Ohne jede Spur
müssten dort Spuren zu sehen sein.»
«Zwei Männer?», schlug Marge vor.
«Doppelt so viel Lärm, doppelt so hohes Risiko, erwischt zu werden.»
«Wie also stellen Sie sich den Ablauf vor?»
«Ich weiß nicht», antwortete D. D. «Aber es könnte doch auch sein, dass sie nicht hier in diesem Zimmergetötet worden ist. Vielleicht war sie unten, saß auf dem Sofa und schaute fern, als es an der Tür klingelte. Oder ihr Mann kam nach Hause zurück …» Sie dachte nach und ließ sich die verschiedenen Szenarien durch den Kopf gehen. «Er hat sie woanders umgebracht, ist zurückgekommen, um die Steppdecke zu holen, und hat dabei die Lampe vom Nachttisch gerissen.»
«Das hieße, wir hätten den eigentlichen Tatort noch nicht gefunden», murmelte Miller und legte die Stirn in Falten. Er glaubte, seine Hausaufgaben gemacht zu haben, und konnte sich nicht erklären, warum keine klareren Indizien entdeckt worden waren.
Alle vier sahen einander an.
«Ich tippe auf den Keller», sagte D. D. «Schlimme Dinge scheinen doch immer im Keller zu passieren. Wollen wir mal nachsehen?»
Sie gingen über die Treppe zurück ins Erdgeschoss und kamen an dem Zimmer vorbei, wo ein uniformierter Kollege in der offenen Tür stand und immer noch auf Jason Jones und seine schlafende Tochter achtgab. Jones blickte auf, als sie durch den Flur gingen, und D. D. sah für einen kurzen Moment seine braunen Augen auf sich gerichtet. Miller hatte schon die Kellertür geöffnet, hinter der tückische Holzstufen in ein muffiges Souterrain hinabführten, das von vier nackten Glühbirnen spärlich beleuchtet wurde. Vorsichtig stiegen sie nach unten. Denn es kam häufiger vor, als man dachte, dass Polizisten im Dienst Treppen hinunterstürzten und sich die Knochen brachen. Blamabel.
Unten angekommen, blickte D. D. in ein typisch schäbiges Kellerloch mit gemauertem Fundament und aufgesprungenem Estrich. Vor ihnen standen eine elfenbeinfarbene Waschmaschine samt Trockner, ein alter Beistelltisch mit einem Wäschekorb aus Plastik und einem Paket Waschmittel darauf. Des Weiteren: der allgegenwärtige Stapel ramponierter Gartenstühle, Umzugskartons und ausrangierte Babymöbel. Gleich neben der Treppe befand sich ein Kunststoffregal voll von dem, was in der Speisekammer offenbar keinen Platz mehr hatte. Cornflakes, Konservendosen, Cracker, Nudeln, Suppen, das Übliche halt.
Der Keller war staubig, aber aufgeräumt und mit einer Freifläche in der Mitte, die groß genug war, um mit dem veilchenblauen Dreirädchen, das neben den Stufen zur Gartentür parkte, darauf im Kreis zu radeln.
D. D. ging auf die Gartentür zu. In der rechten oberen Ecke hatte eine Spinne ihr Netz gebaut, und auf der dunklen Klinke lag eine dicke Staubschicht. Diese Tür war mit Sicherheit seit längerem nicht geöffnet worden. D. D. zweifelte an ihrer Vermutung. Warum jemanden im Keller töten und dann nach oben bugsieren? Warum die Leiche nicht in der Nacht durch die Gartentür nach draußen schaffen?
Nick und Marge leuchteten mit Taschenlampen den Boden ab, während Miller abwartend am Rand stand, die Hände in den Taschen vergraben. Er hatte sich hier bereits umgesehen und schien zuversichtlich, dass seine schon vor Stunden gezogenen Schlussfolgerungen bestätigt werden würden.
Es dauerte nicht lange, und D. D. war bereit, ihm recht zu geben. Der Keller erinnerte sie an die Küche; er war weder dreckig noch sauber. Genau richtig für eine dreiköpfige Familie.
Ohne sich irgendetwas davon zu versprechen, warf sie einen Blick in die Waschmaschine. Und plötzlich stockte ihr der Atem.
«Ach du Scheiße», sagte sie mit Blick durch den geöffneten Deckel des Topladers, in dem eine blau-grüne Steppdecke steckte.
Miller kam zu ihr, gefolgt von den Kollegen der Spurensicherung. «Ist das …? Ich glaub’s nicht. Den beiden Trotteln, die sich als Erste den Keller vorgenommen haben, werd ich was pfeifen.»
«Hey, ist das nicht die Steppdecke?», fragte Nick reichlich dämlich.
Marge hatte sich schon über die Maschine gebeugt und zog die Decke daraus hervor, sorgsam darauf bedacht, dass sie nicht auseinanderfiel und den Boden berührte.
«Hat er die etwa gewaschen?», dachte D. D. laut. «Der Gatte wäscht die Decke, hat aber keine Zeit, sie zu trocknen, weil er die Polizei anrufen muss? Oder wurde sie von der Frau gewaschen, und wir jagen seit ein paar Stunden einem Indiz hinterher, das gar keines ist?»
Vorsichtig breitete Marge die
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