Öl!
begannen, das Bohrloch zu «waschen», frisches Wasser hineinzupumpen und es von Schlamm und Sand freizuspülen. Das würde fünf oder sechs Stunden dauern, währenddessen konnten Dad und Bunny ein wenig schlafen.
Als sie zurückkamen, war es Zeit zum «Schöpfen». Der Druck von Gas und Öl wurde ja bisher durch eine Wassersäule von einer Zweidrittelmeile Höhe gebändigt. Hierfür gab es eine sogenannte «doppelläufige Schöpfbüchse», das war nichts anderes als ein fünfzig Fuß langer Eimer. Den ließen sie hinunter, schöpften fünfzig Fuß von der Wassersäule ab und schütteten das Wasser ins Saugbecken. Dann holten sie die nächsten fünfzig, und bald merkten sie, dass sie gar nicht mehr so weit hinuntergehen mussten; der Druck schob die Wassersäule im Loch nach oben. Man war also fast am Ziel; noch ein, zwei Fahrten mit der Schöpfbüchse, und das Wasser würde aus dem Loch schießen, Schlamm, Wasser und Öl würden bis über die Spitze des Bohrturms hinausspritzen und ihn mit hübschem, tropfendem Schwarz überziehen. Jetzt musste man die Schaulustigen vom Gelände treiben und den Idioten mit den Zigaretten zuschreien: «Kein Feuer!»
Und da kam das Öl! Alle Arbeiter schrien Hurra, und die Zuschauer stoben davon, um der vom Wind verwehten öligen Gischt auszuweichen. Sie ließen die Quelle eine Weile in die Höhe schießen, bis das Wasser ausgestoßen war, höher und höher, weit über den Bohrturm hinaus. Was für herrliche Geräusche sie machte – sie zischte und klatschte und hüpfte auf und nieder!
Die Sonne ging gerade unter, und der Himmel war tiefrot. «Kein Feuer!», schrie Dad immer wieder; niemand durfte auch nur einen Motor anlassen, solange die Quelle sprudelte. Dann sperrten sie sie, um das Ventil am Futterrohrkopf zu testen; sie arbeiteten bis spät in die Nacht, ließen sie hervorsprudeln, sperrten sie wieder; es war geheimnisvoll und erregend in der Dunkelheit. Schließlich war alles bereit, um sie «anzufördern», das hieß, man drehte die «Förderleitung» zwischen Futterrohrkopf und Lagertank auf und ließ das Öl in Letzteren ablaufen. So einfach war das – kein Theater, kein großer Wirbel, man ließ es einfach fließen; das Messgerät zeigte eine Fördermenge von dreißigtausend Gallonen pro Stunde, was bedeutete, dass der erste Lagertank morgen Mittag vollgelaufen sein würde.
Ja, das war alles; aber die Nachricht traf Beach City, als wäre ein Engel in einer strahlenden Wolke erschienen und hätte goldene Zwanzigdollarmünzen auf die Straßen gestreut. Ross-Bankside Nr. 1 wertete nämlich den ganzen Nordhang auf; für Zehntausende von großen und kleinen Investoren bedeutete dies, dass bloße Hoffnung zu herrlicher Gewissheit geworden war. Eine solche Neuigkeit konnte niemand für sich behalten, das lag einfach nicht in der Natur des Menschen. Die Zeitungen veröffentlichten die genauen Zahlen. Ross-Bankside förderte pro Tag sechzehntausend Barrel Öl mit einem spezifischen Gewicht von zweiunddreißig, und sobald die Rohrleitung fertig war – wohl gegen Ende der Woche –, durfte der Besitzer mit Einkünften von gut zwanzigtausend Dollar je vierundzwanzig Stunden rechnen. Muss man da noch extra betonen, dass die Menschen Dad und Bunny anstarrten, wenn sie durch die Straßen der Stadt liefen? «Dort drüben geht der große J. Arnold Ross, der Eigentümer des neuen Bohrlochs! Und der kleine Kerl dort ist sein Sohn! Stell dir vor, der verdient dreizehn Dollar pro Minute, Tag und Nacht, egal, ob er wach ist oder schläft. Menschenskind, bei einem solchen Einkommen darf man sich schon mal einen Happen genehmigen!»
Bunny konnte nicht umhin, sich wichtig zu fühlen und zu glauben, dass er etwas Besonderes und Wunderbares war. Kleine Schauer überliefen ihn; ihm war, als könnte er sich in die Lüfte erheben und fliegen. Und dann sagte Dad immer: «Ganz ruhig, mein Sohn! Halt den Mund und bild dir nix drauf ein. Denk dran, du hast das Geld hier nicht verdient und kannst es in null Komma nix wieder verlieren, wenn du leichtsinnig bist.» Man sieht schon, Dad war ein vernünftiger Mensch, er hatte das alles schon mehrmals erlebt, zuerst in Antelope, dann in Lobos River. Er kannte die Verlockungen der Macht und wusste, wie sich ein Junge dabei fühlte. Es war schön, wenn man viel Geld hatte, aber man durfte die Schatten der Vergangenheit nicht vergessen, und während man den Wein des Erfolgs schlürfte, musste man auf die Stimme hören, die einem von hinten zuflüsterte:
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