Ohne jede Spur
verteilte drei Löffel und zog sich diskret zurück.
Jason und Ree machten sich über das Eis her. Ich sah ihnen zu. Mein Magen rebellierte, und ich fühlte mich wie eine zum Tode verurteilte Frau, die aufs Schafott steigt und ihren Kopf unters Fallbeil legt.
Jason ließ ein Taxi rufen, das uns zum Hotel zurückbringen sollte. Ree nervte, was wohl der späten Stunde und ihrer Überzuckerung durch das pappsüße Eis geschuldet war. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten. Die drei Gläser waren mir zu Kopf gestiegen.
Mir schien, dass Jason auch nicht mehr ganz auf der Höhe war, als er die Taxitür öffnete und Ree auf die Rückbank half. Aber vielleicht irrte ich mich. Er ist ein Muster an Selbstbeherrschung, und ich kann mir kaum vorstellen, dass ihn zwei Gläser Champagner aus der Fassung bringen.
Wir ließen uns am Hotel absetzen und schafften es, unsere Suite zu finden. Ich zog Ree aus und streifte ihr das Ariel-Nachthemd über. Ein Zimmermädchen hatte das Sofa in ein Bett verwandelt und bezogen. Auf einem der insgesamt vier weißen Kissen lagen zwei in Goldfolie gepackte Schokoladenstücke, die sich Ree zu Gemüte führte, während ich nach ihrer Zahnbürste suchte. Sie war trickreich genug, die Goldfolie unterm Kissen verschwinden zu lassen, verriet sich aber durch Schokoladenschmiere rings um den Mund.
Ich scheuchte sie ins Badezimmer, damit sie sich das
Gesicht wusch, die Zähne putzte und die Haare kämmte. Sie nörgelte, maulte und war patzig. Ich packte sie mitsamt Lil’ Bunny ins Bett, las ihr aus zwei der zwölf mitgebrachten Bücher vor, bis ihr die Augen zufielen.
Ich dimmte das Licht, schlich aus dem Zimmer und ließ die Tür einen Spaltbreit offen stehen. Sie gab keinen Mucks von sich, was ich als gutes Zeichen auffasste.
Jason lag ausgestreckt auf dem Bett. Er hatte die Schuhe ausgezogen und das Jackett über einen Stuhl geworfen. Er hatte ferngesehen und schaltete den Apparat aus, als ich ins Zimmer kam.
«Wie geht’s ihr?», sagte er.
«Sie ist müde.»
«Sie hat wacker durchgehalten heute Abend.»
«Ja.»
«Wie war’s für dich?»
«Schön.» Ich ging aufs Bett zu, fühlte mich befangen und wusste nicht, was ich tun sollte. Was erwartete er von mir? Der Champagner hatte mich müde gemacht. Aber als ich dann meinen Mann mit seinen langen Beinen und dem schlanken, kräftigen Oberkörper auf der edlen Tagesdecke ausgestreckt sah, war das, was ich empfand, alles andere als Erschöpfung. Und weil ich mich nicht zu verhalten wusste, stand ich einfach nur da und knetete meine Hände.
«Setz dich», sagte er. «Ich ziehe dir die Stiefel aus.»
Ich setzte mich auf die Bettkante. Er stand auf, kniete vor mir nieder, ergriff den rechten Stiefel und zog vorsichtig den Reißverschluss auf. Er zog ihn mir vom Fuß und nahm den linken zur Hand.
Ich legte mich auf den Rücken und spürte seine Finger über die Waden streichen, als er mir die Strümpfe abstreifte, wobei er zuerst die eine, dann die andere Ferse in die Hand nahm. Hatte er je zuvor meine Beine berührt? Vielleicht, als ich im neunten Monat schwanger gewesen war und meine eigenen Füße nicht mehr hatte sehen können. Ich schwöre, dass ich damals keine ähnliche Empfindung hatte, denn daran hätte ich mich erinnert.
Die Strümpfe waren ausgezogen, seine Finger aber blieben auf meiner Haut. Er fuhr mir mit dem Daumen über die Seite des Fußgewölbes. Ich zuckte unwillkürlich zusammen, doch er hielt meinen Fuß fest. Dann kam auch seine zweite Hand ins Spiel und tat mir so gut, dass sich mein Rücken wie von selbst durchbeugte und mir kleine Seufzlaute entfuhren, als er mir die müden Füße massierte. Zuerst den rechten, dann den linken. Und dann massierte er mir auch die Waden, fand kleine Knötchen darin und knetete sie weg. Ich spürte seinen Atem auf der Kniescheibe, den Hauch aus seinem Mund, als er die Innenseite meines Schenkels streifte. Ich war aufgewühlt und wagte mich nicht zu regen aus Angst, der Rausch könne abklingen.
Wenn ich die Augen öffnete, wäre er womöglich verschwunden und ich allein. Wenn ich seinen Namen sagte, würde er sich womöglich besinnen und nach unten zu seinem verdammten Computer eilen. Nein, ich durfte mich nicht rühren, nicht reagieren.
Und doch gerieten meine Hüften in Bewegung. Ich spürte jede seiner Berührungen überdeutlich, das Kitzeln seiner Haare, die seidige Glätte seiner frisch rasierten Wangen.
Der Champagner wärmte mir den Bauch. Seine Hände wärmten meine
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