Ohne Beweis (German Edition)
fehlen uns der dazugehörige Vorname und das Alter. Natürlich ist anzunehmen, dass unser heutiger Bauer Johann mit dem Verschwinden des Herrn Rodzinskys etwas zu tun hatte, aber wie gesagt, beweisen werden wir das nicht können. Da der Tatverdächtige ja nun tot ist, interessiert es das Gericht sowieso nicht mehr. Herr Rodzinsky wird sich damit abfinden müssen, dass er nie mit allerletzter Sicherheit erfahren wird, wer sein Vater war und was mit ihm geschehen ist“, erklärte die Kripo-Chefin mit ehrlichem Bedauern.
„Kommen wir nun zu ihrem Plan, den Bauer Johann auszuhorchen und auf seinem Hof unerlaubt herumzuschnüffeln“, hob Joska an und freute sich irgendwie, seine Freundin für diese Sache ein bisschen in die Mangel zu nehmen. Immerhin hatte sie ihn und auch sich selbst mit dieser blöden Idee ziemlich in Schwierigkeiten gebracht. Bei diesen Gedanken schmerzte seine Wunde am Oberschenkel wieder stärker. „Warum haben Sie Ihren Verdacht nicht offiziell der Polizei erzählt?“
„Das wissen Sie doch ganz genau, Herr Kiss!“, schnappte Nora, doch sie beherrschte sich sofort wieder. Nur nicht provozieren lassen. „Ich hatte doch nichts in der Hand, was meinen Verdacht hätte erhärten können. Wir wollten doch nur nach Briefen oder Dokumenten suchen, um etwas Aussagekräftiges zu bekommen. Damit wollten wir dann zu Ihnen kommen. Dass die ganze Sache dann so endete hat, wie sie geendet hat, konnte ja niemand ahnen!“
„Okay, lassen wir das mal so stehen. Nachdem also Herr Rodzinsky, den Sie bei sich privat untergebracht hatten, plötzlich auch noch verschwand, was haben Sie vermutet, wo er sein könnte?“, fragte Joska wieder ruhiger.
„Zuerst dachte ich, dass er mit Carmen unterwegs sein könnte, doch dann war mir klar, dass er nur zu ungeduldig war, um auf mich zu warten. Ich war zwei Tage auf einer Messerausstellung, und da dachte er wohl, er könne schon mal alleine losziehen. So ein Dummkopf!“, schimpfte Nora, die immer noch ziemlich wütend auf Kamils eigenmächtiges Handeln war.
„Seine Ungeduld hat er ja auch teuer bezahlen müssen. Wie geht es ihm denn eigentlich?“, fragte Frau Müller-Harnisch.
„Ich habe mich heute früh nach ihm erkundigt“, sagte Joska. „Das Fieber ist runtergegangen, doch die Wunde sieht noch ziemlich schlimm aus. Aber die Ärzte sind zuversichtlich, dass sie das bald in den Griff bekommen. Er hat nun mal keine Krankenversicherung“.
„Das übernehmen meine Eltern, das hab ich schon geklärt“, warf Nora ein und die zwei Beamten hoben erstaunt die Augenbrauen.
„Warum das?“, fragte Frau Müller-Harnisch, doch Joska antwortete an Noras Stelle.
„Sie sind sehr sozial eingestellt. Ich nehme an, sie wollten einfach nur helfen, stimmt`s No … äh, Frau Angerer?“
„Stimmt genau. So einfach ist das. Wollen Sie sonst noch was von mir wissen?“, fragte Nora inzwischen schon etwas ungeduldig, denn nach der Messerausstellung hatten sie jede Menge Bestelllungen abzuarbeiten.
„Nein, Frau Angerer. Momentan nicht. Falls uns noch etwas einfällt – wir wissen ja, wo wir Sie finden“, sagte Joska süffisant lächelnd und zwinkerte seiner Freundin zu. Das Aufnahmegerät bekam davon ja nichts mit und seine Chefin wusste Bescheid. Auch sie lächelte und wünschte Nora noch einen schönen Tag.
„Wen nehmen wir als Nächstes?“, fragte Joska, der die Entscheidung seiner Chefin überlassen wollte. Denn einerseits interessierte es ihn brennend, wie diese Frau Hohenstein in die Gefangenschaft von dem Bauern gekommen war, andererseits wollte er auch wissen, warum diese Carmen Lechner einfach abgehauen war und wo sie sich herumgetrieben hatte. Seine Chefin nahm ihm die Entscheidung gerne ab und rief Carmen Lechner zum Verhör.
„Guten Tag, Frau Lechner“, begrüßte Frau Müller-Harnisch die immer noch etwas zerknirscht aussehende Carmen. Ihr ging es psychisch immer noch nicht gut und man sah ihr das auch an.
„Zunächst mal herzlichen Dank, dass Sie in dieser Sache überhaupt eine Aussage machen möchten. Denn eigentlich haben Sie mit diesem Fall doch nichts zu tun. Oder doch?“, fragte die Kripo-Chefin in freundlichem Plauderton. Diese Frau hatte definitiv gesundheitliche Probleme und man musste sie mit Samthandschuhen anfassen.
„Indirekt vielleicht schon“, begann Carmen müde. Das Sprechen fiel ihr schwer, doch sie riss sich zusammen und setzte sich aufrechter hin. „Ich will einfach mal von vorne
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