Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öland

Öland

Titel: Öland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
Vom Netzwerk:
aufgefüllt hat. Der Inhalt der Kasse
     schrumpft zusehends, aber er geht trotzdem in die kleine
     Kneipe nahe der Eisenbahnlinie und bestellt ein großes
     Steak, ein Bier und ein kleines Glas Grönstedts Cognac für
     insgesamt zwei Kronen und dreiundsechzig Öre. Teuer ist
     das, aber Nils findet, er hatte sich das nach der langen Wanderung verdient.
    Gestärkt lässt er Jönköping hinter sich und wandert weiter
     Richtung Westen. Am Ende erreicht er die Küste.
    Göteborg ist die zweitgrößte Stadt des Landes, das hat Nils
     in der Schule gelernt. Göteborg ist riesig; am Fluss Göta, der
     sich durch die Stadt schlängelt, reiht sich ein Häuserblock an
     den nächsten, auf den Straßen fahren Hunderte von Fahrzeugen,auf den Bürgersteigen laufen alle Arten von Menschen
     herum. Am Anfang überfällt Nils fast Panik, und in den ersten Tagen hat er sich ständig verlaufen. In den Straßen am
     Hafen hört er fremde Sprachen, von den Seemännern aus
     England, Dänemark, Norwegen und Holland. Er sieht Schiffe
     auf dem Weg zu fremden Häfen ablegen oder vorsichtig an
     der Pier anlegen. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er eine
     Banane gegessen; sie ist fast schwarz und schon ein bisschen
     faulig gewesen, hat aber trotzdem gut geschmeckt. Eine Banane aus Südamerika.
    Alles im Hafen ist im Vergleich zu den Häfen auf Öland
     groß und fremdartig. Reihen von Kränen strecken sich wie
     schwarze, urzeitliche Tiere in den Himmel, und die Schlepper stoßen dicken, grauen Qualm aus, wenn sie zwischen den
     großen Ozeandampfern in der Fahrrinne hin und her fahren.
     Aus Göteborgs Hafen sind Segel und Masten fast völlig verschwunden; an den Anlegern sieht man nur noch Frachter
     mit Schiffsschrauben.
    Nils ist am Wasser entlanggelaufen, hat sich die langen
     Schiffsrümpfe genau angesehen und an Bananen in Südamerika gedacht.
    In seiner ärmlichen Junggesellenkammer lässt er sich nur
     selten blicken, er kommt spät und steht früh auf. Die eiskalten Nächte auf Moos und Fichtenzweigen vermisst er keineswegs, aber wenn er in seinem Bett liegt, erscheinen ihm die
     Wände wie die einer Gefängniszelle, und er horcht ängstlich
     auf die Schritte der Polizei im Treppenhaus.
    Eines Nachts öffnet sich die Tür seines Zimmers, und die
     große Gestalt des Kommissars Henriksson kommt herein.
     Seine Uniform ist blutgetränkt. Zitternd streckt er seine bluttriefende Hand nach ihm aus.
    Du hast mich getötet, Nils. Jetzt habe ich dich gefunden.
    Nils springt auf. Aber das Zimmer ist leer.
    Während seines Aufenthaltes in Göteborg hat er Vera eine

     einzigePostkarte mit einer Zeichnung des Leuchtturms von
     Vinga auf der Vorderseite geschickt. Nils hat weder Absender
     noch Grußworte daraufgeschrieben. Er will seiner Mutter
     nur verraten, dass er noch auf freiem Fuß ist und sich an der
     Westküste des Landes aufhält. Das wird ihr genügen.
    Der junge Mann hat jetzt den Park erreicht. Er ist so alt wie
     Nils und heißt Max.
    Das erste Mal hat er Max vor drei Tagen gesehen, in einem
     kleinen Hafencafé, in dem Max in einer Ecke des Raumes, nur
     wenige Tische von Nils entfernt, gesessen hat. Er ist ihm sofort ins Auge gefallen, denn er hat Zigaretten geraucht, die er
     aus einem goldenen Etui genommen hat, und hat laut und in
     breitem Göteborger Dialekt mit den Kellnerinnen, dem Cafébesitzer und den anderen Gästen gesprochen. Alle haben ihn
     Max genannt. Zwischendurch haben Besucher das Café betreten und sich an seinen Tisch gesetzt, junge und ältere
     Männer, die sich gedämpft mit ihm unterhielten. Dann hat
     auch Max seine Stimme gesenkt, und die Unterhaltung hat
     hauptsächlich aus Gesten und schnellem Informationsaustausch bestanden.
    Max verkauft etwas, so viel ist klar, aber da nie eine Ware
     den Besitzer wechselt, vermutet Nils, dass er gute Ratschläge
     und Auskünfte verkauft. Nachdem er ihn etwa eine Stunde
     lang beobachtet hat, ist Nils aufgestanden und hat sich an
     den Ecktisch gesetzt, ohne sich vorzustellen. Aus der Nähe
     sieht er, dass Max noch relativ jung ist, fettiges Haar und
     ein pickliges Gesicht hat. Aber sein Blick ist hellwach, als er
     Nils zuhört.
    Mit einem Fremden zu reden, nachdem er so lange allein
     unterwegs gewesen ist, fällt ihm nicht leicht. Genauso leise,
     fast flüsternd, wie die anderen Besucher vor ihm, bittet er
     um einen Gefallen. Max hört ihm zu und nickt.
    »Zwei Tage«, lautet seine Antwort. So viel Zeit werde er
     dafür benötigen.
    »Du

Weitere Kostenlose Bücher