Oh, diese Verwandschaft!
Weiden treiben. Eva soll den Haushalt machen. Sie wird schon gelegentlich aufstehen.«
»Ach ja. Ich will nur abräumen und ihr sagen, daß ich fortgehe.«
Eva machte ein leidendes Gesicht, erklärte sich aber mit der Hausarbeit einverstanden.
»Es eilt doch nicht? Ich habe eine furchtbare Nacht hinter mir.«
»Es tut auch nicht gut, so dazuliegen und zu grübeln. Es wäre besser, du ziehst dich an und gehst in den Garten. Es ist nicht viel zu tun. Aber du kannst es auch sein lassen, wenn du keine Lust hast.«
Laura verlebte einen glücklichen Vormittag. Es war herrlich, mit Derek über die Farm zu reiten und Eva samt ihren Problemen zu vergessen. Derek kam mit keinem Wort auf die Sache zurück, sondern plauderte vergnügt über seine landwirtschaftlichen Pläne und über den Umzug in ihr eigenes Haus. Er verlor auch nicht die Geduld, als seine Frau ängstlich fragte: »Sollten wir das Haus nicht vergrößern? Es hat nur ein einziges Gästezimmer.«
»Ein für allemal: nein! Die >Waisen< müssen es sich abgewöhnen, alle auf einmal daherzukommen. Sonst müssen sie Zelte mitbringen. Oder noch besser, sie können bei Chris übernachten. Die hat genug Zimmer. Wenn wir anbauen, dann nur ein Kinderzimmer.«
Das war ein herrliches Thema. Die >Waisenkinder< und ihr Familiensinn waren vergessen. Statt dessen überlegten sie, wann wohl das alte Haus abgerissen werden würde.
»Es ist an sich ziemlich herzlos, sich darauf zu freuen. Aber schließlich wissen wir es ja schon lange, und auch Großmutter hat immer damit gerechnet. Seit ihrem Tod macht uns das Haus immer größeres Kopfzerbrechen. Es wären eine Menge Reparaturen fällig.«
»Nur nichts überstürzen! Noch hält das Dach den Regen ab, und die Wände fallen auch noch nicht zusammen. Wir können es getrost abwarten, bis mit dem Abbruch begonnen wird.«
Voller Glück lag die Zukunft vor ihnen. An diesem strahlend sonnigen Morgen schmiedeten sie Pläne über Pläne. Laura fühlte sich beruhigt und getröstet. Diese Stimmung dauerte an, bis sie vom Pferd stieg und zum Haus ging. Von der Veranda her hörte sie laute Stimmen — unverkennbar lagen sich zwei »Waisen« in den Haaren. Sie seufzte tief auf. Konnten sie denn nie beisammen sein, ohne sich zu streiten? Im Innern war sie überzeugt, daß sie einander wirklich liebhatten, daß sie einem gemeinsamen Feind gegenüber zusammenhalten würden. Leider gab es keinen solchen Gegner, und so mußten sie ihre Aggressionen untereinander abreagieren.
»Du bist die Richtige, um über die Unantastbarkeit der Ehe zu reden! Dauernd streitest du dich mit Guy und läufst ihm davon. Da wäre ich lieber gar nicht verheiratet, statt wie Hund und Katze mit einem Mann zusammenzuleben.«
Christine schrie zurück: »Was verstehst du denn schon davon? Das jedenfalls brächte ich nie fertig: einer andern Frau den Mann wegzunehmen und den Kindern den Vater.«
Hier mußte man vermitteln, und Laura betrat das Wohnzimmer. Eva hatte den Staubsauger mitten im Zimmer stehen lassen, um besser mit ihrer Schwester streiten zu können. Freundlich sagte Laura: »Hallo, Chris! Ist das nicht eine Überraschung, daß Eva hier ist? Jetzt können wir zusammen Kaffee trinken.«
Es war ein göttlicher Anblick, wie entrüstet die beiden Streithähne sie anstarrten.
»Laura, ich glaube wirklich, du würdest den Leuten noch eine Tasse Kaffee anbieten, wenn eine Atombombe fällt«, sagte Chris giftig. Laura zuckte die Achseln.
»Da würde man wohl auch nichts anderes machen können. Ich bin weit geritten und möchte jetzt einen Kaffee. Hilfst du mir beim Kaffeekochen, Chris?«
Sie ging, mitsamt dem Staubsauger, der heute wohl kaum mehr gebraucht wurde.
Christine folgte ihr nicht. Der Anreiz, sich weiter mit ihrer Schwester zu streiten, war zu groß. Als Laura die Tür schloß, hörte sie noch, wie ihre jüngere Kusine sagte: »Wie kannst du so ruhig dasitzen und sagen...«
Was Eva ruhig sagte, wollte Laura gar nicht wissen. Sie sah in diesem Augenblick keineswegs ruhig aus, und Laura kannte diese Szenen zur Genüge. Als sie mit dem Kaffee hereinkam, sagte Eva gerade: »Du bist bestimmt kein Vorbild. Kaum ein Beispiel für eine glückliche Ehe. Ich meine, du solltest...«
Aber Laura hatte genug. Sie dachte an ihre Arbeit, an den schönen Morgen mit Derek und sagte: »Es hat doch keinen Zweck, euch zu beschimpfen. Chris, augenscheinlich hat dir Eva erzählt, daß sie vorhat, mit jenem Mann nach Sidney zu gehen. Ich kenne ihn nicht, deshalb kann
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