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Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Rauch, Geheul, Schreien und Chaos?
    Aber es ist kein Flugzeug über der Insel aufgetaucht, und
     die Arbeit ist fortgesetzt worden.
    Nils hasst es zu rudern. Steineschleppen ist bestimmt
     auch nicht besser, aber von den mechanischen Bewegungen
     beim Rudern bekommt er Kopfschmerzen. Er kann nicht
     denken, wenn er den schweren Lastkahn mit den Rudern lenken muss und dabei die ganze Zeit beobachtet wird. Lass-Janverfolgt die Routen der Boote, die Schirmmütze tief ins Gesicht gezogen, und dirigiert die Arbeiter mit seinen Stimmbändern.
    »Hau rein, Kant!«, brüllt er über das Wasser, wenn der
     letzte Stein vom Steg in seinen Kahn geladen worden ist.
    »Langsam, langsam, Kant, pass auf den Steg auf!«, ruft er,
     als Nils zu stark ins Ruder geht, sobald der Kahn ausgeladen
     und somit leichter zurückzurudern ist.
    »Und los, Kant!«, schreit Lass-Jan die ganze Zeit.
    Nils starrt ihn auf dem Weg zum Frachter unentwegt an.
     Nils ist der Besitzer des Steinbruchs. Genauer gesagt, gehört
     er seiner Mutter und ihrem Bruder, trotzdem hat Lass-Jan ihn
     vom ersten Tag an wie einen Sklaven behandelt.
    »Beladen!«, befiehlt Lass-Jan.
    Morgens haben noch alle miteinander geredet und gelacht,
     als sie mit dem Beladen begonnen haben, aber die Steine haben sie unerbittlich zum Schweigen gebracht mit ihrer stummen Schwere und ihren harten Kanten. Die Leute schleppen
     sie jetzt verbissener, mit gebeugtem Rücken, schlurfendem
     Gang und vom Kalkstein gepuderter Kleidung.
    Nils hat nichts gegen das Schweigen, er spricht ohnehin
     mit niemandem, wenn er nicht muss. Aber ab und zu schaut
     er zu Maja Nyman auf dem Bootssteg hinüber.
    »Er ist voll!«, ruft Lass-Jan, als die Steinplatten meterhoch
     in Nils' Kahn aufgetürmt liegen und das Wasser beinahe über
     die Reling schwappt.
    Zwei Ablader klettern in den Kahn und setzen sich auf den
     Steinstapel, neben dem ein kleiner Schöpfjunge kauert, der
     ängstlich zu Nils hinüberschielt, dann seinen Eimer nimmt
     und Wasser aus dem undichten Bootsrumpf schöpft.
    Nils stemmt seine Füße in den Boden und legt sich in die
     Riemen. Der Lastkahn gleitet langsam zum Steinfrachter
     hinaus, wo der andere Kahn soeben gelöscht wird.
    Hin und zurück an den Riemen, hin und zurück, ohnePause. Nils' Hände brennen, die Muskeln in den Armen und
     im Rücken pochen. Er sehnt sich danach, das Dröhnen deutscher Bomber zu hören.
    Schließlich stößt der Kahn mit einem dumpfen Ton gegen
     den Rumpf des Frachters. Die zwei Ablader werden achtern
     im Kahn aktiv, beugen sich nach unten und hieven die Steinblöcke über die Reling auf die Wind .
    »Und los geht's!«, ruft Lass-Jan an Deck stehend mit fleckigem Hemd und dickem Bauch.
    Die Steinblöcke werden über die Reling gehoben, bis zu
     einer Luke getragen und gleiten auf einer breiten Planke in
     den Frachtraum.
    Nils muss auch beim Entladen helfen. Er hebt ein paar
     Steine aus dem Kahn, zögert bei einem dicken Block an der
     Kante eine Sekunde zu lange und lässt ihn ins Boot zurückfallen. Er landet auf seinem linken Fuß, was teuflisch wehtut.
    In blinder Wut hebt er den Block wieder hoch und wirft
     ihn über die Reling, ohne zu sehen, wo er landet.
    »Da pfeif ich drauf!«, zischt er und setzt sich wieder an die
     Ruder.
    Er schnürt seinen Schuh auf, tastet seine schmerzenden
     Zehen ab und reibt sie vorsichtig mit den Fingern. Möglicherweise sind sie gebrochen.
    Neben ihm werden die letzten Steinblöcke ausgeladen,
     und die beiden Ablader springen an Bord, um das Stapeln im
     Frachtraum der Wind abzuschließen.
    Der Ruderer Johan Almqvist folgt ihnen. Nils bleibt zusammen mit dem Schöpfjungen im Boot sitzen.
    »Kant!« Lass-Jan beugt sich über die Reling. »Komm hoch
     und hau rein!«
    »Ich bin verletzt«, sagt Nils und ist überrascht, wie ruhig er
     klingt, obwohl eine ganze Armada von Bombern wie wild
     gewordene Bienen in seinem Kopf dröhnt. Ganz ruhig legt erseine Hände auf die Ruder. »Ich habe mir die Zehen gebrochen!«
    »Steh mal auf.«
    Nils steht auf. Das tut gar nicht so weh, und Lass-Jan schüttelt den Kopf.
    »Komm hoch und hilf tragen, Kant.«
    Nils schüttelt den Kopf und umschließt die Ruder fest mit
     den Händen. Die Bomben in seinem Inneren fallen jaulend.
    Er löst die Dollen und hebt ein Ruder gut zehn Zentimeter
     hoch und schwingt es langsam nach hinten.
    »Gebrochene Zehen …« Einer der Ablader, ein kleiner, breitschultriger Bursche, dessen Namen Nils vergessen hat, lehnt
     sich neben

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