Öl!
Rewoljuzija!» , wieder und immer wieder, und Bunny sagte: «Das bedeutet bestimmt ‹Revolution›.» Dann: «Wsja wlast Sowjetam!» – das musste etwas mit den Sowjets zu tun haben!
Eine Stunde ging das so weiter, bis Ruth plötzlich rief: «Bunny, wir müssen herausfinden, was er sagt! Unbedingt! Stell dir vor, er bittet um Hilfe!»
Rachel versuchte ihr klarzumachen, dass er im Delirium lag. Aber Ruth regte das nur noch mehr auf, sie wollte nicht, dass Rachel sich einmischte. Rachel hatte ihren Mann vor Unheil bewahren können, was verstand sie von Leid? «Ich will wissen, was Paul sagt! Gibt es niemanden, der Russisch kann?»
Daraufhin rief Bunny bei Gregor Nikolajew an und bat ihn, ins Auto zu springen und herzukommen.
Als Bunny ins Zimmer zurückkehrte, sprach Paul lauter als zuvor, bewegte aber immer noch nur die Lippen. Der Angel-Jazzchor schrie: « Honey-baby, honey-baby, kiss me in the neck!» , und Paul sagte wieder und wieder: «Ne trudjaschtschisja da ne jest!»
«O Bunny», flehte Ruth, «wir müssen aufschreiben, was er sagt, vielleicht hört er plötzlich auf und spricht dann nie wieder!»
Bunny verstand. Ruth war dazu erzogen worden, an Offenbarungen zu glauben, an Worte von schicksalhafter Bedeutung, die bei besonderen Anlässen, in fremden Sprachen oder auf andere ungewöhnliche Weise geäußert wurden. Die Ärzte mochten das Delirium nennen, aber warum waren sie sich da so sicher? Manches, was den Weisen verborgen blieb, wurde Kindern und Säuglingen offenbart. So holte Bunny Notizbuch und Füller hervor und notierte, so gut er es erriet, die Laute von Pauls Worten. «Chleba, mira, swobody!» Als Gregor etwa eine Stunde später kam, konnte er erklären, dass dies «Brot, Friede, Freiheit» bedeutete, der Wahlspruch der Bolschewiken, als sie von Russland Besitz ergriffen hatten, und «Dajosch posiziju!» sei ein Schlachtruf, mit dem die Rote Armee den Feind auffordere, das Feld zu räumen. Auch alle vorherigen Äußerungen Pauls waren Schlagwörter der Revolution gewesen, die er anfangs in Sibirien, später in Moskau gehört hatte. Nein, Paul versuchte nicht, mit seiner Schwester zu sprechen, er erzählte den jungen Arbeitern Amerikas von den Taten der jungen Arbeiter in Russland!
12
«Hier ist ‹ Radio VXZ , der Angel City Evening Howler › . Sie hören das Winitsky-Orchester in einer Außenübertragung aus dem großen Speisesaal des ‹Hotels Admiralty›.» Gleich darauf gab «Radio QXJ , der Evening Roarer» Wahlergebnisse durch, diesmal großes Zahlenwerk. «Die Wahlkampfzentrale der Republikaner in New York meldete um ein Uhr nachts, Calvin Coolidge habe in Massachusetts eine Mehrheit von schätzungsweise vierhunderttausend Stimmen errungen – ein Hurra für den alten Bay State! Und in New York neunhunderttausend – ein dreifaches Hoch auf den Empire State 135 – er lebe hoch, hoch, hoch! Und in Illinois – Augenblick mal, jetzt hat mir jemand die Brille von der Nase geschlagen, hier im Studio werden sie allmählich gewalttätig! Benehmt euch doch, Mädchen, wisst ihr nicht, dass heute Abend die ganze Welt ‹ Radio QXJ › hört? In Illinois neunhunderttausend. Juhu! Das Gejaule, das Sie hier hören, ist der Chicago Comet, der grüßt seinen Heimatstaat. Es wird Zeit, dass wir wieder was vom Chicago Comet hören! Sing uns noch was Flottes, Teddy, dieses kleine Tralala von der Straßenbahn. Weißt du, was ich meine?»
Eine breite, fröhliche Negerstimme antwortete: «Klar, Sir, weiß ich. Klar, Sir, geht schon los!» Plink-plonk.
« Ah had some one befoah Ah had you
An’ Ah’ll have someone aftah you’s gone,
A street car or a sweetheart doan’ mattah to me,
There’ll be another comin’ along!»
Vor sechs oder sieben Jahren hat das Volk der Vereinigten Staaten in seiner unübertrefflichen Weisheit ein Gesetz erlassen, das den Verkauf alkoholischer Flüssigkeiten zum Zwecke des Trinkens verbietet. Aber die Verfechter von Recht und Ordnung behalten sich vor, selbst zu entscheiden, welche Gesetze sie befolgen, und das Alkoholverbot gehört nicht dazu. Die gesamte herrschende Klasse in Amerika feiert ihre politischen Siege immer damit, dass sie sich betrinkt. Bunny kannte das, er war vor vier Jahren bei der Wahl von Präsident Harding selbst betrunken gewesen; er lächelte wissend, als der Rundfunksprecher von « QXJ » über die Silben stolperte: «Dasis aber nich höflich, Polly, hör auf, das Mikro-hick-rofon rumzuschubsen!»
Der Mann im Nachbarhaus war Arbeiter
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