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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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Jahrhunderten nie verändert hatte – das sei ein angenehmer Glaube, der lasse einen in Ruhe, da werde man nicht ständig mit neuen Ideen verrückt gemacht und müsse sich nicht immer in neue Sekten abspalten. Sie hätten eine hübsche Kirche in Beach City, und Pater Patrick habe ein gutes Herz und eine herrlich volltönende Stimme – ob Bunny schon einmal in einer katholischen Messe gewesen sei?
    Nein, sagte Bunny, und wenn Mrs Groarty nicht gerade selbst durch irdische Mächte so arg in Versuchung geführt worden wäre, hätte sie vielleicht einen hübschen, reichen Konvertiten an Land gezogen.
    Ja, der Satan hatte sie hierhergebracht, auf einen Karnickelstall gesetzt und ihr alle Reiche der Welt gezeigt! 11 Auf der anderen Straßenseite, am Los Robles Boulevard Nr. 5743 , hatte das Couch-Konsortium ein großes Zelt aufgebaut und mit roten Schildern behängt, und dort fuhren den ganzen Tag Leute vor, die Anteile zu je zehn Dollar kauften. Mrs Groartys Gruppe der mittleren Parzellen habe noch nicht verpachtet, erzählte sie. Sie hätten verschiedene Angebote, das beste von Sliper und Wilkins, ob Bunny schon einmal von dieser Firma gehört habe? Und ob Dad wirklich der festen Meinung sei, dass die Aussichten, auf Öl zu stoßen, auf der Nordseite am größten sei? Mrs Groarty und ihr Mann hätten vor, ihre Prämie, sobald sie sie bekämen, in Anteile von «Eureka Pete» zu stecken, die Eureka Petroleum Company, die umgehenden Bohrbeginn am Nordhang versprach. Bunny musste plötzlich an Dads Warnung denken: «Vorsicht vor Leuten, die dich mit einem Bohrloch verwechseln und dich anpumpen wollen!»
    4
    Mr Benzinger hatte zwei Lastwagen voller Mexikaner geschickt und die Straßen instand gesetzt, Mr Ascott hatte sein Versprechen gehalten und das Bauholz für den Bohrturm geliefert; Dads Zimmermann hatte eine Mannschaft zusammengestellt, die Männer hatten Nut-Feder-Verbindungen in die Schwellbalken geschnitten, Löcher hineingebohrt und sie verschraubt, und Geschoss um Geschoss war der mächtige Bohrturm entstanden, hundertzweiundzwanzig Fuß hoch, lotrecht, exakt und stabil. Leitern führten auf eine Bühne auf halber Höhe und zu einer weiteren ganz oben, alles war schön, sauber und neu, und Dad erlaubte einem, hinaufzusteigen und die freie Aussicht über die Häuser und Bäume bis zu den blauen Fluten des Pazifiks zu genießen – Mann, war das fantastisch! Dann kam just bei Sonnenuntergang die Lastwagenkolonne angedonnert, eingestaubt und verdreckt von der Fahrt, aber voller Schwung, nach dem Hupkonzert zu schließen, mit dem sie J. Arnold Ross und seinen Sohn begrüßte. Um einen Übergang zum Ölfeld zu schaffen, hatte man den Straßengraben mit Schotter aufgefüllt, und dort standen sie nun, zwölf in einer Reihe.
    Am Bohrturm erstrahlte elektrisches Licht, und die Männer warteten schon mit aufgekrempelten Hemdsärmeln. Sie gingen mit Lust und Liebe ans Werk, denn sie arbeiteten unter den Augen des «Alten», des Herrn über die Lohnliste und ihr Schicksal. Sie respektierten diesen «Alten», weil er sein Handwerk verstand und niemand ihm was vormachen konnte. Außerdem mochten sie ihn, weil er mit seiner Strenge ein gerüttelt Maß an Freundlichkeit verband; er war schlicht und bescheiden; wenn es viel zu tun gab, hockte er sich auch einmal in der Imbissstube zu ihnen und aß Bohnen und trank Kaffee. Er war ein «ganzer Kerl», und dazu umgab ihn noch der Glanz von einer Million Dollar. Ja, er besaß das Zeug fässerweise – und was ist schon ein Zauberer, der Hasen und endlose Bänder aus dem Ärmel zieht, gegen einen Mann, der ein paar Dutzend Bohrtürme und ebenso viele Meilen Stahlfutterrohre hervorzaubert sowie Lagertanks, ganze Lastwagenflotten und die dazugehörigen Straßen?
    Sie mochten auch den «Kleinen», weil er ebenso wenig vornehm tat wie Dad, sondern fröhlich war, sich für alles, was man machte, interessierte, vernünftige Fragen stellte und die Erklärungen im Kopf behielt. Ja, so ein Kind würde das Geschäft von der Pike auf erlernen und den Betrieb weiterführen, der Alte brachte es ihm schon bei. Er kannte die ganze Mannschaft beim Vornamen, ließ sich ihr Geflachse gefallen und zog sich einen alten, gehörig verschmierten Overall an, wenn er dort mit anpackte, wo zwei solche Zwergenhände überhaupt etwas ausrichten konnten.
    Aber heute gab es kein Geflachse, jetzt ging es darum, Rekorde zu brechen. Für die Antriebsmaschine war ein riesiges Zementfundament errichtet worden und darauf

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