Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ohne Gewaehr

Ohne Gewaehr

Titel: Ohne Gewaehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renee R. Picard
Vom Netzwerk:
nicht meine Mutter war,
dass sie das gar nichts anging, denn ich wollte mit niemandem darüber sprechen,
außer mit Daniel. Doch die Ärztin wusste ohnehin von meinen früheren
Verletzungen, es hatte also keinen Zweck, ihr etwas vorzumachen.
    »Seit dem Überfall sind Daniel und ich beide
traumatisiert. Er hat das nicht gewollt, es war bloß so eine Kurzschlusshandlung«,
versuchte ich zu erklären.
    »Miss Walles, ich habe bei Ihnen erst vor kurzem schwere
Verletzungen festgestellt, die alle vor dem Überfall entstanden sind. Da hatte
Mr. Stone noch keinen Grund zu irgendeiner Kurzschlussreaktion, nicht wahr? Die
Hämatome an Ihren Armen und am Oberkörper sind deutlich ausgeprägt, die entstehen
nicht mal kurz aus Versehen. Sagen Sie mir ehrlich, misshandelt Sie Mr. Stone?«
    »Nein!« Ich war erschrocken über diese Unterstellung. »Es
ist alles meine Schuld. Er wollte eigentlich gehen, aber dann haben wir uns doch
geliebt, dabei ist es einfach passiert. Daniel hat kurz die Kontrolle verloren
und ist aus Versehen mit dem Knie gegen mich gestoßen. Aber es tut kaum weh.«
    Dr. Sanders sah mich nun völlig fassungslos an. »Sie
hatten Geschlechtsverkehr mit Mr. Stone, obwohl Sie sich ausruhen sollten? Und
obwohl Sie sowohl eine Gehirnerschütterung als auch eine Schusswunde haben und zudem
frisch operiert wurden? Wollen Sie sich umbringen? Sagen Sie es mir ruhig, dann
kann ich mir nämlich die Mühe einer weiteren Behandlung ersparen und mich um die
Patienten kümmern, die wirklich gesund werden wollen und sich an ärztliche
Anweisungen halten.«
    Mir standen schon wieder die Tränen in den Augen. Ich
kam mir nackt vor, schmutzig und dumm. Natürlich hatte Dr. Sanders recht, ich
sollte mich schonen aber stattdessen konnten wir die Finger nicht voneinander
lassen. Daniels bloße Anwesenheit setzte mich unter Strom und weckte in mir das
Bedürfnis, ihn zu spüren, zu riechen und zu schmecken. War das normal oder
drehten wir beide durch?
    Etwas ruhiger sagte Dr. Sanders zu mir: »Sie sind ja
völlig durcheinander. Sie sehen mitgenommen aus, viel kränklicher als bei
unserem letzten Aufeinandertreffen. Ich möchte Sie gern wieder hier einweisen.«
    Mein Gesichts musste den Schock widerspiegeln, den ihre
Worte in mir auslösten. Schnell fügte sie hinzu: »Wenigstens für ein oder zwei
Nächte. Sie brauchen dringend Schlaf und Erholung. In Ihrer jetzigen Umgebung
finden Sie die ja offensichtlich nicht.«
    »Und was ist mit Daniel?«, fragte ich tonlos.
    Dr. Sanders seufzte. »Bei Ihrer ersten Einlieferung
habe ich ausnahmsweise von einer Anzeige wegen körperlicher Gewalt abgesehen.
Aber nun kann ich nicht mehr einfach wegsehen. Egal ob Sie zustimmen oder
nicht, diesmal werde ich ihn anzeigen. Das müssen wir schon aufgrund unserer
Dienstverträge.«
    »Er wollte mir doch gar nicht wehtun, er leidet
darunter genau wie ich! Es war alles nur ein Versehen, wenn ich ihn nicht
überredet hätte, dann wäre das alles doch gar nicht passiert! Sie verstehen
doch, dass er für diese Handlungen nicht verantwortlich ist? Bitte! Sie können
ihn doch nicht dafür bestrafen, dass er krank ist«, flehte ich sie an.
    »Das ist kein Grund. Viele misshandelte Frauen
behaupten, dass ihr Partner sie liebt, dass die Verletzungen nur im Affekt
zugefügt wurden oder durch einen Unfall zustande kamen. Manchmal mag das sogar
stimmen, aber wenn sich der Partner nicht unter Kontrolle hat, dann wird das immer
wieder passieren. Bis Sie irgendwann einmal nicht nur Blutergüsse davontragen.«
    Ich holte tief Luft und begann der Ärztin von Daniels
Therapie zu erzählen, von unserem gemeinsamen Besuch bei seinem Psychotherapeuten,
von Konstantins Festnahme und unserem gestrigen Streit. Alles brach aus mir
heraus und Tränen liefen über mein Gesicht. »Sehen Sie, er bemüht sich so sehr,
seine Probleme in den Griff zu bekommen. Wenn Sie ihm..., wenn wir ihm nur
etwas mehr Zeit geben, dann kann er es schaffen. Ich bin mir ganz sicher.« Ich
zitterte am ganzen Körper.
    Die Ärztin schüttelte den Kopf und sah mich mit
bedauerndem Blick an. »Ich bin keine Psychologin, aber nachdem, was Sie mir
eben berichtet haben, würde ich Ihnen dringend zu umfassender psychologischer
Betreuung raten. Es klingt ganz und gar nicht gesund, was Sie mir über Ihr
Verhältnis mit Mr. Stone berichten – und Sie haben auch keine Unterstützung
durch Ihre Familie mehr. Was ist, wenn Ihnen noch einmal etwas zustößt? Wenn Mr.
Stone wieder die Kontrolle verliert, und dann

Weitere Kostenlose Bücher