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Ohne ein Wort

Ohne ein Wort

Titel: Ohne ein Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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mir davon erzählt.«
    »Also, ich weiß definitiv, was ich gesehen habe.«
    »Ist sonst noch etwas passiert?«
    »Ich habe dann noch etwa eine Dreiviertelstunde gewartet. Ich wollte gerade abhauen, als plötzlich die Haustür aufgeht und Cynthias Vater rausschießt, als hätte er ’ne Rakete im Arsch. Springt in seinen Wagen, setzt im Affenzahn aus der Einfahrt, und weg ist er.«
    Das musste ich erst mal verdauen.
    »Jedenfalls kann ich zwei und eins zusammenrechnen. Alle außer Cynthia sind weg. Ich gehe also zur Haustür und klopfe. Ich habe bestimmt ein gutes Dutzend Mal an die Tür gedonnert, aber da niemand öffnete, bin ich davon ausgegangen, dass sie ihren Rausch ausschlief.« Er zuckte mit den Schultern. »Und dann bin ich eben nach Hause gefahren.«
    »Jemand hat also das Haus beobachtet«, sagte ich.
    »Ja. Da war ich nicht der Einzige.«
    »Und das haben Sie niemandem erzählt? Auch Cynthia nicht?«
    »Danach hatten wir keinen Kontakt mehr. Und die Cops habe ich lieber außen vor gelassen, wie schon gesagt. Hätte ich denen davon erzählt, hätten sie mir garantiert einen Strick daraus gedreht.«
    Ich sah hinaus auf die Bucht und Charles Island, als stünden die Antworten auf meine und Cynthias Fragen irgendwo hinter dem Horizont, in unerreichbar weiter Ferne.
    »Und wieso weihen Sie mich jetzt ein?«, fragte ich.
    Vince fuhr sich mit der Hand übers Kinn. »Scheiße, ich weiß es nicht. Na ja, Cyn muss ziemlich viel durchgemacht haben, nicht wahr?«
    Es traf mich wie ein Schlag ins Gesicht, dass er sie offenbar beim gleichen Kosenamen genannt hatte. »Ja«, sagte ich. »Vor allem in letzter Zeit.«
    »Und warum ist sie jetzt plötzlich auf und davon, wie Sie sagten?«
    »Wir haben uns gestritten. Außerdem hat sie Angst. Kein Wunder bei alldem, was in letzter Zeit passiert ist. Die Polizei scheint ihr auch nicht zu trauen. Cyn macht sich Sorgen um unsere Tochter. Ein Fremder hat nachts unser Haus beobachtet. Ihre Tante ist tot. Und der Detektiv, den wir beauftragt hatten, ist ebenfalls ermordet worden.«
    »Hmm«, sagte Vince. »Das ist ja der pure Horror. Ich wünschte, ich könnte irgendwas für Sie tun.«
    Überrascht wandten wir die Köpfe, als unvermittelt die Tür geöffnet wurde. Wir hatten niemanden die Treppe heraufkommen hören.
    Es war Jane.
    »Verdammt noch mal, Vince! Du siehst doch, dass er deine Hilfe braucht.«
    »Wo zum Teufel hast du denn gesteckt?«, sagte er. »Hast du etwa die ganze Zeit gelauscht?«
    »Was soll man denn machen bei dieser Fliegentür?«, sagte Jane. »Wenn du ungebetene Lauscher abhalten willst, dann lass hier ’ne doppelte Stahltür einbauen.«
    »Oh, Mann«, sagte Vince.
    »Also, hilfst du ihm jetzt oder nicht? Du hängst doch sowieso nur hier rum. Und wenn’s hart auf hartkommt, können dir ja deine drei Komiker zur Hand gehen.«
    Vince warf mir einen müden Blick zu. »Na gut«, sagte er. »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
    Jane musterte uns mit vor der Brust verschränkten Armen.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich hatte keine Ahnung, ob ich die Dienste eines Vince Fleming benötigen würde. Und auch wenn er nicht mehr versuchte, mir die Haare an den Wurzeln auszureißen, schüchterte er mich nach wie vor ziemlich ein.
    »Ich weiß nicht genau«, sagte ich.
    »Wie wär’s, wenn ich Ihnen ein Weilchen bei Ihrer Suche helfe?« Als ich nicht sofort auf sein Angebot einging, fuhr er fort: »Sie trauen mir nicht so recht über den Weg, stimmt’s?«
    Er würde es mir ansehen, wenn ich log. »Nein«, sagte ich.
    »Schlau von Ihnen«, sagte er.
    »Du hilfst ihm also?«, sagte Jane. Vince nickte.
    Sie sah mich an. »Kommen Sie bloß bald wieder zum Unterricht.« Dann ging sie. Diesmal hörten wir ihre Schritte auf der Treppe.
    »Die raubt mir noch den letzten Nerv«, sagte Vince.

FÜNFUNDDREISSIG
    Für den Augenblick fiel mir nichts Schlaueres ein, als nach Hause zurückzufahren und nachzusehen, ob Cynthia oder sonst jemand angerufen hatte. Zwar war wahrscheinlicher, dass sie mich auf meinem Handy anrufen würde, aber allmählich klammerte ich mich an jeden Strohhalm.
    Vince Fleming schickte seine drei Handlanger weg und bot mir an, mich höchstpersönlich zu meinem Auto zu kutschieren – in seinem Dodge Ram, einem aggressiv anmutenden Pick-up. Mein Auto stand vor der Werkstatt unweit des Donut-Ladens, vor dem man mich gekidnappt hatte. Ich fragte Vince, ob es ihm etwas ausmachen würde, einen kleinen Umweg zu fahren, damit ich kurz zu Hause

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