Öl!
und viel öffentliche Aufmerksamkeit von einer Art, die den Unternehmern wohl eher unangenehm wäre. Die Zeugenaussagen müssten «frisiert» werden, und Bunny würde alles in seiner Macht Stehende tun, um dies aufzudecken und die Tatsachen an die Öffentlichkeit zu bringen. Was, wenn es dem Verteidiger in den Sinn kam, Mr Vernon Roscoe vorzuladen und zu fragen, was er über die in Paradise eingeschleusten Spione wisse?
«Ach, mein Sohn!», rief Dad. «So was Gemeines würdest du doch nie machen!»
Bunny antwortete: «Ich natürlich nicht. Ich sagte, vielleicht der Anwalt. Würdest du es denn nicht tun, wenn du an seiner Stelle wärst?»
Und Dad, dem sehr unbehaglich zumute war, versetzte, sie sollten der Sache ihren Lauf lassen, er werde sehen, was er bei Verne ausrichten könne.
5
Diese Verhandlungen führten unter anderem dazu, dass Dad Vee Tracy bat, ob sie nicht mehr unternehmen könne, um Bunny von diesen entsetzlichen Roten fernzuhalten. Er habe nämlich nix anderes mehr im Kopf! Vee versprach es, und ihre Versuche wurden zu einer weiteren Belastung für ihre Liebe und Zuneigung. Denn allmählich wusste Bunny, was er wollte, und ließ sich nicht davon abbringen.
Vee arbeitete fleißig an der «Prinzessin von Patschuli». Es war ein alberner Stoff, das gab sie offen zu; dennoch mühte sie sich nach Kräften, ihn wirklichkeitsnah und lebendig zu gestalten. Wenn man sie fragte, warum, gab sie zur Antwort, das sei ihr Beruf – das hieß, sie bekam viertausend pro Woche mit der Möglichkeit, dies auf fünftausend zu steigern, wenn sie «den Erwartungen entsprach». Aber was wollte sie mit fünftausend in der Woche? Noch mehr Beifall und Aufmerksamkeit kaufen, damit sie noch mehr Tausender in noch mehr Wochen verdiente? Es war ein Teufelskreis, genau wie Dads Ölquellen. Die Wobblies sangen auf ihren wilden Lagerplätzen ein Lied darüber: «Ein Job für Geld für Fraß für Kraft fürn Job für Geld für Fraß für Kraft fürn Job …», 101 und so weiter, bis einem die Luft ausging.
Vee wollte mit ihm über den Film und die Tag für Tag auftretenden Schwierigkeiten reden, über die verschiedenen Personen mit ihren Eifersüchteleien und Eitelkeiten, ihrer Liebe und ihrem Hass. Weil Bunny Vee liebte, tat er interessiert, denn es kränkte sie, wenn er gleichgültig blieb. Ähnlich ging es ihm mit den Hollywood-Partys; einst waren sie neu und aufregend gewesen, aber jetzt erschienen sie ihm alle gleich. Jeder drehte einen neuen Film, doch der war nicht anders als die alten Filme. Niemand machte etwas Originelles, alle folgten irgendwelchen Moden; das Publikum fand Geschmack an Gesellschaftsdramen, und kein Mensch wollte einen Kriegsfilm sehen, doch dann verlangten die Zuschauer plötzlich nach Kriegsfilmen, dann nach Kostümfilmen, schließlich nach Piratenfilmen und dann wieder nach Gesellschaftsdramen. Vees Freunde wechselten ihre Schmuggler, doch sie tranken immer dasselbe Zeug. Ebenso wechselten sie die Geliebten; ein bestimmter Mann schlief mit einer bestimmten Frau, und kurz darauf war es schon eine andere, aber je mehr sich änderte, desto mehr blieb immer alles beim Alten.
Bunny und Vee liebten einander so leidenschaftlich wie eh und je. Zumindest versicherten sie sich das, doch der Zerfallsprozess hatte bereits unmerklich eingesetzt. Männer und Frauen bestehen nicht nur aus Leibern und lassen sich nicht allein mit leiblichen Wonnen befriedigen. Männer und Frauen haben auch einen Geist und bedürfen des Einklangs der Gedanken. Können sie sich auf geistiger Ebene miteinander langweilen und sich immer noch lieben? Männer und Frauen sind Charaktere, und Charaktere führen zu Handlungen – was ist, wenn sie zu unterschiedlichen Handlungen führen? Was, wenn der Mann ein Buch lesen möchte, während die Frau tanzen gehen will?
Vee war bei ihrem schmachtenden «Appielein» sehr rücksichtsvoll gewesen, sehr vorsichtig, damit Bunny nicht eifersüchtig wurde, und jetzt machte Bunny die verstörende Entdeckung, dass es an ihm war, vorsichtig zu sein. Vee hatte zwei Feindinnen – doch Bunny blieb beharrlich mit ihnen befreundet. Diese Sozialistin an der Universität – natürlich begegnete er ihr dort, aber musste er sich mit ihr verabreden und zu sozialistischen Versammlungen gehen? Vee glaubte gern, dass er in eine gewöhnliche jüdische Fabrikarbeiterin nicht verliebt war, aber was, wenn sie an dem Abend mit dem sozialistischen Vortrag auf eine «Weltpremiere» ausgeführt werden wollte?
Und dann
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