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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Astrids Haus hielt. Da war es zu spät für eine Flucht.
    »Hallo!«, rief Lena forsch, als Astrid ihr die Tür öffnete. Sie
     umarmte Julia so stürmisch, dass ihr gebrochenes Schlüsselbein schmerzte. »Wie geht es dir?« Lena deutete auf die
     Krücken.
    »Es geht mir schon viel besser«, antwortete Julia.
    »Papa hat angerufen und mir erzählt, was passiert ist«,plapperte Lena weiter. »Schrecklich, aber es hätte ja noch
     schlimmer kommen können. Du musst versuchen, das so zu
     sehen: Es hätte schlimmer kommen können.« Und das war
     genau genommen schon alles, was ihre Schwester zu Julias
     Verletzungen zu sagen hatte. Sie fügte noch hinzu: »Wie nett
     von Astrid, dass du bei ihr wohnen konntest. Ist doch nett,
     oder?«
    »Astrid ist ein Engel«, sagte Julia.
    Das stimmte. Astrid war ein Engel, der im menschenleeren
     Stenvik lebte und glücklich und zufrieden war. Allerdings
     hatte sie Julia gegenüber auch zugegeben, dass sie sich
     manchmal einsam fühlte. Sie war Witwe, und ihre Tochter
     arbeitete als Ärztin in Saudi-Arabien und kam nur an Weihnachten und Mittsommer nach Hause.
    Richard nickte Julia nur ungeduldig zu, behielt seine hellbraune Windjacke an und schaute schon nach wenigen Minuten ständig auf seine Rolex. Er will nur so schnell wie möglich den Wagen nach Hause bringen, dachte Julia, damit
     seine Tochter ihn endlich benutzen kann.
    Astrid servierte ein zweites Frühstück mit Kaffee und Plätzchen, und Lena kommentierte entzückt, wie ruhig und beschaulich es jetzt im Oktober in Stenvik sei, wenn alle Touristen abgereist waren. Richard saß mit geradem Rücken neben
     seiner Frau und sagte kein Wort. Julia sah aus dem Fenster
     und dachte an Vera Kants Haus hinter den großen Bäumen.
    »Na, wir sollten mal langsam an den Aufbruch denken«,
     sagte Lena nach dem Kaffee. »Wir haben noch einen langen
     Heimweg vor uns.«
    Sie half mit, die Tassen und Teller abzuräumen, und Richard ging mit Astrid hinters Haus, um ihr beim Befestigen
     einer Abflussrinne zu helfen, die abzufallen drohte.
    Julia konnte nichts machen, nur dasitzen und zusehen.
    »Schön, dass ihr gekommen seid«, sagte sie höflich.
    Lena nickte.
    »Wir haben sofort entschieden, dass wir dir helfen, nach
     Hause zu kommen«, sagte sie. »Du kannst so ja nicht fahren.«
    »Vielen Dank«, erwiderte Julia, »aber das ist nicht nötig. Ich
     kann hierbleiben.«
    Lena hörte ihr gar nicht zu.
    »Wenn ich mit dir im Ford fahre, kann Richard den Volvo
     nehmen«, fuhr sie fort und spülte die Kaffeekanne aus. »Wir
     halten meistens in Rydaholm und essen zu Mittag, das Gasthaus ist sehr gemütlich.«
    »Ich kann ohne Jens nicht nach Hause fahren, ich muss ihn
     erst wiederfinden«, sagte Julia mit energischer Stimme.
     Lena drehte sich zu ihr um.
    »Was hast du gesagt?«, fragte Lena ungläubig. »Es gibt doch
     keine …«
    »Ich weiß, dass Jens tot ist, Lena«, sagte Julia und hielt dem
     Blick ihrer Schwester stand. »Er ist tot. Das habe ich endlich
     eingesehen, aber darum geht es nicht mehr. Ich will ihn finden, wo immer er ist.«
    »Ja, ja, schon gut. Papa findet es ja auch toll, dass du hier
     bist«, lenkte Lena sofort ein. »Dann ist ja alles gut.«
    Auf jeden Fall besser, als in Göteborg vor dem Fernseher zu
     hocken, Wein zu trinken und Schlaftabletten zu schlucken,
     dachte Julia. Für einen Moment spürte sie die vielen vergeudeten Jahre wie einen schweren Druck auf der Brust – die
     Jahre, in denen die Sehnsucht nach ihrem Sohn die schönen Erinnerungen an ihn überlagerte, die sie hätten trösten
     können.
    Jetzt hatte sie Frieden gefunden, ein bisschen Frieden.
    Am Ende ging es doch nur darum, dass man einen ruhigen, friedlichen Ort hatte, an dem man sich zu Hause fühlte,
     und mit Menschen zusammen war, die man mochte. So wie
     hier in Stenvik, bei Astrid. Und Gerlof. Und Lennart. Julia
     mochte sie alle sehr gern.
    »Ja, es ist alles gut«, sagte Julia. »Wir sehen uns in Göteborg.«Eine halbe Stunde später setzte sich Richard in den großen,
     dunkelgrünen Volvo vor Astrids Haus, und Lena stieg in den
     Ford.
    Sie lehnte sich aus dem Fenster und winkte Julia zu. Dann
     fuhren sie los.
    Wenige Minuten später klingelte das Telefon im Flur.
    »Ich mache das schon«, sagte Astrid und rannte los. »Es ist
     die Polizei, Julia, für dich … Es ist Lennart.«
    Auf glattem Fliesenboden konnte sich Julia mit einer Krücke relativ schnell und einfach fortbewegen.
    Sie nahm den

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