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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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Wie auch immer, zumindest hatte jemand unbefugt unsere vier Wände betreten.
    Ich wählte 911 . »Jemand ist in unser Haus eingedrungen«, sagte ich dem Beamten am anderen Ende. »Meine Frau und ich sind äußerst beunruhigt. Wir haben eine kleine Tochter und machen uns große Sorgen.«
    Zehn Minuten später traf ein Streifenwagen ein. Zwei uniformierte Beamte, ein Mann und eine Frau, überprüften Türen und Fenster, konnten aber keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens feststellen. Grace war inzwischen natürlich aufgewacht und weigerte sich, ins Bett zu gehen. Selbst nachdem wir sie auf ihr Zimmer geschickt und ihr eingeschärft hatten, sich bettfertig zu machen, hockte sie kurz darauf auf dem obersten Treppenabsatz und spähte durch die Geländerstreben wie ein minderjähriger Häftling.
    »Wurde etwas gestohlen?«, fragte die Beamtin. Ihr Partner stand neben ihr, schob die Mütze zurück und kratzte sich am Kopf.
    »Nein, jedenfalls nicht auf den ersten Blick«, sagte ich. »Ich habe es noch nicht genau überprüft, aber es scheint nichts weggekommen zu sein.«
    »Wurde etwas beschädigt? Haben Sie Spuren von Vandalismus festgestellt?«
    »Nein«, sagte ich. »Nichts dergleichen.«
    »Sie sollten Fingerabdrücke nehmen«, sagte Cynthia.
    »Bitte, Ma’am?«, sagte der männliche Cop.
    »Fingerabdrücke nehmen. Machen Sie das nicht bei Einbrüchen?«
    »Ma’am, es tut mir leid, aber hier weist nichts auf einen Einbruch hin. So weit scheint doch alles in Ordnung zu sein.«
    »Aber jemand hat den Hut hiergelassen. Das beweist doch, dass eingebrochen wurde. Die Haustür war abgeschlossen, so wie sonst auch, wenn wir das Haus verlassen.«
    »Sie behaupten also«, sagte der Polizist, »dass in Ihrer Abwesenheit hier eingebrochen, aber nichts entwendet oder beschädigt wurde, richtig? Dass der sogenannte Einbrecher lediglich diesen Hut zurückgelassen hat?«
    Cynthia nickte.
    »Es wird schwierig, die Spurensicherung einzuschalten«, sagte die Beamtin. »Es gibt keinerlei Indizien für eine Straftat.«
    »Wahrscheinlich handelt es sich bloß um einen Streich«, sagte ihr Partner. »Möglich, dass sich ein Bekannter von Ihnen einen kleinen Spaß erlaubt hat.«
    Toller Spaß, dachte ich. Ich lach mich tot.
    »Das Türschloss ist jedenfalls nicht manipuliert worden«, sagte er. »Vielleicht hat den Hut jemand vorbeigebracht, weil er dachte, dass er Ihnen gehört. Ein Bekannter, dem Sie Ihren Schlüssel gegeben haben.«
    »Können Sie unser Haus überwachen?«, fragte Cynthia. »Nur für den Fall, dass derjenige nochmals versuchen sollte, unser Haus zu betreten? Es darf ihm aber nichts passieren. Ich will nur wissen, wer es ist.«
    »Cyn«, sagte ich.
    »Ich bedaure, Ma’am, aber für einen derartigen Einsatz besteht kein Anlass«, sagte die Beamtin. »Nicht ohne schwerwiegende Gründe. Aber geben Sie uns umgehend Bescheid, falls sich weitere Probleme ergeben sollten.«
    Damit entschuldigten sie sich. Und lachten sich inihrem Streifenwagen wahrscheinlich scheckig über uns. Den Polizeibericht konnte ich mir lebhaft vorstellen. Grund des Einsatzes: Meldung eines merkwürdigen Huts. Auf dem Revier würden sie sich grölend auf die Schenkel schlagen.
    Als die Streifenbeamten weg waren, setzten wir uns an den Küchentisch. Keiner von uns sprach ein Wort.
    Plötzlich stand Grace in der Küchentür. Sie zeigte auf den Hut. »Darf ich den aufsetzen?«
    Cynthia nahm den Hut an sich. »Nein.«
    »Geh ins Bett, Süße«, sagte ich, und sie trollte sich ohne Widerworte. Cynthia hingegen ließ den Hut nicht mehr los, bis wir endlich selbst zu Bett gingen.
    Und während ich neben ihr lag und wieder einmal schlaflos an die Zimmerdecke starrte, musste ich daran denken, wie Cynthia in letzter Sekunde vor unserem desaströsen Treffen mit der Hellseherin noch einmal ins Haus geeilt war, weil sie den Schuhkarton mit ihren Erinnerungsstücken vergessen hatte.
    Ich musste daran denken, wie sie in Windeseile aus dem Wagen gestiegen war, obwohl ich ihr extra angeboten hatte, den Karton für sie zu holen.
    Und sie war ziemlich lange im Haus geblieben, lange genug, um den Hut auf dem Küchentisch zu platzieren. Sie hatte gesagt, sie hätte noch eine Tablette genommen.
    Nein, sagte ich mir wieder und wieder, während ich zu meiner schlafenden Frau hinübersah. Das war nicht möglich.
    Nein. Das war einfach nicht möglich.

VIERZEHN
    Ich steckte den Kopf in Rolly Carruthers’ Büro. »Ich habe Freistunde. Hast du ’ne Minute Zeit für

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