Sockel pusten und rannte durch die Gegend, stiftete Unfrieden und griff die Regierung an, weil sie in den Wirren des Kriegs Mist gebaut und hinterher nicht mehr gewusst hatte, wie sie sich da rauswinden sollte!
Bunny schleppte seinen Vater zu einer sozialistischen Versammlung, bei der Harry Seager eine Rede halten sollte. Sie fand in einer großen Halle statt, in der zwei- bis dreitausend Menschen zusammengedrängt standen, und Dad meinte, noch nie im Leben so viele gefährliche Menschen auf einem Haufen gesehen zu haben – fremdländische, dunkle, bedrohliche Gesichter, wild dreinblickende Intellektuelle, denen das Haar bis über den Kragen wuchs, Frauen mit kurz geschorenem Haar und großen Brillen, Arbeiter mit mürrischem, stumpfem Blick oder scharfen, verbitterten Zügen – samt und sonders schreckliche Leute! Und dieser Seager peitschte sie auf bis zur Raserei! Er erzählte von dem «Todeszug», den er auf der Transsibirischen Eisenbahn gesehen hatte – über zweitausend Männer und Frauen, in Viehwaggons gepfercht als Gefangene der Weißen, die nicht wussten, was sie mit ihnen machen sollten, und den Zug mal hierhin, mal dorthin rollen ließen und ihn für Wochen auf ein Abstellgleis schoben, wo die Opfer an Hunger, Durst und Krankheit elendiglich zugrunde gingen. Und amerikanische Truppen sahen ihnen zu, versorgten diese Mörder mit Proviant und Geld und beschützen sie mit ihren Gewehren! Ja, und es ging immer noch weiter! Eben jetzt fielen in Russland polnische Truppen ein, die amerikanische Uniformen trugen und russische Arbeiter mit amerikanischer Munition töteten. Wie äußerte sich das amerikanische Volk dazu?
Das amerikanische Volk äußerte sich mit einem Gebrüll, das J. Arnold Ross Schauder über den Rücken jagte. Er blickte um
Weitere Kostenlose Bücher