Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
Vom Netzwerk:
damit?«
    »Lassen Sie’s mich mal so ausdrücken«, sagte Vince. »Ich bin kein Englischlehrer. Ich schätze, in Ihrem Job laufen die Dinge ein bisschen anders.«
    »Sie meinen, ich habe es nicht nötig, harte Jungs auf unliebsame Schnüffler zu hetzen?«
    »So in etwa«, sagte Vince. »Wollen Sie vielleicht doch einen Kaffee?«
    »Danke«, sagte ich. »Warum eigentlich nicht?«
    Er ging zur Anrichte, schenkte mir eine Tasse ein und kam wieder an den Tisch.
    »Ein Privater, eine Tante von den Cops und dannauch noch Sie«, sagte er. »Ist doch wohl logisch, dass ich da nervös geworden bin.«
    »Kann ich offen zu Ihnen sein? Ohne Gefahr zu laufen, dass Sie mir die Haare ausreißen oder ein Messer zwischen die Finger rammen?«
    Vince fixierte mich misstrauisch und nickte zögernd.
    »Also, gehen wir noch mal fünfundzwanzig Jahre zurück. Sie waren an dem besagten Abend mit Cynthia zusammen. Ihr Vater hat Sie bei Ihrem Rendezvous gestört und Cynthia mit nach Hause genommen. Weniger als zwölf Stunden später wacht Cynthia auf und ihre gesamte Familie ist spurlos verschwunden. Was bedeutet, dass Sie einer der letzten Menschen waren, der eines ihrer Familienmitglieder lebend gesehen hat. Ich weiß nicht genau, was zwischen Ihnen und Cynthias Vater gelaufen ist, aber ich nehme an, es war keine besonders angenehme Situation.« Ich hielt inne. »Nun ja, das haben Sie bestimmt schon damals lang und breit mit der Polizei durchgekaut.«
    »Stimmt.«
    »Und was haben Sie ausgesagt?«
    »Gar nichts.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, hab ich doch gesagt. Absolut gar nichts. Das hatte ich von meinem Alten Herrn gelernt, Gott sei seiner Seele gnädig. Bei den Bullen grundsätzlich überhaupt nichts rauszulassen. Selbst wenn man hundertprozentig unschuldig ist. Bei den Bullen auszupacken, hat noch keinem was genützt.«
    »Aber Sie hätten doch bei der Aufklärung des Falls helfen können.«
    »Ich wollte bloß, dass mich die Bullen in Ruhe lassen.«
    »Aber haben Sie sich dadurch nicht selbst verdächtig gemacht?«
    »Möglich. Aufgrund eines Verdachts kann man aber nicht eingebuchtet werden. Ohne Beweise geht gar nichts. Und sie hatten eben keine. Hätten sie welche gehabt, würden wir jetzt wahrscheinlich kein ungezwungenes Gespräch führen.«
    Ich trank einen Schluck Kaffee. »Hmm«, sagte ich. »Schmeckt hervorragend.«
    »Danke«, sagte Vince. »Kann ich offen mit Ihnen reden, ohne dass Sie sich an meinen Haaren vergreifen?«
    »Keine Sorge«, sagte ich.
    »Ich habe mich damals ziemlich mies gefühlt. Weil ich Cynthia nicht helfen konnte. Sie war nämlich … Hören Sie, ich will Ihnen wirklich nicht zu nahe treten. Sie sind schließlich ihr Mann.«
    »Schon okay.«
    »Sie war ein echt nettes Mädchen. Ein bisschen rebellisch, so wie alle Kids in dem Alter, aber komplett harmlos im Vergleich zu mir. Ich hatte schon richtig Ärger mit den Bullen gehabt. Tja, sie hatte wohl so ’ne Art Phase, in der es ihr gefiel, mit dem bösen Buben der Schule rumzuziehen. Bevor seriöse Typen wie Sie an die Reihe kamen.« Er hörte sich an, als hätte Cynthia sich verschlechtert. »War nicht unfreundlich gemeint.«
    »So habe ich’s auch nicht aufgefasst.«
    »Ich mochte sie wirklich gern und sie tat mir furchtbar leid. Unfassbar – eines Morgens wacht man auf, und die Menschen, die einem am nächsten stehen, sind spurlosverschwunden! Ich wünschte, ich hätte ihr irgendwie helfen können. Aber mein Alter meinte, ich solle bloß die Finger von der Kleinen lassen. Er meinte, wir hätten schon genug Probleme mit den Cops, da würde es uns gerade noch fehlen, dass ich mich mit einem Mädel einlasse, dessen Familie höchstwahrscheinlich ermordet worden ist.«
    »Das kann ich sogar verstehen.« Ich wählte meine Worte mit Bedacht. »Ihr Vater war finanziell ziemlich abgesichert, oder?«
    »Es ging ihm bestens. Zumindest bis er umgelegt wurde.«
    »Von der Sache habe ich gehört«, sagte ich.
    »Ach ja?«, sagte er. »Was denn?«
    »Dass die mutmaßlichen Täter bitter dafür bezahlt haben.«
    Vince lächelte düster. »Das haben sie.« Er kehrte in die Gegenwart zurück. »Wieso die Frage nach dem Geld?«
    »Könnte es sein, dass Ihr Vater Cynthia finanziell unterstützt hat – bis nach ihrem Studium?«
    »Was?«
    »Ich frage ja bloß. Wäre es möglich, dass er vielleicht glaubte, Sie hätten etwas mit dem Verschwinden von Cynthias Familie zu tun? Und deshalb Cynthias Tante Tess anonym mit Geld versorgt hat, um so für Cyns Ausbildung

Weitere Kostenlose Bücher