Ohne jede Spur
Zähnen und Klauen zu verteidigen.
Aber stattdessen sah er seine Frau vor sich stehen.
35. Kapitel
«Ich verstehe das nicht», stammelte er.
«Natürlich nicht.»
«Du lebst! Wo bist du gewesen?»
Sie nahm ihm die Taschenlampe aus der Hand. Erst jetzt bemerkte er, dass er mit ihr zum Schlag ausgeholt hatte und seine Frau bedrohte, die, wie von den Toten auferstanden, vor ihm stand.
Sie trug Schwarz. Schwarze Hose, schwarzes Hemd, billig und schlecht sitzend. Er kannte diesen Aufzug nicht an ihr. Jetzt fiel ihm auf, dass eine schwarze Baseballkappe auf dem Bett lag. Die perfekte Verkleidung für nächtliche Raubzüge.
«Ich habe die Nachrichten gesehen», sagte sie leise.
Jason starrte sie an.
«Mein Vater behauptet, ihm stünde das Sorgerecht für Ree zu. Als ich das hörte, war mir klar, dass ich zurückkehren muss.»
«Er stellt dich als Lügnerin dar», murmelte Jason. «Deine Mutter, sagt er, sei eine tadellose Frau gewesen. Er selbst habe sich allenfalls vorzuwerfen, dass er seine Frau mehr geliebt habe als dich.»
«Er behauptet
was
?», fragte Sandra in scharfem Ton.
«Dass du gestört bist, alkoholsüchtig, promisk und wahrscheinlich mehr als eine Abtreibung hattest.»
Sie schwieg und wurde rot.
«Er sagt, du wärst eifersüchtig auf deine Mutter gewesen und später dann wütend über ihren frühen Tod. Darum bist du damals davongelaufen, vor ihm … so wie du mir davongelaufen bist. Du hast uns verlassen.» Es überraschte ihn selbst, wie verletzt er war, erst jetzt, da er diese Worte laut aussprach. «Du hast mich und Ree im Stich gelassen.»
«Das wollte ich nicht», entgegnete Sandy. «Du musst mir glauben. Es ist etwas Schlimmes passiert. Dieser Mann will mich umbringen. Ich wusste nicht, was ich machen soll. Mir schien es das Beste zu sein, für eine Weile zu verschwinden.»
«Was soll das? Von wem sprichst du?»
«Pst.» Sie ergriff seine Hände, was ihn zusammenzucken ließ. Er wusste nicht zu unterscheiden, ob er ihre Berührung schön fand oder abstoßend. Er hatte sich nach ihr gesehnt, den Himmel verzweifelt angefleht, dass sie zurückkommen möge. Und jetzt hätte er ihr am liebsten die Finger um den weißen Hals gelegt und ihr so wehgetan, wie sie ihm mit ihrem Verschwinden wehgetan hatte.
Es schien, dass sie ahnte, was in ihm vorging, denn sie hielt seine Hände nun fest umklammert und drängte ihn ans Bett. Sie nahmen auf dem Matratzenrand Platz. Ihm schwirrte der Kopf.
«Jason, ich habe Mist gebaut.»
«Bist du schwanger?», fragte er.
«Ja.»
«Von mir?»
«Ja.»
«Seit … unserem Familienurlaub?»
«Ja.»
Er atmete tief durch, ließ die Schultern hängen und konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Er löste sich von ihrem Griff, um sie zu berühren. Davon hatte er geträumt, seit er wusste, dass sie schwanger war.
Er fuhr mit seinen Fingern über ihren flachen Bauch und suchte nach einer Bestätigung für das kleine Wunder, das in ihm steckte und, zumindest, was ihn betraf, aus Liebe entstanden war.
«Man fühlt ja noch nichts», murmelte er.
«Liebling, ich bin erst in der vierten Woche.»
Er betrachtete ihr Gesicht, sah übernächtigte Augen, glaubte erkennen zu können, dass sie abgenommen hatte, und bemerkte die Überreste eines Blutergusses über der rechten Schläfe. Ihre Oberlippe war geschwollen und aufgeplatzt. Er spürte, dass sich seine Hände selbständig gemacht hatten, vom Bauch zu den Hüften, hinauf zu den Schultern und über Arme und Beine wanderten. Er befühlte alles, um sich zu vergewissern, dass nichts fehlte. Dass sie wohlauf war.
«Ich musste von den Cops erfahren, dass du schwanger bist, von der Sergeantin, die mich am liebsten hängen sehen würde.»
«Tut mir leid.»
Er legte nach. «Wenn Sie mich verhaftet hätte, wäreRee jetzt in der Fürsorge des Staates. Man hätte sie fremden Leuten zur Pflege anvertraut.»
«Das hätte ich nicht zugelassen. Jason, bitte glaub mir. Ich bin nicht zum Spaß untergetaucht, wusste aber wenigstens, dass Ree bei dir gut aufgehoben ist. Du bist die stärkste Person, die ich kenne. Wenn ich davon nicht überzeugt wäre, hätte ich nicht getan, wozu ich mich gezwungen sah.»
«Mich in Verdacht zu bringen, meine schwangere Frau umgebracht zu haben?»
Sie lächelte matt. «So ungefähr.»
«Verachtest du mich dermaßen?», flüsterte er.
«Nein.»
«Ist dir unser kleines Familienleben unerträglich?»
«Nein.»
«Liebst du den anderen mehr als mich?»
Sie zögerte, was ihm einen
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