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Öl!

Titel: Öl! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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die Preise mit Kreide auf eine Tafel geschrieben standen und Anteile an Leute verkauft wurden, die einen Bohrturm nicht von einer Achterbahn unterscheiden konnten.
    Und wer rangiert wohl an erster Stelle in den Zeitungsberichten? Unschwer zu erraten: Ross-Bankside Nr. 1. Dad war immer vor Ort, kannte die Männer, die für ihn arbeiteten, schaute ihnen zu, ermutigte sie, schalt sie wenn nötig auch aus – und so hatte es bei Dad keinen einzigen Unfall gegeben, und er hatte keinen Tag und keine Nacht verloren. Das Bohrloch war jetzt dreitausendzweihundert Fuß tief und bei der ersten Schicht Ölsand angelangt.
    Sie benutzten einen Acht-Zoll-Meißel, und eine Zeit lang hatten sie Bohrkerne gezogen. Dad bestand auf Kernbohrungen; er fand, man müsse unbedingt jeden Zoll des Bohrlochs kennen, und erzählte Geschichten über Männer, die durch einträglichen Ölsand gebohrt und es nicht gemerkt hatten. Also brachte das Bohrgerät einen Gesteinszylinder nach oben, genau wie das Kerngehäuse eines Apfels, und Bunny lernte, Schiefer, Sandstein und Konglomerat zu unterscheiden. Er lernte, die Neigung der Schichten zu messen und was diese dem Geologen über die Formen dort unten und die mutmaßliche Richtung der Antiklinale sagte. Wenn es Ölspuren gab, wurden chemische Analysen vorgenommen, und Bunny lernte auch diese zu deuten. Keine Öllagerstätte auf Erden glich der anderen, jede war ein Rätsel mit einer gewaltigen Belohnung für den, der es erriet!
    Dad erriet, dass er sich genau über der Lagerstätte befand, und hatte deshalb entsprechend «Speicherkapazitäten» geordert. Die Nachfrage würde steigen, wie nach allem anderen, und Dad hatte Geld und, was noch wichtiger war, stand im Ruf, Geld zu haben. Er ließ sich die Speicherkapazitäten auf das gepachtete Gelände liefern, und falls er in seiner Erwartung enttäuscht werden sollte – nun, irgendjemand fand schon Öl, und der war dann froh, wenn er von ihm Speicherkapazitäten übernehmen konnte. So rollte eine Reihe schwerer Lastwagen an, und auf dem Gelände stapelten sich plane Stahlplatten und gekrümmte Stahlplatten, die alle exakt übereinanderpassten.
    Den Käufern von Parzellen entging dies selbstverständlich nicht. Tag und Nacht trieben sie sich in der Umgebung des Bohrturms herum und versuchten irgendwelche Hinweise aufzuschnappen; sie folgten den Arbeitern nach Hause und versuchten sie zu bestechen oder ihre Frauen in ein Gespräch zu verwickeln. Bunny war wohl der beliebteste Junge in Beach City; erstaunlich, wie viele freundliche Herren und sogar Damen ihm unbedingt ein Eis kaufen oder ihn aus Bonbonschachteln füttern wollten! Dad verbot ihm, mit Fremden zu reden oder sich mit ihnen einzulassen, und bald untersagte er auch Gespräche am Familientisch – denn Tante Emma schwatzte in den Damenklubs, und die Damen erzählten es ihren Männern weiter; außerdem spekulierten sie auch auf eigene Faust.
    Der Bohrkern war vielversprechend, und Dad ließ Fundamente für die Lagertanks errichten. Dann befahl er, die Lagertanks aufzubauen, man hörte das Tackern der Nietmaschinen, und wie durch ein Wunder erhoben sich drei feuerrot gestrichene Zehntausend-Barrel-Lagertanks. Und – ruck, zuck! – waren sie in richtigem Ölsand. Dad ließ von ein paar Mexikanern einen Graben für die Rohrleitung ausheben, die Spürhunde und Makler kamen hinterdrein, und die Stadt geriet außer Rand und Band. Mitten in der Nacht wurde Dad aus dem Bett geholt, der rief nach Bunny, sie sprangen in ihre alten Hosen und rasten hinaus zum Bohrloch, und dort gab es die ersten Anzeichen von Druck, der Schlamm im Loch begann zu hüpfen und zu blubbern. Man hatte aufgehört zu bohren, die Männer schraubten hastig den riesigen «Futterrohrkopf» auf, den Dad besorgt hatte. Doch das reichte ihm noch nicht. Er ließ schwere Laschen anmontieren und trieb eilends ein paar Männer auf, die riesige Zementblöcke auf diese Laschen setzten, um die Quelle trotz des Drucks niederzuhalten. Auf Ross-Bankside Nr. 1 würde es keinen Ausbruch geben, jede Wette; alles Öl, das durch dieses Loch kam, sollte in die Lagertanks fließen und von dort auf Dads Bankkonto!
    Es wurde Zeit fürs Zementieren, um das Bohrloch wasserdicht zu machen und den kostbaren Ölsand zu schützen. Die Öllagerstätte dort unten wurde von einer undurchlässigen Gesteinsschicht festgehalten wie von einem umgestülpten Waschbecken. Das Öl war voller Gas, deshalb der Druck. Nun hatte man ein Loch durch das Waschbecken gebohrt,

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