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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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hätte damit zu tun?«
    »Ja.«
    »Was hat er gesagt?«
    Er hat gar nichts gesagt. Ich habe dagesessen, und er hat mich nur angestarrt. Völlig ausdruckslos. Es war meine Schuld. Ich hatte die Geschichte falsch erzählt. Ich hatte mit meinen Schlussfolgerungen angefangen und alles kurz zusammengefasst, ohne Einzelheiten oder den Kontext. Aus diesem Fehler habe ich gelernt, deshalb habe ich es dir so ausführlich erzählt, habe mit dem Anfang angefangen, mit meiner Ankunft in Schweden, bin die Ereignisse chronologisch durchgegangen und habe nicht vorgegriffen, obwohl du schnelle Antworten wolltest.
    Während ich geredet hatte, war der blonde Butler hereingekommen. Er stand hinter mir, irgendwie hatte Norling ihn gerufen, vielleicht mit einem Alarmknopf, er hatte nämlich kein Wort gesagt. Ich fragte, ob ich mal ins Bad dürfe, erst schüchtern wie ein Schulmädchen, das seinen Lehrer um Erlaubnis fragt, dann bestimmter – ich musste mal aufs Klo, das konnten sie mir nicht verweigern. Norling stand auf und erlaubte es mir, das waren seine ersten Worte nach meinen Vorwürfen. Er bat den Haushälter mit einer Geste, mir den Weg zu zeigen. Ich sagte, das sei nicht nötig, aber Norling ignorierte mich und hielt die Tür seines Arbeitszimmers für mich auf. Als ich dem Haushälter folgte, fielen mir seine sehnigen Arme auf. Plötzlich dachte ich, er könnte ein Pfleger aus dem Krankenhaus sein, der sich nur als Butler verkleidet hat und schon Medikamente und Fesseln bereithält. Weil er mich bis zur Toilette begleitete, konnte ich mich im Haus weder umsehen noch schnell verschwinden, und als ich die Tür schloss, sah er mich mitleidig an. Oder verächtlich? Mitleid und Verachtung kann man manchmal nur schwer auseinanderhalten.
    Ich schloss die Tür hinter mir ab und dachte darüber nach, in welcher Klemme ich saß. Statt nichts zu sagen, hatte ich zu viel gesagt. Jetzt konnte ich nur noch fliehen. Ich sah mir das Fenster genau an, aber es war wie alles andere in diesem Haus eine Sonderanfertigung und ließ sich nicht öffnen. Das dicke Milchglas hätte ich kaum zerschlagen können, jedenfalls nicht ohne eine Menge Lärm. Ich kam nicht weg. In der Hand hielt ich immer noch das gestickte Zitat, und jetzt faltete ich es und steckte es in meine Umhängetasche, weil ich nicht vorhatte, es zurückzugeben. Es ist einer meiner wichtigsten Beweise. Mir blieb keine andere Wahl, als wieder aus der Toilette herauszukommen und einen anderen Ausweg zu suchen. Ich hatte erwartet, beide Männer würden mit ausgebreiteten Armen vor der Tür stehen, aber der Flur war leer. Als ich mich vorsichtig umsah, standen die beiden vor dem Arbeitszimmer und unterhielten sich. Ich überlegte, in die andere Richtung zu laufen und einen Weg nach draußen zu suchen. Doch Norling blickte in dem Moment auf, also ging ich wieder zu ihm. Ich würde einfach sagen, ich sei müde und wollte nach Hause. Rechtlich gesehen hatten sie keine Macht über mich. Sie konnten mich nicht festhalten. Ich forderte ihn heraus – ich würde gehen.
    Ich gehe jetzt!
    Norling überlegte. Dann nickte er und bot an, mich zu fahren. Würde es wirklich so einfach sein? Ich lehnte sein Angebot ab und sagte, ich bräuchte frische Luft und würde lieber mit dem Fahrrad fahren. Norling widersprach behutsam, ich hätte doch gerade behauptet, ich sei müde. Ich blieb bei meiner Entscheidung und konnte kaum glauben, dass meine Feuerprobe gleich wirklich vorbei sein sollte.
    Ich ging zu den riesigen Eichentüren, obwohl sie geschlossen waren. Ich dachte, gleich würden sich die Männer auf mich stürzen oder mir eine Nadel in den Arm jagen, aber der Butler drückte brav auf einen Knopf, die Türen öffneten sich, und ich trat hinaus an die frische Seeluft. Ich war frei. Irgendwie hatte ich es überlebt. Ich lief die Treppe hinunter zu meinem Fahrrad.
    Als ich die Küstenstraße erreicht hatte, sah ich mich kurz um. Norlings teures Auto kam aus seiner dezenten Garage wie eine Spinne aus einem Loch. Er folgte mir. Ich sah wieder nach vorn, drückte die Füße auf die Pedale, ohne auf meine Blasen zu achten, und trampelte schneller. Norling hätte mich überholen können, aber er folgte mir bis in die Stadt. Ich raste über die Brücke, bog scharf auf den Radweg am Fluss ab und warf einen Blick zurück, als Norling weiter der Straße folgen musste. Endlich war ich ihn los, wenn auch nur vorübergehend, weil ich ganz sicher war, dass er zu unserem Hof fahren würde. Vielleicht brauchte er

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