Oh, Mandy
Aber der kurze Moment hatte genügt, um ihn erkennen zu lassen, wo er sich befand. In der Scheune. In dem kleinen Nebenraum.
Auf dem schmalen Bett, das er letzte Nacht mit Mandy geteilt hatte.
Stöhnend hob er eine Hand, um Mandys Finger fortzustoßen, doch stattdessen umschloss er sie schwach. „Ja”, krächzte er. „Ich höre dich.”
„Erinnerst du dich daran, was geschehen ist?”
Jesse runzelte die Stirn und zuckte dann zusammen, als das Pochen in seinem Kopf sich bei dieser kleinen Bewegung verstärkte. Er erinnerte sich daran, dass Judas sich aufgerichtet hatte und dass er gefallen war. Und an den stechenden Schmerz, als Judas Huf gegen seinen Kopf geschlagen war. Aber danach waren die Erinnerungen nur noch verschwommen.
„So ziemlich”, erwiderte er und hörte, dass Mandy erleichtert aufseufzte. „Wie bin ich hierher gekommen?”
„Gabe und ein paar andere Cowboys haben ein Brett unter dich geschoben und dich hierher getragen.” Sie drückte kurz seine Finger. „Kannst du dich bewegen?”
Er versuchte den Kopf zu heben, doch als der Raum anfing sich zu drehen, zuckte Jesse zusammen. Stöhnend ließ er den Kopf wieder auf das Bett sinken. „Ich glaube nicht.
Jedenfalls im Moment noch nicht.”
„Hast du das Gefühl, dass irgendetwas gebrochen ist?”
„Nein, ich glaube nicht.”
„Hier ist eine ziemlich große Beule an deinem Kopf und ein kleiner Kratzer an der Schläfe.
Was tut dir noch weh?”
„Mein Rücken.”
„Denkst du, du kannst dich so weit herumdrehen, dass ich ihn mir ansehen kann?”
Sie war so lieb und nett, und Jesse fragte sich, warum - angesichts der Art und Weise, wie er sie in der letzten Nacht behandelt hatte. Er öffnete die Augen und schaute blinzelnd zu ihr.
Die Sorge, die er in ihrem Gesicht sah, verstärkte sein Schuld-bewusstsein noch. Hastig schaute er weg, ließ ihre Hand los und umklammerte die Bettkante, damit er sich auf die Seite rollen konnte.
Vorsichtig zog Mandy sein Hemd aus der Jeans und versuchte es hochzuziehen. „Wir müssen das ausziehen”, murmelte sie.
Jesse öffnete die Knöpfe, so dass Mandy seinen Arm aus dem Hemd ziehen und sich den Rücken anschauen konnte.
Sie erschrak bei dem Anblick, der sich ihr bot. „Oh, Jesse!” rief sie und berührte zaghaft sein Kreuz, wo Judas Huf einen perfekten Abdruck hinterlassen hatte. Blut klebte an der Wunde.
„Sieht es sehr schlimm aus?”
Mandy schluckte. „Ich bin nicht sicher. Die Wunde muss erst gesäubert werden.” Sie wandte sich schnell ab, nahm eine Flasche Desinfektionsmittel, die sie schon bereitgestellt hatte, und spülte die Wunde aus.
Jesse zuckte zurück.
„Es tut mir Leid”, murmelte Mandy, während sie das Blut abtupfte. „Brennt es?”
„Nein”, brachte Jesse mühsam heraus. „Es ist kalt.”
Mandy lächelte. „Kälte tut dir nichts.”
„Das kann ich wohl am besten entscheiden”, erwiderte er trocken.
Als sie das Blut und den Schmutz weggewischt hatte, sah Mandy, dass die Wunde nicht sehr tief war, aber bereits zu schwellen anfing und blau wurde. „Wir müssen dich ins Krankenhaus bringen.”
Jesse tastete nach der Beule auf seinem Kopf und versuchte zu entscheiden, ob das Dröhnen in seinem Kopf von dem Whiskey kam, den er letzte Nacht getrunken hatte, oder von Judas gut gezieltem Tritt. „Ich will nicht ins Krankenhaus”, entschied er. „Es ist nur ein Kratzer.”
„Jesse …”
„Nein. Ich will nicht, dass irgendwelche Knochensäger an mir herumdoktern.”
Mandy seufzte. „Du bist so stur. Du musst von einem Arzt untersucht werden.”
„Ich weiß, wann ich einen Arzt brauche. Pete kann sich um mich kümmern, wenn ich wieder zu Hause bin.” Er wollte sich auf den Rücken zurückrollen, doch Mandy legte eine Hand gegen seine Wirbelsäule.
„Lass mich wenigstens ein Pflaster draufkleben, damit kein Schmutz in die Wunde kommt.”
Jesse wollte so schnell wie möglich aus diesem Bett und aus diesem Raum herauskommen, was er wahrscheinlich am ehesten erreichen konnte, wenn er Mandy ihren Willen ließ. „Okay, aber mach schnell.”
Stirnrunzelnd nahm Mandy ein Pflaster aus der Schachtel und klebte es ihm auf den Rücken. Als sie sich gerade abwenden wollte, sah sie noch einen Kratzer und schaute genauer hin.
Beim näheren Betrachten fand sie weitere rote Stellen. „Jesse! Dein ganzer Rücken ist voller Splitter.”
Jesse dachte daran, wie sich die raue Scheunenwand in seinen Rücken gedrückt hatte, als er dabei gewesen war, seine
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