Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)
Chris’ Zustimmung, um mich einzuweisen. Abrupt hielt ich an und überlegte, warum ich eigentlich zum Hof zurückfuhr, welche Sicherheit mich dort erwartete, mein alter Plan war gestorben, ich hatte ihnen alles gesagt. Es konnte nicht weitergehen, als wäre nichts geschehen, das Leben auf dem Hof war unmöglich geworden, unser Traum war ausgeträumt, das Haus, die Scheune, das Lachsfischen, alles war vorbei. Ich hatte mir etwas vorgemacht, ich hatte getan, als könnten diese beiden Leben nebeneinander bestehen, aber das konnten sie nicht. Ich konnte nachforschen oder die Augen verschließen, da gab es keinen Kompromiss, und ich hatte mich entschieden.
Ich war allein. Ich brauchte einen Verbündeten. Weil du in London warst, fiel mir nur einer ein, ein Mensch, der mich anhören würde und mit dieser Gemeinde nichts zu tun hatte, und das war mein Vater.
D IESE WAHL ÜBERRASCHTE MICH:
»Du hast deinen Vater über fünfzig Jahre nicht gesehen. Er wusste nicht mal, dass du in Schweden warst.«
»Ich wollte nicht zu ihm gehen, weil wir uns nahestanden. Ich wollte wegen seines Charakters zu ihm.«
»Wovon bist du ausgegangen? Von dem Mann, den du als Kind kanntest?«
»Ich war sicher, dass er sich nicht verändert hatte.«
»Du behauptest, Chris hätte sich verändert. Und das in nur einem Sommer.«
»Chris ist anders.«
»Inwiefern?«
»Er ist schwach.«
Nachdem sie meinem Dad schlimmsten sexuellen Missbrauch vorgeworfen hatte, wusste ich nicht, warum ich gerade das als schwere Beleidigung empfand. Vielleicht, weil ich den Eindruck hatte, dass meine Mum von allen Charakterfehlern Schwäche am meisten verachtete. Und vielleicht, weil ich dachte, wenn Chris schwach war, musste ich es auch sein:
»Und dein Vater war stark?«
»Er ist wie ein Fels. Trinkt nicht. Raucht nicht. Früher war er in der Lokalpolitik. Für manche ist das vielleicht ein Witz, aber in seiner Ecke des Landes hieß das, er war gewissenhaft und hoch angesehen. Sein Ruf bedeutete ihm alles. Es war egal, dass wir uns entfremdet hatten. Er würde sich auf die richtige Seite stellen.«
»Mum, er hat gedacht, du hättest Freja getötet.«
»Ja.«
»Warum wolltest du zu ihm gehen, wenn du jemanden gesucht hast, der dir glaubt? Du bist damals weggelaufen, weil er dir nicht geglaubt hat!«
Um nicht weiter von der Seite her mit mir zu reden, drehte sich meine Mum um, sodass wir beide im Schneidersitz auf dem Bett hockten, die Knie aneinander, und uns ansahen, wie zwei Teenager, die sich das Herz ausschütteten:
»Ich verstehe ja, dass dich meine Entscheidung wundert. Aber dieses Mal war ich nicht die Angeklagte. Es ging um Verbrechen, die andere begangen hatten. Und im Gegensatz zum letzten Mal hatte ich Beweise und Tatsachen und Namen. Er sollte einfach objektiv sein.«
Provozierend fragte ich:
»Für mich passt das nur zusammen, wenn er in deinen Augen richtig eingeschätzt hat, was 1963 passiert ist. Er hat es damals durchschaut, und du dachtest, er würde es jetzt auch durchschauen.«
Meine Mum sah an die Decke:
»Du glaubst auch, ich hätte Freja getötet!«
»Nein, Mum. Aber warum solltest du zu deinem Vater gehen, wenn er sich damals geirrt hat?«
Meiner Mum traten Tränen in die Augen:
»Weil ich ihm eine zweite Chance geben wollte!«
Wenn ihre Gefühle der Grund waren, konnte ich mir meine Gegenargumente sparen, und ich versuchte nur noch, die äußeren Umstände zu verstehen. Vielleicht hatten sie im Sommer Kontakt gehabt, und ich wusste nur nichts davon:
»Wann hattest du das letzte Mal von ihm gehört?«
»Er hat mir geschrieben, als meine Mutter gestorben ist.«
Mir fiel ein, wie meine Mutter den Brief vor zehn Jahren am Küchentisch gelesen hatte, auf dem noch die Reste des Frühstücks standen. Ich ging damals noch zur Schule. Es war kurz vor den Sommerferien. Sie wollte den Brief vor mir verstecken, damit mich die Nachricht nicht von meinen Prüfungen ablenkte, aber ich sah über ihre Schulter den schwedischen Text und fragte, worum es ging. Für mich war das sehr weit weg. Meine Großmutter hatte uns nie besucht oder sich gemeldet. Sie war eine Fremde. Der Brief war erst nach der Beerdigung geschickt worden, meine Mum hatte keine Chance gehabt, nach Hause zu fahren und dabei zu sein. Weil sie danach nichts mehr voneinander gehört hatten, fragte ich:
»Warst du überhaupt sicher, dass er noch da wohnte?«
»Er würde nie umziehen. Das Haus hat er mit seinen eigenen Händen gebaut. Er wird dort sterben.«
»Hast du
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