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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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diese Ruth Watkins! Natürlich war Bunny auch nicht in ein dummes, ungebildetes Mädchen vom Land verliebt; trotzdem stellte sie ihre Fallen für ihn auf, und Vee hatte genügend Männer kennengelernt, um zu wissen, dass eine Frau immer bekommt, was sie will, wenn sie sich nur ranhält. Ständig lief Bunny in dieses Pensionszimmer und intrigierte und heckte Verschwörungen mit Paul aus, um seinen Vater zu quälen und Verne und Annabelle zu verärgern, sodass er im Kloster wohl bald nicht mehr willkommen sein würde. Dabei war das praktisch Vees Country Club, wo man die wichtigsten Leute traf. Es ging ihr nicht nur um das gesellschaftliche Leben, sondern auch um die Kontakte, die für die Karriere einer Schauspielerin alles bedeuteten. In der Filmwelt war der berufliche Aufstieg ein Gnadenakt, und Vee konnte es sich einfach nicht leisten, die enge Freundschaft mit Verne und Annabelle aufzukündigen. Taktvoll versuchte sie dies Bunny zu vermitteln, doch da er es nicht beachtete, musste sie es beharrlich wiederholen, bis es wie Gekeife klang. Bunny fiel ihre neckische Äußerung gegenüber «Appielein» ein: «Es ist, als wären wir verheiratet!»
    6
    Wegen der neuen Pachtverträge mussten Dad und Verne häufig mit Pete O’Reilly verhandeln, und Dad wurde für ein Wochenende ins Landhaus dieses berühmten Mannes eingeladen. Bunny war in diese Einladung eingeschlossen, und Dad fand, er solle mitkommen; Dad nährte die ewige Hoffnung, dass irgendetwas an der «feinen Gesellschaft», die ihn selbst so sehr beeindruckte, eines Tages auch seinen wählerischen Sohn beeindrucken würde. Außerdem, fügte er grinsend hinzu, hatten die O’Reillys eine heiratsfähige Tochter.
    Bunny kannte Pete junior schon von Sportveranstaltungen an der Universität. Pete hatte Bunny seiner Aufmerksamkeit für würdig erachtet, weil auch er ein Ölsprössling war; eines Tages würden Bunny und Pete die Regierung der Vereinigten Staaten lenken, wie heute ihre beiden Väter sie lenkten. Pete junior war ein vollkommen farbloser Geschäftsmann, ein «amerikanisches Standardprodukt», aber sein Vater war ein echtes Original, ein alter Ire, der mit einem Packesel am Halfter durch die Wüste gezogen war und nur eine Hacke, eine Decke, einen Sack mit Bohnen und Speck und einen Wasserschlauch dabeigehabt hatte. Das war so gegangen bis in seine mittleren Jahre. Er erzählte gern, wie er in Angel City einen Prospekt über seine fündige Bohrung drucken lassen wollte und die Druckerei ihm nicht einmal zutraute, dass er diesen Dreizehn-Dollar-Auftrag bezahlen konnte. Heute vermochte niemand mehr seine Millionen zu schätzen, dennoch war er unscheinbar wie ein alter Schuh, ein sympathischer alter Kerl, der bei heißem Wetter am liebsten hemdsärmelig dagesessen hätte – was er aber nicht durfte.
    Das Oberhaupt der Familie war Mrs Pete, ehemals Tochter eines Streckenwärters, die in diese schwindelnden Höhen der südkalifornischen Gesellschaft aufgestiegen war. Sie war stattlich und energisch; wenn sie in ein Warenhaus ging, hielt sie sich nicht lange mit den Verkäufern auf, sondern marschierte gleich zum Abteilungsleiter und verkündete: «Ich bin Mrs Peter O’Reilly und möchte umgehend bedient werden.» Der Angestellte warf sich zu Boden, entband drei Verkäufer von ihren momentanen Aufgaben und hetzte sie nach Geheiß der hohen Herrin durch die Gegend.
    Mrs Peter war es auch, die die Architekten bestellt und sie mit dem Bau eines königlichen Palasts samt Park beauftragt hatte; sie hatte den hohen Bronzezaun und die Bronzetore errichten und darauf den Namen des Eigentümers eingravieren lassen. Sie hatte die Kaufverhandlungen für die Jacht eines gestürzten europäischen Monarchen geführt und dann die gesamte Einrichtung rausreißen und in einem Stil erneuern lassen, der zu einem irisch-amerikanischen Ölmagnaten passte: tscherkessischer Nussbaum und blauer Satin, darauf deutlich sichtbar der Name des Eigentümers. Auch ein Privatautomobil wurde mit tscherkessischem Walnussholz und blauem Satin ausgekleidet; hier erschien der Name des Eigentümers auf einer Messingplatte. Es besaß die Eleganz eines Herrenausstattungsgeschäfts.
    Nun konnte Mrs Peter an Dad und Bunny den Umgang mit der «feinen Gesellschaft» üben, konnte in den höchsten Höhen Hände schütteln und Bemerkungen über die frühe Kälte und den Schnee auf den Bergen machen. Dann stellte sie ihren Gästen Patricia vor und schaute zu, wie diese die Kunststücke vorführte, die ihr

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