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Ohne Ende Leben - Roman

Ohne Ende Leben - Roman

Titel: Ohne Ende Leben - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Augenblick kann eine Massenpanik ausbrechen. Ich sehe Dulcie nicht, und ich hoffe, sie ist okay, wo immer sie sein mag. In dem Moment, als die
Copenhagen Interpretation
das Podium betritt, renne ich auf die Seitenbühne. Eine Sekunde lang explodiert die Menge förmlich im manischen Glückswahn. Aber schnell siegt wieder die Angst. Die Leute wissen nicht, ob sie bleiben oder gehen sollen. Einerseits spielt die
Copenhagen Interpretation
. Andererseits sind da dieses Feuer und dieser Himmel.
    Der Dolmetscher tritt ans Mikrofon.
    Murmelmurmelmurrmurrmurmelmurmelmurrmurr.
    Lange Pause.
    »Während unserer Reise haben wir uns durch viele Gleichungen gekämpft – wir haben Mathe gepaukt, um das Universum zu verstehen, um Musik zu machen, um Sterne kartografieren zu können und auch – sehr wichtig! – um Trinkgelder zu geben. Und hier ist unsere Lieblingsgleichung: Wir plus Ihr ist gleich Wir Alle. Das ist sehr simple Mathematik. Versucht’s mal damit. Wahrscheinlich braucht ihr dazu nicht mal einen Stift.«
    »Hey. Hey! Was ist das?«, kreischt ein Mädchen.
    Die Feuerriesen sind da. Sie haben uns komplett eingekreist – eine wütende Armee, die ihren Hunger nach Vernichtung stillen will, nur dass sie niemals satt werden wird und deshalb weiter brandschatzen muss. Meine Kehle wird trocken, wenn ich diese abgrundtiefen schwarzen Augen sehe. Die Menge brüllt, kauert sich zusammen und jeder klammert sich an seinen Nachbarn. Nur die
Copenhagen Interpretation
weicht nicht zurück. Sie halten stand und haben noch etwas zu sagen. Der Dolmetscher übersetzt jedes Wort.
    Murmel. Murmelmurrurrumurrumurrumumurrmurmelmurrururururu.
Pause.
    »Bitte. Wir wissen Bescheid. Das sind schwere Zeiten. Die Welt ist aus den Fugen.
Wir
leben in Furcht und vergessen, die Hoffnung an unsere Seite zu ziehen. Aber die Hoffnung hat
euch
nicht vergessen. Also ladet sie zum Dinner ein. Sie ist wahrscheinlich hungrig und würde sich über die Einladung sehr freuen.«
    Die Feuerriesen werfen die Köpfe zurück und heulen auf Teufel komm raus – von ihrem schrecklichen Kreischen kriege ich eine Gänsehaut. Einige in der Menge schreien vor Angst. Der Dolmetscher muss ins Mikrofon brüllen. »Das Lied heißt
Small World
.« Der Drummer schlägt dieStöcke aufeinander – zwei, drei, vier – und stößt dabei den Calabi Yau von der Lautsprecherbox. Scheiße. Sie spielen, aber ohne die zusätzliche Verstärkung. Das reicht nicht!
    Ich stürze auf die Bühne, die Security hinter mir, aber der Gitarrist versperrt dem Wachmann den Weg. »Hier läuft alles nach Plan«, rufe ich, halte den Calabi Yau mit beiden Händen an die Lautsprecherbox und schiebe ihn an die richtige Stelle. Der Ton, der aus der Box kommt, haut mich fast um. Eine Minute lang fühlt es sich so an, als ob ich wieder im Unendlich-Beschleuniger wäre. Das ist mehr als Musik – das ist was Lebendiges, ein Portal in Dimensionen, über die ich niemals auch nur ansatzweise nachgedacht habe. Die Töne ziehen hoch über unseren Köpfen dahin; ich kann sehen, wie sie dort herumwirbeln. Alles zieht ins schwarze Loch und das Loch verengt sich allmählich. Die Feuerriesen heulen, als sie von den Schallwellen zurückgetrieben werden. Bald darauf lösen sich die Menschen aus ihren ängstlichen Umklammerungen. Sie halten sich an den Händen und fangen an zu singen. Die Feuerriesen werden kleiner. Mit jedem Ton schrumpfen sie, flackern noch schwach und gehen schließlich in Rauch auf, der hinauf in die wirbelnden Wolken gezogen wird. Das Loch ist nur noch so groß wie ein Punkt.
    Auf der Bühne hat die
Copenhagen Interpretation
aufgehört zu spielen. Der Leadsänger schaut nach oben und sagt sieben Worte in Englisch: »Scheiße. Jetzt geht das schon wieder los.«
    Bevor es sich endgültig schließt, werden die Musiker ins Wurmloch gesogen und das Calabi-Yau-Ding gleich mit. Die Wolken zerstreuen sich und eine unheimliche Stille macht sich breit. Die Menschen sind wie betäubt. Als sie spüren, dass ihnen nichts passiert ist und dass wir alle nochhier sind, beginnen sie langsam, Freudenschreie auszustoßen und sich vor Erleichterung zu umarmen. Dann sehen sie die leere Bühne.
    Ich lasse mich in die Menge hinunterfallen, helfe Gonzo auf die Beine, und der stützt Balder.
    »Was war das?«, fragt Gonzo, als er seine Stimme wiedergefunden hat.
    Ich halte nach einer Spur von Regenbogen Ausschau. »Ich denke, wir könnten gerade das Universum gerettet haben.«
    Ich sehe mich nach Dulcie um, aber sie ist

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