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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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nicht davonlaufen konnte.
    Doch einer der Hofräte fürchtete, ein solcher Frevel könnte einen Fluch über das Königreich bringen, und so half er dem Mädchen in der Nacht vor der Hochzeit, in den verzauberten Wald zu fliehen. Am Morgen der Hochzeit sah der König, dass seine Tochter fort war. Den Hofrat ließ er hinrichten, dann schickte er seine Soldaten in den Wald, um seine Tochter zu suchen.
    Das Mädchen war sicher, man würde es finden. Es flehte den verzauberten Wald um Hilfe an. Ein Pilz erhörte ihre Bitte. Wenn die Prinzessin versprach, den Wald zu hüten, würde der Pilz ihr helfen. Doch es gab eine Bedingung. Sie durfte nie wieder mit Menschen verkehren und musste ganz der Natur gehören. Die Prinzessin willigte ein, und der Pilz pustete ihr magische Sporen ins Gesicht, die sie in einen hässlichen Troll verwandelten. Als die Soldaten des Königs sie hinter einem Felsen fanden, wichen sie zurück und suchten an einer anderen Stelle.
    Die Trollprinzessin lebte viele Jahre lang im Wald und freundete sich mit den Vögeln und den Wölfen und den Bären an. In dieser Zeit ging das Reich ihres Vaters zugrunde. Der König war über die Suche nach seiner Tochter verrückt geworden. Als die Burg schließlich verfallen und die Schatzkammer leer war, hatte der verrückte alte König keine Diener mehr, die ihm gehorchten, und keine Untertanen, über die er herrschen konnte. Er machte sich auf in den Wald, um seine Tochter selbst zu suchen. Monatelang kroch er durch Moos und kaute nur Baumrinde, und schließlich brach der König zusammen. Er war an der Schwelle des Todes.
    Die Vögel trugen der Trollprinzessin zu, wie es um ihren Vater stand. Sie ging zu ihm, wagte es aber nicht, ihm zu nahe zu kommen. Als der König zwischen den Bäumen die gelben Trollaugen sah, bat er den Troll, ihn zu begraben, damit sein Körper nicht von Raben zerhackt wurde und damit er wenigstens im Tod wieder Frieden fand. Die Trollprinzessin hatte ein reines Herz. Sie erinnerte sich an die Liebe, die sie für ihren Vater empfunden hatte, und dachte, sie müsse ihm seinen letzten Wunsch erfüllen. Doch als sie nickte, brach sie damit ihr Versprechen, und sie verwandelte sich wieder in die Prinzessin, noch schöner als je zuvor.
    Als der kranke König seine Tochter sah, fand er neue Kraft. Er rappelte sich auf und jagte sie durch den Wald. Die Prinzessin schrie um Hilfe. Sofort kamen die Wölfe und die Raben und die Bären und rissen den König in Stücke, und jeder nahm einen Teil von ihm mit in eine ferne Ecke des Waldes und tat sich daran gütlich.
    Danach sagte die Prinzessin ihren Freunden im Wald traurig Lebewohl und kehrte zurück ins Schloss. Die Ordnung wurde wiederhergestellt. Die Prinzessin heiratete einen schönen Prinzen. Zur Hochzeit kamen die Bären und die Wölfe, und auf dem Dach des Schlosses tummelten sich die Vögel. Der verzauberte Wald färbte zur Feier des Tages seine Blätter golden.
    Das Königreich fand zu seiner alten Größe zurück, und die neue Königin herrschte gerecht über das Land und lebte glücklich bis an ihr Ende.

I CH ENTSCHULDIGTE MICH und ging in die Bordküche hinten im Flugzeug. In Schweden war ich die ganze Zeit gefasst gewesen und hatte sämtliche Gefühle ausgeblendet. Ich hatte mich nur darauf konzentriert, Tatsachen zusammenzutragen und sie meiner Mum im Krankenhaus zu präsentieren. Aber als ich diese Geschichte las, musste ich mir meine Mum vorstellen, wie sie auf meinem Bett saß und die Finger auf den Seiten ruhen ließ, bevor sie weiterblätterte, ohne sie vorzulesen, aus Angst, sie könnte ihre Gefühle nicht verbergen, aus Angst, ich könnte eine Frage stellen oder die Traurigkeit in ihr erkennen, die sie so lange verborgen hatte, nicht nur vor uns, sondern auch vor sich selbst. Ich hätte diese Geschichten schon viel früher selbst lesen sollen und fragte mich jetzt, ob meine Mum das insgeheim gehofft hatte. Sie hätte das Buch leicht wegwerfen können, aber sie hatte es behalten und immer wieder zu dieser Sammlung gegriffen. Während sie damit gezeigt hatte, wie wichtig es war, hatte sie gleichzeitig verschwiegen, warum. Ich dachte daran, wie wir uns immer mit dem anderen gefreut und geglaubt hatten, dadurch würde unser Glück noch heller und länger strahlen, doch man kann auch Traurigkeit teilen, und vielleicht brennt ihre Flamme dadurch nicht so lange und nicht so grell. Wenn das stimmte, war es wenigstens etwas, das ich geben konnte.
    Mark holte uns vom Flughafen ab. Ich

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