Oh Happy Dates
ich beiläufig, ehe ich zu Tisch zwei hinübergehe, um die Bestellung aufzunehmen. Julia läuft vor Erwartung schon das Wasser im Mund zusammen, als ich zurückkomme.
»Du liebe Zeit! Mit wem denn?«
»Das wirst du in meinem Blog nachlesen müssen, Julia«, erwidere ich grausam.
»Sei doch nicht so biestig. Erzähl es mir jetzt!«
»Nein«, sage ich entschlossen. »Du kannst es morgen in meinem Blog lesen.«
11
Ich trage halterlose Strümpfe. Ich finde halterlose Strümpfe unangenehm. Dort nämlich, wo die Strümpfe aufhören, quellen meine Schenkel heraus. Sie sehen aus wie die obere Hälfte von Blaubeermuffins. An der Wand von Louis’ schmutzigem Badezimmer hängt ein FHM -Kalender. Das Mädchen für den Monat April macht sich über mich lustig. Sie trägt halterlose Strümpfe, aber ihre Schenkel sehen aus, als hätte man sie in den Strumpf eingepasst. Nichts deutet auf ein Muffinoberteil hin. Es deutet auch nichts auf Klopapier hin, und das regt mich auf. Wenn ich einen Mann zu mir nach Hause einladen würde, zu dem alleinigen Zweck, Sex mit ihm zu haben, würde ich schon aus Respekt dafür sorgen, dass Klopapier vorhanden ist. Louis hat für billigen Wein gesorgt, zwei Flaschen davon. Dafür muss er einkaufen gewesen sein. Warum hat er kein Klopapier mitgebracht? Ich hätte auch mein Badezimmer geputzt. Louis’ Badezimmer ist versauter als Rachel Birds Blog, und das sage ich nicht leichthin, denn am Nachmittag habe ich von ihrem Versuch gelesen, einem nicht Englisch sprechenden Siebzehnjährigen beizubringen, wie Analsex funktioniert. Jede Oberfläche in Louis’ Badezimmer scheint mit verkrusteten Überresten von Körperflüssigkeiten überzogen zu sein. Ich bin ins Bad gegangen, weil ich mich sammeln wollte, ehe wir zum Eigentlichen kommen, aber am liebsten würde ich stattdessen eine Tiefenreinigung
vornehmen. Das steht jedoch außer Frage, denn es gibt hier keinerlei Reinigungsmittel. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als das Badezimmer zu verlassen und Sex mit Louis zu haben. Im Moment würde ich jedoch lieber hierbleiben und das Risiko einer MRSA-Infektion in Kauf nehmen.
Was nicht heißen soll, dass ich Louis nicht mag. Er ist das, was Männer als »guten Kumpel« und Frauen als »Kumpeltyp« bezeichnen würden. Wir haben eine ganze Flasche miteinander geleert und uns währenddessen – abgesehen davon, dass ich mich ganz kurz über die Northern Line beschwert habe – ausschließlich über den Chelsea Football Club unterhalten. Was heißen soll, dass Louis über den Chelsea Football Club sprach, insbesondere über einen Frank Sowieso, und ich meine Rolle als Zuhörerin ziemlich gut gespielt habe. Zwölfmal verwendete ich das Wort »tatsächlich«, und fünfzehnmal kam »wow« zum Einsatz.
In meinem Blog kündigte ich an, mich mit meinem Fußball-Cherub auf eine vergnügliche Nacht für Erwachsene zu treffen, ehe er nach Australien geht. Ich erklärte, dass ich halterlose Strümpfe, ein Set aus BH und Slip, Aufreißerschuhe und ein Wickelkleid tragen würde, sodass Louis nur an einer kleinen Schleife ziehen müsste und ich wäre entkleidet. Ich wollte, dass die Leute heiß darauf waren, morgen zu lesen, was passiert war. Ich wollte wie Rachel Bird sein. Angstfrei. Ich bin nicht wie Rachel Bird. Ich mache mir vor Angst in die Hose. Und ich fühle mich alles andere als sexy in dieser Wohnung voller Müll, nachdem ich mich eine Stunde lang über Chelsea unterhalten habe.
»Bist du ins Klo gefallen?«, fragt Louis und hämmert an die Tür. Ich zucke zusammen. Ein entsetzlicher Gedanke.
»Ich komme schon«, sage ich. Ich betrachte mich im Spiegel. Ich erinnere mich daran, dass ich Schauspielerin bin. Ich kann die Rolle einer Verführerin spielen. Doch zugegebenermaßen werde ich für diese Rolle normalerweise nicht gecastet. Ich bin eher auf die lustige Person und die Verrückte abonniert, aber heute Abend werde ich die Verführerin spielen. Ich hole tief Luft und flüstere beim Ausatmen die Worte: »Bringen wir es hinter uns.«
Ich komme aus dem Badezimmer. Louis steht neben der Waschmaschine in der Küche. Ich versuche, über die schmutzigen Teller im Hintergrund und die Pyramide aus Bierdosen hinwegzusehen. Ich gehe langsam auf ihn zu. Er ist barfuß und trägt ausgefranste Jeans. Ich würde mich auf diesem Fußboden nicht mit nackten Füßen vorwärtsbewegen. Sein Bauch ist ziemlich schwammig. Unterhalb seines grauen Rolling-Stones-T-Shirts blitzt ein Stück behaarter Männerbauch hervor.
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