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Offenbarung

Offenbarung

Titel: Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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wurden
Formulare ausgefüllt und gestempelt und Gepäckstücke
gewogen und etikettiert. Die meisten Menschen hatten offensichtlich
nicht warten wollen, bis die amtlichen Bestimmungen herauskamen: Sie
waren bereit zum Aufbruch, und niemand machte den Eindruck, als
würde er sich die Entscheidung noch einmal überlegen.
    Vasko drängte sich so rücksichtsvoll wie möglich
nach vorne. Urton war nirgendwo zu sehen, aber dies war auch nicht
ihre Station. An einem der Tische blieb er stehen und wartete, bis
der SD-Mann seinen Flüchtling abgefertigt hatte.
    »Sollen die ersten Gruppen immer noch heute Mittag
ausgeflogen werden?«, fragte er leise.
    »Früher«, gab der Mann ebenso gedämpft
zurück. »Der Ablauf wurde beschleunigt. Trotzdem
fürchtet man, wir könnten den Ansturm nicht
bewältigen.«
    »Das Schiff kann uns unmöglich alle aufnehmen«,
sagte Vasko. »Jedenfalls nicht auf einmal. Es würde Monate
dauern, bis wir in den Kälteschlaftanks wären.«
    »Sag das dem Schwein«, brummte der Mann, wandte sich ab
und stempelte ohne hinzusehen ein Papier.
    Vasko spürte eine plötzliche Wärme im Nacken, hob
den Kopf und blinzelte. Ein Flugzeug oder Shuttle mit grell
erleuchteter Unterseite glitt über den Platz. Er wartete darauf,
dass es langsamer würde und zu sinken begänne, aber es
drehte ab und schoss unter den tief hängenden Wolken in Richtung
Meer davon wie ein Fetzen Tageslicht.
    »Schau nur, es geht schon los«, sagte der Mann.
»Als ob die Leute davon ruhiger würden…«
    »Scorpio wird schon wissen, was er tut«, sagte Vasko und
entfernte sich, bevor der andere antworten konnte.
    Er drängte sich an den Tischen vorbei und betrat das
Muschelgebäude. Drinnen empfing ihn das gleiche Bild:
Überall drängten sich die Menschen, hielten Papiere und
Gepäckstücke in die Höhe. Kinder weinten. Die Panik
steigerte sich von Minute zu Minute.
    Er ging in den Teil des Gebäudes, der SD-Angehörigen
vorbehalten war. In dem kleinen runden Raum, wo er normalerweise den
Dienstplan ausgehändigt bekam, saßen drei Kollegen um
einen niedrigen Tisch und tranken Tee aus Seetang. Er kannte sie
alle.
    »Malinin«, sagte Gunderson, eine junge Frau mit kurzem
rotem Haar. »Was verschafft uns die Ehre?«
    Ihr Ton gefiel ihm nicht. »Ich wollte mir den Dienstplan
abholen«, sagte er.
    »Mischst du dich denn überhaupt noch unter das einfache
Volk?«, höhnte sie.
    Er beugte sich über die Teetrinker und riss das Blatt mit der
Diensteinteilung von der Wand. »Mit wem ich verkehre, ist immer
noch meine Sache«, sagte er.
    Der Zweite am Tisch, ein Hyperschwein namens Flenser, hieb in die
gleiche Kerbe. »Wie man hört, treibst du dich inzwischen
fast nur noch mit den Regierungsbonzen herum.«
    Vasko schaute auf die Liste. Sein Name stand nicht neben einem der
regulären Einsätze. »Wie Scorpio, meinst du?«
    »Wetten, dass du viel besser als wir darüber Bescheid
weißt, was tatsächlich vorgeht?«, sagte Gunderson.
»Oder willst du das leugnen?«
    »Wenn es so wäre, dürfte ich wohl kaum darüber
reden.« Vasko heftete das Blatt wieder an die Wand. »Aber
ich bin tatsächlich nicht viel besser informiert.«
    »Du lügst«, sagte der Dritte im Bunde – ein
Mann namens Cory. »Wenn du die Karriereleiter hinaufklettern
willst, musst du lernen, dich besser zu verstellen.«
    »Danke«, erwiderte Vasko lächelnd. »Aber mir
reicht es, wenn ich lerne, dieser Kolonie zu dienen.«
    »Soll ich dir sagen, wo du dich melden sollst?«, fragte
Gunderson.
    »Das wäre sehr freundlich.«
    »Man hat uns gebeten, dir Folgendes auszurichten«, sagte
sie. »Du wirst um acht in der Hohen Muschel erwartet.«
    »Danke«, sagte er. »Du bist sehr hilfsbereit.«
Er wandte sich zum Gehen.
    »Verdammt, Malinin«, rief sie ihm nach. »Du
hältst dich wohl tatsächlich für etwas
Besseres?«
    »Überhaupt nicht«, antwortete er und drehte sich
um. Er staunte selbst, wie ruhig er war. »Ich denke, ich bin
eher durchschnittlich begabt. Aber ich fühle mich für
Ararat verantwortlich und möchte dem Planeten dienen, so gut ich
es vermag. Das gilt doch sicher auch für euch?«
    »Du glaubst, nachdem Clavain nicht mehr da ist, kannst du
dich nach oben schleimen?«
    Er sah Gunderson aufrichtig überrascht an. »Auf die Idee
bin ich noch gar nicht gekommen.«
    »Umso besser, es wäre nämlich ein schwerer Fehler.
Du hast das Zeug nicht dazu, Malinin. Keiner von uns hat es, aber du
ganz bestimmt nicht.«
    »Nein? Und was genau fehlt mir?«
    »Der Mumm, dem

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