Ohne Gewaehr
ich auf gar keinen Fall bei
diesen Recherchen überrascht werden. Es kostete mich einige Überwindung,
nochmals nach den Videos zu fahnden und für einen Moment beschlichen mich leise
Bedenken, solche Dokumente überhaupt mit einem Computer des Unternehmens zu
öffnen. Was wusste ich schon über das Firmennetzwerk? Es war immerhin nicht
ausgeschlossen, dass jemand die Internetaktivitäten aller Mitarbeiter überwachte
und im Zweifelsfall vielleicht sogar Daniel über verdächtige Handlungen in
Kenntnis setzte.
Aber dann gab ich mir einen Ruck. Wann, wenn nicht
heute konnte ich dieses Programm benutzen? Wenn erst Phyllis und Martha wieder
im Büro waren, konnte ich nicht einfach meine Tür abschließen, ohne ihr Aufsehen
zu erregen.
Also gab ich Daniels Namen nochmals in die Suchmaske
ein, fand zu meiner grenzenlosen Überraschung aber an erster Stelle der
Ergebnisliste nicht länger eines der Sexvideos sondern ein Foto von uns beiden
zusammen mit einem Artikel, in dem unsere Verlobung bekannt gegeben wurde. Wer
hatte diese Nachricht an die Presse lanciert? Und wie kam es, dass diese
Nebensächlichkeit ein solch großes öffentliches Interesse weckte, dass sie
derart prominent dargestellt wurde? Eine Gänsehaut überzog meinen Unterarm,
während ich die Suchergebnisse durchforstete.
Die Filme waren natürlich nicht verschwunden, sondern
fanden sich gleich unterhalb des Artikels wieder. Wahllos klickte ich darauf
und wartete, dass die Datei heruntergeladen wurde. Plötzlich erschien ein
dicker roter Balken auf meinem Bildschirm, aus dem Lautsprecher des Computers
drang ein hässliches Geräusch.
Zugang verweigert.
Seiteninhalte sind gesperrt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an den Administrator.
Ich seufzte leise. Hoffentlich triggerte mein Versuch
keine Warnmeldung bei besagtem Administrator, denn den würde ich auf gar keinen
Fall anrufen.
Schließlich vertagte ich die Untersuchungen auf einen
späteren Zeitpunkt. Vielleicht fiel mir ein Weg ein, die Schwierigkeiten zu
umgehen, denn diese Aufgabe reizte mich schon ein wenig. Allerdings tappte ich
vollkommen im Dunkeln, wenn ich mir Daniels Reaktion auf meine Nachforschungen
ausmalte. Von einem Heiterkeitsausbruch bis zu einem Wutanfall war so ziemlich
alles vorstellbar.
Den Rest meiner Zeit verbrachte ich damit, die
hunderten Einladungen und Termine zu sortieren, einzuordnen und einen Kalender
zu erstellen. Bevor ich jedoch irgendetwas zusagte, würde ich erst mit Daniel
sprechen müssen. Und der hatte deutlich genug klargestellt, wie wenig er von
solchen Ereignissen hielt.
Um zwei Uhr hatte ich meinen Termin bei Dr. Sanders.
Mr. Burton fuhr mich in die Klinik und begleitete mich bis zu ihrer Praxis,
wartete aber vor der Tür. »Gehen Sie sich ruhig einen Kaffee holen, das kann
etwas länger dauern«, bot ich ihm lächelnd an, doch er lehnte bestimmt ab. Nach
meinem gestrigen Ausflug hatte er sicher Angst, seinen neuen Job auch gleich
wieder zu verlieren, wenn mir hier etwas zustieß.
»Miss Walles, schön Sie wiederzusehen!«, begrüßte mich
die Ärztin freundlich und bat mich, Platz zu nehmen.
»Sie sehen müde aus. Haben Sie nicht gut geschlafen?«
Ihr entging wirklich nichts. Ich schüttelte verlegen den Kopf. »Nein, ich schlafe
schlecht, seit dem Unfall« Das was zwar nicht die volle Wahrheit, aber auch
nicht gelogen.
»Haben Sie jemanden, der sich zu Hause um Sie kümmert?«,
Dr. Sanders schien besorgt zu sein. Ich erklärte ihr, dass Daniel viel arbeiten
musste, aber alles bestens für mich organisierte.
Dann bat die Ärztin mich, meinen Oberkörper frei zu
machen, damit sie meine Narbe untersuchen konnte. Ich zog mein Shirt bis über
den BH nach oben, sodass die Wunde klar zu sehen war. Zum Glück verdeckte das
Shirt alle blauen Flecken bis auf einen einzigen Bluterguss.
»Miss Walles, wenn es Ihnen nichts ausmacht, ziehen Sie
bitte das Shirt ganz aus. Das hier wird etwas länger dauern, ich muss die
Verbände entfernen und die Wunde noch einmal säubern.«
Langsam zog ich das Shirt über den Kopf und legte es hinter
mich auf die Stuhllehne. Dr. Sanders hob den Kopf und ihre Bewegung erstarrte,
als ihr Blick auf meine Oberarme fiel. Sie stand auf und lehnte sich mir
gegenüber an den Behandlungstisch.
»Wann wollten Sie mir davon berichten?«, fragte sie
geradeheraus. Ich zuckte mit den Schultern, sah unsicher auf den Boden.
»Dies sind frische Blutergüsse, weniger als einen Tag
alt. Was ist passiert?«
Ich wollte ihr sagen, dass sie
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