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Oh, diese Verwandschaft!

Oh, diese Verwandschaft!

Titel: Oh, diese Verwandschaft! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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weinte selten; sie besaß aber die Begabung, so auszusehen, als ob sie jeden Augenblick in Tränen ausbrechen würde. Laura hatte jahrelang unter diesem Talent gelitten, und immer noch rührte es ihr Herz, selbst gegen ihren Willen.
    »Na, wir wollen jetzt keinen neuen Streit anfangen«, sagte sie weich. »Chris, wozu in aller Welt bringst du die Ziege mit?«
    Der kleine, boshafte Kopf einer schwarzen Ziege guckte aus dem hinteren Fenster; er war Laura durchaus bekannt. Dora, wie Christine sie blödsinnigerweise nannte, gehörte schon lange zu ihrem Haushalt. Ein Sportsfreund, der, wie Guy zornig erklärte, überhaupt keine Grundsätze hatte, schenkte Christine die Ziege kurz nach ihren Flitterwochen. Er hatte das kleine mutterlose Tier bei einer Wanderung im Wald gefunden. Von allen Haustieren ihrer Kusine hatte Laura Dora stets für das schwierigste gehalten; wenigstens bis sie Cuthbert kennenlernte.
    Christine riß weit ihre Kinderaugen auf. »Laura, du glaubst doch nicht etwa, ich könnte die arme kleine Dora allein lassen?«
    Obwohl ihr nicht danach zumute war, mußte Laura lachen. Das war eben der Haken: Chris hatte sie immer zum Lachen gebracht. Derek reagierte freilich anders. Er sagte kurz: »Wenn du deine Ziege heute abend — aber nur heute abend! — hier behalten willst, mußt du sie irgendwo anbinden. Auf dem Hof ist ein alter Hundezwinger. Hugh, sei doch so gut und lege den kleinen Teufel dort an die Kette. Ich möchte nicht, daß sie Lauras Garten zerwühlt und mir das Haus dreckig macht. Inzwischen trage ich deine Koffer hinein, und Christine soll ihren übrigen Tierpark versorgen.«
    Hugh verschwand; trotz Christines Protest zog er Dora am Halsband hinter sich her. Ohne sie und ihre Tiere weiter zu beachten, ergriff Derek Hughs Gepäck und ging ins Haus.
    Widerstrebend nahm Laura den Käfig mit den Vögeln in die eine und einen Katzenkorb in die andere Hand und folgte ihm. Den Schluß bildete Christine. Der Papagei saß auf ihrer Schulter; sie trug ebenfalls einen Korb und den zweiten Käfig, der zum Glück leer war. »Für den Fall, daß Cuthbert sich in einem fremden Haus nicht wohlfühlt«, plapperte sie.
    »Siehst du«, erklärte sie Laura, »es ist einfach unmöglich für mich, noch länger mit Guy zusammenzuleben. Er versteht mich nicht. Er erwartet von mir, daß ich alle möglichen langweiligen Dinge tue, daß ich mich zum Beispiel mit den blödesten Leuten unterhalte. Gestern abend hat er einen Richter zum Dinner eingeladen, und er hat wahrhaftig von mir verlangt, daß ich alle Tiere aus dem Eßzimmer jage und Cuthbert in seinen Käfig sperre. Trotzdem«, kicherte sie lustig, »hat Cuthbert gesiegt. Er hat den Richter wüst beschimpft. Ich fürchte, irgend jemand hat ihm eine Menge häßliche Wörter beigebracht, ehe er zu mir kam.«
    »Wie angenehm für Guy und den Richter!«
    »Ja, es schien Guy entsetzlich zu ärgern. Als der alberne alte Richter fort war, wurde Guy richtig ausfallend. Wir hatten den schlimmsten Streit seit unserer Hochzeit. Ich schloß mich im Fremdenzimmer ein, natürlich mit Cuthbert. Er gab Guy alle möglichen Namen, als er an die Tür klopfte, und heute morgen ging Guy aus dem Hause, ohne sich zu verabschieden. Jetzt ist alles vorbei.«
    Laura seufzte. Chris war genauso intelligent wie Dora — vielleicht sogar noch ein bißchen weniger, nach allem, was sie von dem schlauen kleinen Tier gesehen hatte.
    »Deshalb bin ich nach Hause gefahren«, erzählte Chris weiter und umarmte Laura auf die entwaffnende Art, mit der sie auch schon bei Großmutter stets ihren Willen durchgesetzt hatte. »Es tut mir so wohl, dich zu sehen, Laura, und zu wissen, daß ich bei dir so gut aufgehoben bin.«
    Darauf war schwer zu antworten. Christine sah recht selbstzufrieden aus, als ihr Bruder eintrat. Leider hatte sie ihre beiden Kätzchen aus dem Korb gelassen, und Hugh stolperte über das eine. Dabei trat er auf Toss’ Schwanz, was dieser mit einem scharfen Zuschnappen vergalt. Zum Glück verfehlte er das Schienbein und riß nur ein Loch in die Hose des Jungen. Hughs Gefühle waren an diesem Tag arg strapaziert worden. Die friedliche Heimfahrt hatte ihn etwas beruhigt; die Gegenwart seiner Schwester und die Rauferei der Hunde hatten ihn wieder ziemlich aufgeregt; jetzt aber verlor er völlig die Fassung.
    »Was, zum Teufel, willst du bloß hier mit all deinem verfluchten Viehzeug?« brüllte er los. »Wer hat dich gerufen? Kannst du keinen Schritt tun ohne deine schrecklichen Biester?

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