Ohne Fleiß kein Reis: Wie ich ein guter Deutscher wurde (German Edition)
Bewerbungsgespräche gestand der Bewerber Renate offen und ehrlich, dass er ein Partydrogist sei und mit allen erdenklichen Chemikalien zu tun habe.
Ich dachte darüber nach, was ich wohl Renate gebeichtet hätte, wenn ich an der Stelle des Hobbychemikers gewesen wäre. Mit Sicherheit wäre Kimchidrogist in die engere Auswahl gekommen, weil ich Schweißausbrüche bekomme und anfange zu zittern, wenn ich nicht regelmäßig meine wöchentliche Dosis Kimchi verabreicht bekomme. Ich gebe zu, dass ich auch goldbärensüchtig bin. Trotz eines kalten Entzugs bin ich bisher immer rückfällig geworden. Ich bin ein vielfältig süchtiger Mensch, von Produkten aus der Industrie und der Natur, die sich aber alle im Rahmen des Legalen bewegen. Da die Wahrheit sowieso eines Tages ans Licht kommt und ich Renate als Menschenkennerin nichts vormachen könnte, hätte ich ihr gesagt, dass ich von allen Süchten am allermeisten sehnsüchtig nach Liebe bin, so wie der mehrheitliche Anteil der koreanischen Männer in Deutschland. Das ist die brutale Wahrheit.
Wir haben es nicht leicht. Die koreanischen Frauen haben sich seit Langem von uns abgewandt. Hollywood hat sich seit Pearl Harbor gegen uns verschworen. Die Bezeichnung Sexsymbol ist uns seitdem zeitlebens vorenthalten. Und zu allem Übel muss Gott seine schlechte Laune gehabt haben, als er mit den koreanischen Männern am grünen Tisch über ihre Zusammenstellung verhandelte.
»Ich werde euch mit Disziplin, Mut und Ausdauer ausrüsten. Damit könnt ihr auch unter extrem schlechten Bedingungen überleben. Dafür werdet ihr minimale anatomische Einbußen hinnehmen müssen. Manche von euch werde ich mit sehr kleinen Körpern ausstatten, manch andere mit einer kleinen Nase, an der man bekanntlich ein anderes Körpermerkmal erkennen kann. Dies aber, sei euch gesagt, ist nur ein Klischee. Klein ist nämlich relativ, und deshalb werde ich es für euch spannend machen. In jedem siebten Ei soll es eine Überraschung geben!«
Schweigend blickte er in die Runde.
»Der Herr sei mit euch!«, mit diesen Schlussworten wandte sich Gott schließlich von den koreanischen Männern ab.
»Und mit deinem Geiste!«, antworteten die koreanischen Männer im Kanon, und es blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als das Angebot Gottes zu akzeptieren.
Bei meinen afrikanischen Brüdern hingegen war Gott in Geberlaune. Er wandte sich ihnen liebevoll zu und sagte: »Die Menschheit wird hässliche Dinge mit euch anstellen. Euer Leidensweg wird dank Sklaverei, Rassismus und Diskriminierung sehr groß sein. Eventuell werdet ihr euch von den Fesseln befreien können. Deshalb werde ich euch mit einem Körperteil ganz besonders segnen, das ich euren koreanischen Brüdern weggenommen habe.«
Wer versteht schon die Launen Gottes. Es hätte jeden von uns treffen können. Wir haben nur einen schlechten Tag erwischt.
Der koreanische Honorarkonsul, ein einheimischer Deutscher, erzählte mir mit einem breiten Grinsen im Gesicht, dass viele koreanische Frauen ihm erzählten, sie wollten keinen Koreaner heiraten, weil sie so machohaft seien. Der Konsul sagte das so genüsslich daher, als wollte er es mir noch einmal unter die Nase reiben mit der Botschaft, dass dies vor allem ihm und seiner Spezies zugute komme.
Das Machohafte kann doch nicht der einzige Anhaltspunkt sein, um unserer biologischen Artenvielfalt so den Garaus zu machen! Warum können Diplomaten nicht diplomatisch sein, wenn es darauf ankommt, fragte ich mich und beruhigte mich damit, der Konsul müsse wohl noch von den bei den deutschen Frauen einst so populären Südländern traumatisiert sein, bevor diese zu Mördern im Namen der Familienehre und zu Terroristen dämonisiert wurden.
Von unseren Landsfrauen und erst recht von den einheimischen Frauen werden wir Koreaner bei der Auswahl gar nicht erst in Betracht gezogen. Wir sind keine Auswahl, wir sind keine zweite oder dritte Wahl, und erst recht keine, die man in die engere Wahl nimmt, und so versauern wir auf der Ersatzbank der Liebe, hoffnungslos auf einen Einsatz wartend.
Doch am Ende des tiefdunklen Liebestunnels sehe ich Licht für uns. Ich habe Hoffnung, dass sich alles zum Guten wenden wird und wir unser Paradies vorfinden werden. Mein Bekannter Jin-young und seine französische Frau Josephine dienen mir als Beweis dafür. Nach dem Studium hat sich Jin-young nach Paris, in die Stadt der Liebe, aufgemacht. An den Champs-Élysées traf Jin-young zufällig auf Josephine. Weil Jin-young sich
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