Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
dieses Problem zu lösen. Es könnte aber auch einer der anderen gewesen sein – ein Treffen, das aus dem Ruder gelaufen ist, vielleicht war einer der Männer von ihr besessen. Ich weiß es nicht.«
»Die Leiche?«
»Ich kann keine Wälder umgraben oder Flüsse absuchen. Deshalb muss die Polizei nachforschen.«
»Aber bei dem Skandal geht es nicht nur um Mia.«
»Nicht um jede Adoption, nicht mal um die Mehrheit, aber um eine Minderheit, eine nicht unerhebliche Minderheit. Vorhin habe ich dir eine Karte von Schweden gezeigt. Die Fälle beschränken sich nicht auf ein Dorf oder eine Stadt. Sie ziehen sich über ein weites Gebiet. Der Journalist hatte recht: Die Statistiken lügen nicht. Es gab zu viele Fehlschläge. Sieh dir die Zahlen an, die Zahlen lügen nicht.«
Ich setzte mich im Schneidersitz aufs Bett und las mit meinen spärlichen Schwedischkenntnissen den Artikel. Unter Druck hatte meine Mum ihre Anschuldigungen zusammengefasst. Die Adoptionsorganisationen waren von einem Pädophilenring unterwandert. Es gab eine Verschwörung, um das zu vertuschen. Der Artikel bestätigte, dass es Probleme bei der Integration gab, und führte mehrere Misserfolge auf, von denen einer sogar ein Leben gekostet hatte. Ich fragte:»Und du glaubst, dass viele der Männer, von denen du erzählt hast – der Kommissar, der Bürgermeister –, in die Verschwörung verwickelt sind, obwohl sie keine Kinder adoptiert haben?«
»Es gab Partys. So ist dein Vater in die Sache verwickelt worden. Zu einer wurde er eingeladen. Das ist eine Tatsache. Ich weiß nicht, was bei diesen Partys passiert ist, da kann ich nur spekulieren. Einige haben in Norlings Strandhaus stattgefunden. Andere hinter dieser zweiten verschlossenen Tür. Es wurde getrunken. Sie haben Drogen genommen. Eines der Mädchen wurde geholt.«
»Die anderen kenne ich nicht, zu ihnen kann ich nichts sagen. Aber ich kenne Dad.«
»Das glaubst du nur. Du kennst ihn nicht.«
Es war nicht undenkbar, was sie ihnen vorwarf. Aber es gab auch keine eindeutigen Beweise. Meine Mum hatte Puzzlestücke gefunden, die zum Teil, das musste ich zugeben, ein extrem verstörendes Bild andeuteten. Allerdings stammten die Verbindungen der Teile zueinander von ihr. Ich versuchte, alles zusammenzubringen und ein Teil zu finden, das eindeutig nicht passte, oder eines, das man nicht als Mutmaßung abtun konnte. Ich fragte:
»Was ist mit der Frau, die sich in der Scheune erhängt hat?«
»Sie muss die Wahrheit herausgefunden haben. Das muss es sein! Darauf hat sich ihre Botschaft bezogen – ›Denn ich habe mit Fleisch und Blut zu kämpfen, mit Fürsten und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in der Finsternis dieser Welt herrschen, mit den bösen Geistern auf Erden.‹ Vielleicht war ihr Mann darin verwickelt. Sie war nicht so stark wie Mia. Die Schande hat sie umgebracht.«
»Das kannst du nicht wissen.«
»Alles, was ich dir erzählt habe, hängt mit dieser Verschwörung zusammen. Warum sind wir an diesen Ort gekommen? Cecilia wusste Bescheid. Aber sie war zu schwach, um etwas dagegen zu tun. Sie wusste, dass nur jemand von außerhalb die Wahrheit aufdecken würde.«
»Mum, ich sage ja nicht, dass du nicht recht hast. Aber ich kann auch nicht behaupten, dass du recht hast. Cecilia hat es dir nie gesagt.«
Ihre Antwort fiel seltsam knapp aus:
Vor einer Weile habe ich gesagt, es wäre nichts gefährlicher, als begehrt zu werden. Und ich sage noch was: Nirgendwo ist es gefährlicher als hinter verschlossenen Türen. Die Menschen werden immer eine Möglichkeit finden, ihre Begierden auszuleben. Wenn es keine legalen Möglichkeiten gibt, finden sie illegale. Håkan und andere haben eine durchorganisierte Seilschaft geknüpft, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Mia wurde missbraucht. Ich weiß nicht, von wie vielen. Sie war keine Tochter. Sie war Eigentum. Besitz. Bitte, Daniel, geh jetzt mit mir zur Polizei.
M EINE MUM FALTETE den bestickten Stoff zusammen und steckte ihn in ihre Umhängetasche. Sie war bereit. Ich legte eine Hand auf ihre:
»Setz dich mal zu mir, Mum.«
Widerstrebend setzte sie sich aufs Bett, so leicht und klein, dass die Matratze kaum nachgab. Wir sahen beide nach vorn, wie zwei Kinder, die einen Ritt auf einem fliegenden Teppich nachspielten. Müde senkte sie den Blick auf den flauschigen Teppich. Ich sah auf ihren Nacken und fragte:
»Was ist dann passiert? Du hast Doktor Norling von deiner Theorie erzählt?«
»Ja.«
»Hast du behauptet, er
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