Ohne Ende Leben - Roman
bis die Tage!« Während der T V-Werbepause plärrt elektronische Tanzmusik aus den Lautsprechern. Marisol legt einen dämlichen Tanz aufs Parkett, mit Balder in der einen Hand und der Schraube in der anderen. So kommt niemand auf die Idee, dass sie das, was sie gerade – oder überhaupt – tut, eigentlich ernst nimmt. Alles nur Spaß, alles nur Party. Nichts von Bedeutung. Kein Risiko, kein Chaos, keine Probleme. Als Keith von der Bühne geht, kommen ein paar Anzüge auf ihn zu. Sie schütteln ihm die Hand und geben ihm ihre Visitenkarten. »Das Zauberschraubending hat uns gefallen«, sagen sie, »den Kids auch.«
»Ja?« Keith grinst. »Ich hab das nicht geplant oder so. Es ist mir einfach so rausgerutscht.«
»Ja, toll. Hör zu, wir haben gerade darüber gesprochen, mit dir ein paar
YA! TV
-Promotions zu machen. Du könntest der abgedrehte Zauberschraubentyp sein. Was meinst du dazu?«
»Ich wär im Fernsehen?« Keith stößt die Faust in die Luft. »Klar. Ich bin dabei.«
»Toll! Dann erledigen wir jetzt den Papierkram. Sag mal, magst du
Rad Limo
?«
Und mir nichts, dir nichts verändert sich etwas im Kosmos. Ein Schmetterling schlägt in Südamerika mit den Flügeln. In Chicago fällt Schnee. Du drückst einem Idioten eine Zauberschraube in die Hand, und es stellt sich heraus, dass es am Ende doch ein notwendiges Teilchen ist.
KAPITEL EINUNDVIERZIG
In dem Gonzo eine Entscheidung trifft: Leben oder Gartenzwerg
Hundert Dollar unseres Preisgeldes haben uns die geheimen Recherchen über Balder gekostet. Im Augenblick ist er in Marisols Garderobe, wo sie ihn als Ständer benutzt, an dem sie ihren Schmuck aufhängen kann. Weitere hundert Dollar gingen für Pässe drauf, die uns Zugang zum Backstagebereich verschafften. In dem Moment, in dem Marisol ihren Umkleideraum verlässt, um am Strand einen T V-Spot zu drehen, schleichen wir uns rein. Balder ist unter einer Kollektion bunter Halstücher begraben. Sein Gesicht ist rot angelaufen und er sieht müde aus.
»Den Göttern sei Dank, dass ihr mich gefunden habt«, sagt er mit verlegenem Lächeln. »In meinem ganzen Leben bin ich nie so gedemütigt worden. Wisst ihr, dass sie ihren Freunden erlaubt hat, mich zu schminken?«
Tatsächlich hat man Balder glitzernde blaue Lidschatten verpasst und seine Lippen sind bemalt.
»Cool«, sagt Gonzo. »Du siehst wie’n Glamrockzwerg aus.«
»Los, schaffen wir dich hier raus, okay?« Ich wickle Balder in einen der Schals ein, und wir gehen auf die Tür zu, als Parker hereinkommt.
»Cameron! Der Cam-man mit der richtigen Antwort. Was treibst du hier?«
»Äh, nichts.«
»Du hast das heut durchgezogen. Gut gemacht! Ist das der Gartenzwerg?« Der Schal ist von Balders Gesicht gerutscht. Parker guckt uns misstrauisch an.
»Was habt ihr vor?«
»Wir … äh … wir sollen ihn zur Bühne bringen«, lüge ich.
»Blödsinn. Ich rufe die Security.« Parker greift nach seinem Handy.
»Okay!«, sage ich. »Du hast uns voll erwischt. Wir wollten nur’n paar Fotos machen. ’n Schulstreich, weißte?«
»Ja. Ich weiß. Ich weiß, dass ihr euch mit
YA!
TV
-Eigentum davonstehlen wollt. Wir brauchen diesen kleinen Kerl für Werbevideos.« Er schnipst mit dem Finger an Balders Nase. Balder zuckt zurück, aber Parker bemerkt es nicht.
»Parker. Bitte. Lass uns nur eben ein paar Fotos mit ihm machen.« Ich fächere die Dollarscheine in meiner Hand auf.
Balders Augen werden riesig.
»Komm schon, Kumpel«, fügt Gonzo hinzu. »Lass uns nicht mit leeren Händen nach Hause gehen. Wir haben da ne Wette laufen.«
Parker setzt sich eine teure Sonnenbrille auf die Nase und überprüft sein Outfit im Spiegel. »Ihr könnt den Gartenzwerg behalten«, sagt er, nimmt die Brille ab und steckt sie in die Tasche. »Unter einer Bedingung.«
»Jede Bedingung. Was auch immer«, sage ich.
Parker zeigt auf Gonzo: »Dein Freund hier macht bei
Doppeltes Risiko
mit.«
Wir sind so was von im Arsch. Balder schließt die Augen. Er weiß, dass sein Schicksal als Transvestit gerade eben besiegelt wurde.
»Er kann nicht, aber ich«, sage ich.
Parker schüttelt den Kopf. Er stochert auf der Platte rum, nimmt sich ein paar Weintrauben und einen Brocken Käse. »Du warst schon auf der Bühne. Übrigens hatten wir noch nie einen Zwerg.«
Ich lege die vierhundert Dollar auf den Tisch.
»Das verdien ich in ner Stunde.«
»Was ist, wenn ich mich eintunken lasse? Du kannst mich wieder in die Show bringen und ich gebe absichtlich die falsche
Weitere Kostenlose Bücher