Oh, diese Verwandschaft!
Mannsbild, der von seiner zarten kleinen Frau drangsaliert wurde, war überwältigend. Auf einmal waren sie wieder ganz vergnügt. Christine sagte: »Ach, Laura, du bist so gut zu mir! Immer warst du so gut. So gut zu uns allen. Ich weiß, alles wird in Ordnung kommen, wenn ich für immer hier bleibe. Ich tauge nicht zur Ehefrau.«
»Schade, daß du dir das nicht überlegt hast, als du Großmutter so um ihre Einwilligung bedrängtest; sie sollte dich Guy unbedingt heiraten lassen, obwohl du noch so jung warst«, versetzte Laura schlagfertig. Sofort verwandelte sich Chris in das hübsche, hilflose Kind, dem zu widerstehen Laura so schwerfiel.
»Hack doch nicht auch noch auf mir herum! Du bist der einzige Mensch, der mir helfen kann. Als ich gestern abend so einsam und elend war in unserm Gästezimmer, dachte ich: Ich gehe zu Laura. Sie wird für mich sorgen. Sie hat noch nie jemanden im Stich gelassen.«
In diesem Augenblick beschloß Cuthbert, sein neues Terrain zu erkunden, und unternahm einen Rundflug durch das Zimmer. Laura kauerte sich in ihrem Stuhl zusammen, als Derek eintrat. Streng sagte er: »Hol deinen verdammten Vogel und steck ihn in den Käfig, Chris. Laura mag Papageien nicht. Sie sind auch wirklich unangenehm.«
Christine riß die Augen weit auf und sah richtig rührend aus. Dann wurde ihr klar, daß es sinnlos war, ihre Künste an diesem dickfelligen Mann zu versuchen. Also holte sie Cuthbert von Lauras Vorratsschrank herunter. Er war gerade dabei, mit äußerster Sorgfalt ein Pfund Butter auszupacken. Sie trug ihn nach oben und murmelte, es sei doch seltsam, daß sie ihre Lieblinge nicht einmal daheim um sich haben dürfe.
»Daheim!« explodierte Derek. »Wann wird die Gesellschaft endlich lernen, daß das hier jetzt dein Heim ist?«
»Ach, was macht das schon! Es wird nicht ewig dauern. Heute abend wird Guy sie sicher holen und ihre Tiere dazu. Er hält es doch ohne sie nicht aus. Sie haben wirklich einen richtigen Krach miteinander gehabt. Chris hat heute nacht im Gästezimmer geschlafen, mit Cuthbert natürlich.«
Zum Unglück trat gerade Onkel Joseph ein. »Mit Cuthbert geschlafen?« Er zog die Luft ein wie ein Schlachtroß, das den Kampf wittert. »Was ist denn los? Sex-Probleme nehme ich an. Die gibt’s überall. Wo ist Christine?«
»Oben; sie wird dir alles erzählen, wenn sie runterkommt«, erwiderte Derek boshaft. Der alte Herr war entzückt. Eheprobleme bei verheirateten Leuten! Gerade so etwas brauchte er für sein Buch. Er ging, um die Ausreißerin zu suchen, die mit dem unbekannten Cuthbert geschlafen hatte. Derek und Laura lachten.
»Der alte Knabe hat allerhand Schwierigkeiten mit seinen Liebesgeschichten, und er meint, Chris könnte ihm helfen«, stellte Derek fest. »Pech, wenn er dahinterkommt, daß Cuthbert ein Papagei ist.«
Den ganzen Abend wich Onkel Joseph nicht von Christines Seite. Er konnte nicht genug über ihren Ehestreit hören und zeigte ein krankhaftes Interesse an ihren nächtlichen Erlebnissen.
Als sie einen Augenblick allein waren, meinte Laura lachend: »Dieser Sex-Roman macht aus Onkel Joseph einen richtigen Lüstling.«
»Wir wollen ihm dieses Vergnügen gönnen. Und es war ein Segen, daß wenigstens einer an unserm Tisch geredet hat. Das heißt, wenn es noch unser Tisch ist!«
Sie konnte ihm seine Erbitterung nicht verübeln. Das Abendessen war nicht sehr gemütlich gewesen. Hugh war still und bedrückt. Er äußerte seine Gefühle zwar nicht, aber seine Hand war häufig unter den Tisch geglitten, um Tims sich anschmiegenden Kopf zu streicheln. Er regte sich nur auf, als Christine sich beklagte, daß er seinen Hund bei sich hätte, während ihre armen Lieblinge eingesperrt wären.
»Das ist auch richtig so. Noch nie habe ich so eine Herde gesehen. Ein Hund, drei Vögel, vier Katzen, dieser ekelhafte Papagei und auch noch die Ziege!«
»Du mußt doch ein Findelkind sein. Du bist ganz anders als wir anderen. Wir sind alle große Tierfreunde, Guy übrigens auch.«
»Das muß er wohl sein, sonst hätte er euch alle längst rausgeschmissen«, bemerkte Hugh.
Laura stand hastig auf. »Komm und hilf mir beim Abdecken, Hugh. Ich weiß, Chris möchte mit Onkel Joseph über alles reden.«
Mit dieser abschließenden Bemerkung zog sie sich eilig in die Küche zurück, bevor ihre Kusine ihr widersprechen konnte.
Hugh half ihr ruhig und freundlich wie immer, fütterte seinen Hund und sagte dann: »Ich glaube, ich gehe ins Bett, Laura. Ich bin müde.« Dann
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