Oh Happy Dates
Er lächelt mich träge an.
»Hey, sexy Lady!«
»Hey.« Ich erwidere sein Lächeln. Meinen Kopf halte ich gesenkt, aber ich hebe meinen Blick, um ihn anzusehen, während ich auf ihn zugehe. Ich stehe vor ihm und beiße mir auf die Lippe, noch immer lächelnd. Mein Gott, bin ich gut. Dann streiche ich mit meinem Finger entlang der Linie seines entblößten Bauchs. Ich fühle, wie er Luft holt. Wie gern würde ich ihm ins Fleisch zwicken und sagen: »Auf geht’s, Schweinchen Dick«, aber ich muss diesen Impuls unterdrücken, weil ich sonst vermutlich jahrelang Single bleiben würde. Ich muss sexy bleiben. Ich muss das Spiel so spielen wie Rachel Bird.
Plötzlich packt Louis mein Handgelenk. Und zwar sehr geschickt. Es überrascht mich, denn ich dachte, ich würde auf meine langsame betörende Art die Führung übernehmen. Er packt mein Handgelenk und zerrt meine Hand in
den Schritt seiner schmutzigen Jeans. Ich halte diese Geste nicht für sexy. Meine Hand liegt nun auf seinem von Jeansstoff umhüllten erigierten Penis. Oh Mist. Was mache ich jetzt? Reiben will ich ihn nicht. Dieses Schwein hat mich noch nicht mal geküsst. Dann drückt er seine Hand an meine VIP-Zone. Wir stehen in einer von Schmutz verkrusteten Wohnung gegen eine Waschmaschine gedrückt beisammen und halten uns gegenseitig die bekleideten Genitalien. Vermutlich sieht es aus, als wollten wir ein Selbstverteidigungsmanöver für Fortgeschrittene vorführen. Wir sind in dieser Haltung erstarrt. Louis neigt seinen Kopf und beginnt, an meinem Ohr zu lecken und zu saugen. Ich höre sein Schlürfen und spüre seine trockene Zunge. Plötzlich ertönt mein Bros-Klingelton.
»Was zum Teufel ist das?«, schlabbert Louis.
»Ach, nur mein Telefon.«
»Blöde Bros«, sagt er und schlabbert weiter an meinem Ohr.
»Sag ja nichts gegen meinen Klingelton. Ich sehe mal besser nach, wer es ist«, sage ich und entwinde mich seinem Genitaliengriff und gehe ans Telefon. »Es sind meine Eltern. Ich muss drangehen. Hallo?«
Ich sehe Louis mit seinen Lippen das Wort »Scheiße« auf sehr verärgerte Weise formen. Am anderen Ende der Leitung höre ich meine Mutter schluchzen. Ich eile in das unhygienische Badezimmer und schließe die Tür.
»Nun beruhige dich und erzähl mir, was passiert ist. Ist mit Dad alles in Ordnung?«, frage ich leise.
»Deinem Vater geht es gut«, erwidert Mum mit Schluckauf.
»Was ist passiert?«, frage ich und hoffe, dass es nicht meine Schwester ist.
»Hast du es denn nicht gesehen?«
»Was denn?«, drängle ich und gehe schon davon aus, dass es in Eastbourne ein Erdbeben gegeben hat und ihr Haus zerstört wurde.
» The X Factor !«
»Mum!«, ich lache. »Ich dachte, etwas Schreckliches sei passiert.«
»Nein, nur dass Simon Cowell so grausam zu diesen jungen Leuten ist. Ich dachte, du würdest es dir auch ansehen.«
»Nein, ich bin unterwegs … äh, im Moment im Haus eines Freundes«, sage ich und wische mir mein vollgesabbertes Ohr ab.
»Oh, tut mir leid, dass ich dich gestört habe. Mach es gut, Liebling.«
Ich verlasse das Badezimmer. Louis stürzt sich sofort wieder auf mich. Er zielt auf meinen Mund, doch ich weiche ihm geschickt aus. Ich schaue ihn an und weiß, dass ich gehen muss.
»Es tut mir schrecklich leid, Louis, aber es gibt Probleme zu Hause. Ich muss los.«
»Kannst du denn nicht noch ein bisschen bleiben?«, quengelt er mit kindlicher Stimme. Ich sehe, dass er wieder mein Ohr anpeilt.
»Nein, ich muss wirklich gehen. Sofort. Schöne Zeit in Australien.«
Ich werfe mir meine Tasche über die Schulter und verlasse seine Wohnung so schnell es meine Aufreißerschuhe erlauben.
12
Ich fühle mich wie eine Versagerin. Inzwischen ist es dreihunderteinundfünfzig Tage her, seit ich Sex hatte. Das ist eine fleischliche Dürrekatastrophe. Würde Bob Geldof davon erfahren, würde er ein Konzert auf die Beine stellen. Und kaum wird mir eine Schiffsladung reifes Vergnügen angeboten, laufe ich davor weg. Ich bin frigide. Eine frigide alte Jungfer.
Was kann ich in meinen Blog schreiben? Wie kann ich erklären, dass ich aus Louis’ Wohnung mit nichts weiter als einem feuchten Ohr geflohen bin? Man geht nicht in halterlosen Strümpfen zu einem Mann nach Hause, trinkt eine Flasche billigen Wein mit ihm und schließt sich dann mit der eigenen Mutter am Telefon im Badezimmer ein, ehe man aufbricht.
Rachel Bird genießt unkomplizierten Sex. Wenn man ihren Blog liest, hört es sich ganz einfach an, nackt bei einem Fremden
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