Ohne jede Spur
einer schweren Tür zu hören, die kurz darauf ins Schloss krachte.
Dann klimperten Schlüssel. Wayne eilte mit langen Schritten zum Parkplatz. D. D. schloss die Augen und überlegte. «Mist», sagte sie schließlich. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Richter erlauben würde, dass wir sämtliche Computer in der Redaktion in Beschlag nehmen.»
«Nicht nötig.»
«Nicht nötig?»
«Ethan verfolgt zurzeit die Abläufe des Computers mit dem iPhone seiner Mutter. Sobald sich jemand einloggt, sieht er die jeweilige E-Mail -Adresse. Das heißt, wenn wir in der Redaktion sind, ist schnell festzustellen, wer diese Adresse nutzt. Der oder die sitzt vor dem Computer, den wir suchen.» Er fluchte. «Augenblick. Ich bin jetzt an meinem Auto.»
D. D. hörte eine Tür aufgehen und zuschlagen. Sie war vom Stuhl aufgesprungen und schnappte sich ihre Jacke. Es galt jetzt, auf die Schnelle einen richterlichen Beschluss zu beschaffen. Sie musste sich eine gute Begründung einfallen lassen und herausfinden, welcher Richter um diese Zeit zu erreichen war.
«So», meldete sich Wayne zurück. «Ich hole jetzt Ethan ab. Besorgen Sie sich diesen Wisch. Wir treffen uns dann in der Redaktion.»
«Nein, ich hole Ethan ab», korrigierte sie und stürzte aus ihrem Büro. «Miller besorgt den Wisch. Sie bleiben auf Abstand.»
«Aber –»
«Sie dürfen mit dem Zeugen nicht allein sein, und erst recht nicht in der Nähe des gesuchten Computers. Interessenkonflikt, Beweismittelfälschung, Zeugenbeeinflussung. Soll ich fortfahren?»
«Verdammt nochmal!», platzte es aus Wayne heraus. «Ich habe mit der Sache nichts zu tun. Wer hat Sie denn angerufen? Das war ich, schon vergessen? Und außerdem geht es hier um meinen Neffen. Der Junge macht sich vor Angst in die Hose.»
«Versichern Sie mir, dass Sie mit Sandra Jones nicht geschlafen haben», entgegnete D. D. ruhig.
«Papperlapapp. Ich bin schon im Wagen. Lassen Sie wenigstens zu, dass ich Ethan begleite. Herrje, er ist erst dreizehn. Ein kleiner Junge.»
«Ausgeschlossen.»
«Aber meine Schwester darf ich wohl noch besuchen, oder?»
«Unterstehen Sie sich!», sagte D. D. und hörte, dass Wayne den Schlüssel im Zündschloss drehte. Es machte klick.
«Scheiße, nein!»
, brüllte er.
Ein ohrenbetäubender Lärm war zu hören.
D. D. ließ vor Schreck das Handy fallen. Sie stand wieangewurzelt da, schlug die Hand vors schmerzende Ohr und schrie, er solle raus aus dem Wagen, raus. Aber dafür war es zu spät.
Kollegen eilten herbei. Jemand forderte sie auf, sich hinzusetzen. Dann meldete sich der erste ihrer Pager.
Anschlag auf Polizeibeamten. Wagen explodiert.
Ethan
, dachte sie.
Der Junge musste dringend in Sicherheit gebracht werden. Bevor Jason Jones ihn zu fassen bekam.
Aidan Brewster bettelte nicht.
Oder vielleicht einmal doch. Er hatte nicht vor zu kämpfen, wollte nicht um sein Leben feilschen oder darauf abheben, dass er doch noch jung sei und jede Menge Potenzial in ihm steckte. Ach, könnte er doch wieder an einem Motor herumschrauben, mit ölverschmierten Händen zupacken …
Doch er war es leid, Angst zu haben und gejagt zu sein. Vor allem aber war er es leid, ein Mädchen zu vermissen, in das er sich nie hätte verlieben dürfen.
Also rührte er sich nicht. Er stand neben dem geblümten Sofa; seine Hand lag auf einem der gehäkelten Polsterschoner von Mrs H.
Die Pistole zielte auf seinen Unterleib.
Adieu, liebes Leid
, sagte Aidan im Stillen.
Er dachte an Rachel. Sie lächelte in seiner Vorstellung, streckte die Arme nach ihm aus. Er ergriff ihre Hände, und sie weinte nicht.
Der Schuss krachte.
Aidan stürzte zu Boden.
Zu sterben dauerte länger als gedacht. Das machte ihn wütend. Er wälzte sich auf den Bauch und versuchte, zum Telefon zu kriechen.
Der zweite Schuss traf ihn in den Rücken zwischen den Schulterblättern.
Das war’s dann wohl
, dachte Aidan. Er bewegte sich nicht mehr.
Jason löschte die Taschenlampe. Er nahm die Metallkassette – vielleicht konnte sie wenigstens noch als Waffe dienen – und schlich zur Luke. Das Licht im Flur warf einen hellen Fleck über den Boden des Schlafzimmers. Er setzte den linken Fuß auf die obere Sprosse, dann den rechten. Die Leiter knarrte und wackelte.
Scheiß drauf. Er rutschte die Holme entlang nach unten, landete mit lautem Aufprall und wälzte sich ins dunkle Schlafzimmer. Schnell war er wieder auf den Beinen, entschlossen, das Leben seiner Tochter mit
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