Ohne Beweis (German Edition)
wollte ich es wagen, nach dem Zimmer von Nora und Carmen zu suchen.
Ich fand dann auch eine kleine Abstellkammer, wo ich mich hinter der Türe verstecken konnte. Es war stockfinster in der Kammer und ich hatte große Mühe, mich die ganze Zeit auf den Beinen zu halten. Immer noch geschwächt von der Operation und den sonstigen Blessuren musste ich meine ganze Kraft aufbringen, nicht zusammenzusacken. Ein paar Mal kam auch jemand in den Raum, doch bisher nur, um ohne Licht zu machen, etwas abzustellen oder herauszunehmen. Gerade, als ich mich daran machen wollte, wieder nach draußen zu gehen und endlich meinen Plan in die Tat umzusetzen, kam wieder jemand herein und schaltete das Licht an. Das grelle Licht blendete mich und ich stolperte beim Zurückweichen von der Türe über einen am Boden stehenden Eimer. Ich konnte mich gerade noch an einem Besenstil festhalten. Der zierlichen alten Frau stand vor Entsetzen der Mund offen. Sie war so perplex, hier drin plötzlich einen Patienten in weißem Krankenhauskittel vorzufinden, dass sie zunächst nicht mal aufgeschrien hatte. Als sie nun jedoch dazu ansetzte, blieb mir nichts anderes übrig, als ihr mit dem Besenstil eine überzubraten. Augenblicklich sackte sie in sich zusammen. Sie tat mir zwar leid und ich konnte nur hoffen, dass ich sie nicht ernstlich verletzt hatte. Aber sie durfte der Ausführung meines Planes nicht im Wege stehen. Nun musste ich mich beeilen, bevor sie wieder zu sich kam. Ich schaute mich hastig in dem Raum um und entdeckte ein paar blaue Overalls und eine große Schere. Genau das, was ich zur Ausführung meines Planes gebrauchen konnte. Nachdem ich einen passenden Overall angezogen, mir noch eine Arbeitermütze aufgesetzt und die Schere eingesteckt hatte, lugte ich wieder nach draußen auf den Flur. Inzwischen war endlich Ruhe eingekehrt, nur manchmal lief ein Pfleger von seiner Station zu einem Krankenzimmer. Als keiner mehr in Sicht war, huschte ich hinaus. Mein größtes Problem war nun, herauszufinden, wo Nora und Carmen lagen. Ob die wohl in ihrem Arbeitszimmer einen Plan liegen hatten, wer in welchem Zimmer lag? Hatte ich da überhaupt eine Chance, einen Blick darauf zu werfen? Oder sollte ich einfach von Zimmer zu Zimmer gehen und nachschauen? Doch gerade, als ich mich auf den Weg machen wollte, hörte ich gleich neben mir einen Pfleger auf Deutsch sagen:
„Gute Nacht, die Damen. Wenn alles gut geht, dürfen Sie beide morgen nach der Visite nach Hause.“
Konnte es sein, dass noch mehr deutschsprachige Frauen hier untergebracht waren? Das wäre dann doch ein großer Zufall und mein Gefühl sagte mir, dass in diesem Zimmer meine Antworten zu finden waren. Ich versteckte mich kurzerhand hinter einem im Flur stehenden Krankenbett und wartete, bis die Luft rein war. Dann lief ich so schnell ich konnte über den Gang und hinein in das Zimmer. Ich ließ den beiden nicht mal die Gelegenheit, einen Ton von sich zu geben, sondern setzte Nora sofort die Spitze der Schere an den Hals. Dabei zischte ich:
„Keinen Mucks, ihr beiden! Ich will nur alles über meine Vater wissen. Wenn ihr nicht sagen, dann …“. Ich überließ es den beiden, sich auszumalen, was dann passieren würde.
„Kamil“, keuchte Carmen und versuchte, sich mühsam aufzurichten. Ihr schien es immer noch nicht sehr gut zu gehen, aber das war mir egal. Ich wollte Antworten und sonst nichts. „Was ist nur in dich gefahren? Du machst doch alles nur noch schlimmer!“
„Die Wahrheit, Carmen! Los – sag mir, was mit meine Vater passiert ist!“ Inzwischen war ich wieder so wütend, dass ich meine Drohung, Nora weh zu tun, auch wahr gemacht hätte. Mein Kopf dröhnte, mir brach der Schweiß aus, aber ich kannte nur noch ein Ziel: Die Wahrheit!
„Ich weiß es doch nicht mehr, Kamil! Ich hatte doch mein Gedächtnis verloren und nicht alles ist zurückgekommen! Ich weiß es wirklich nicht, das musst du mir glauben!“, rief Carmen laut, sodass ich sie sofort zurecht wies, sie solle nicht so schreien.
„Und ich weiß auch nichts, Kamil. Ehrlich. Mir hat bisher niemand etwas verraten“, jammerte Nora und zunächst war ich versucht, ihr zu glauben. Doch mein besessenes Ich wollte nicht wahrhaben, dass wir hier schon wieder in einer Sackgasse sein sollten.
„Ich glaube euch nicht!“, zischte ich mit zusammengebissenen Zähnen und verstärkte den Druck auf Noras Hals. Sie fing an zu wimmern und in diesem Moment schwang die Türe auf und Joska kam
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