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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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vorher angerufen?«
    Ich habe mich dagegen entschieden. Es ist schwerer, jemandem die Tür vor der Nase zuzuschlagen, als am Telefon aufzulegen. Du siehst also, ich hatte auch meine Zweifel. Natürlich konnte ich die weite Strecke nicht mit dem Fahrrad fahren. Ich musste unseren Lieferwagen stehlen und damit durch Schweden fahren. Ich warf mein Fahrrad neben den Weg und lief durch die Felder zu unserem Hof, falls sie die Straße beobachteten. Wenn du mir gerade nicht geglaubt hast, dass Norling mir gefolgt ist, hast du dich getäuscht. Sein Auto stand vor dem Haus in der Auffahrt – das überraschte mich nicht weiter. Das Problem war, dass er vor unserem Lieferwagen parkte. So kam ich nicht an ihm vorbei! Das durfte noch nicht das Ende sein. Ich würde mich einfach hinter das Steuer des Lieferwagens setzen und Norlings teures Auto bis auf die Straße rammen.
    Durch das Fenster sah ich, dass Norling bei Chris war. Håkan war nirgends zu sehen, aber er würde auch bald kommen. Die Schlüssel waren in meiner Umhängetasche, ich musste also nicht ins Haus hinein. So schnell ich konnte rannte ich zum Lieferwagen, schlug die Tür zu und schloss mich ein. Ich ließ den Motor an, der alte Lieferwagen ruckelte laut. Chris kam aus dem Haus gelaufen. Als ich rückwärtsfuhr, hämmerte er mit einer Faust gegen die Tür und wollte einsteigen. Ich ignorierte ihn, legte den ersten Gang ein und hielt genau auf Norlings Auto zu. Im allerletzten Moment überlegte ich es mir anders und machte einen Schlenker um sein Auto – sonst hätte er die Polizei gerufen, und ich wäre wegen Sachbeschädigung dran gewesen. Stattdessen fuhr ich durch meinen Garten, meinen geliebten Garten, über Zwiebeln und Zucchini, die Arbeit von Monaten, raste durch die Hecke und bis auf die Straße. Der Lieferwagen hatte viel Schwung verloren und stand mitten auf dem Weg. Chris rannte mir nach. Ich konnte ihn in den Seitenspiegeln sehen, zusammen mit meinem zerstörten Garten. Der Anblick brach mir das Herz, aber der Traum war vorbei – der Hof war für mich gestorben. Als Chris den Wagen erreichte, gab ich Gas.
    Es war klar, dass sie mich verfolgen würden, mit ihren teuren Autos würden sie über die schmalen Landstraßen rasen und mich jagen, und ein weißer Lieferwagen war leicht zu entdecken, deshalb fuhr ich schnell, gefährlich schnell, und folgte wahllos irgendwelchen Straßen. Sobald ich aus der Gefahrenzone war, suchte ich mir auf einer Karte den besten Weg zu meinem Vater heraus. Ich schätzte, ich würde sechs Stunden brauchen. Es war eine anstrengende Fahrt. Der Lieferwagen ist sperrig, schwerfällig und schwierig zu fahren. Das Wetter schlug um, der milde Sonnenschein wurde von Platzregen abgelöst. Ich verließ die Provinz Halland und kam nach Västergötland, wo ich tanken musste. Der Kassierer fragte mich, ob alles in Ordnung sei. Er klang so freundlich, dass mir fast die Tränen kamen. Ich sagte, alles sei bestens. Ich würde mich freuen. Ich sei zu einem großen Abenteuer unterwegs, dem letzten Abenteuer meines Lebens. Und ich sei schon seit Monaten unterwegs, deshalb würde ich etwas mitgenommen aussehen, aber jetzt sei ich fast zu Hause.
    Auf der Tankstellentoilette musterte ich mich im Spiegel und musste zugeben, dass ich in den letzten Wochen stark abgenommen und mein Äußeres vernachlässigt hatte. Die Leute sind Frauen gegenüber misstrauisch, wenn sie bei ihrem Äußeren nachlässig werden, mehr als bei Männern. Es ist wichtig, wie man aussieht, wenn man jemandem beweisen will, dass man nicht verrückt ist. Ich wusch mir das Gesicht mit einem Klecks von der stark riechenden rosa Seife aus dem Spender, strich mir die wirren Haare glatt, säuberte meine Fingernägel und richtete mich so gut wie möglich her. Mein Vater hatte immer großen Wert auf Sauberkeit gelegt. Wir leben zwar auf dem Land, aber wir leben nicht wie die Schweine, hat er immer gesagt.
    Das letzte Sonnenlicht verblasste, und es wäre nicht einfach gewesen, sich nur mit einer Karte in einem fremden Land zurechtzufinden. Aber das hier war meine Heimat. Hier war ich keine Fremde. Obwohl es fünfzig Jahre her war, hatte sich die Gegend nicht verändert. Die Orientierungspunkte waren mir noch genauso vertraut wie meine Muttermale – die Brücken, die großen Höfe dieser Gegend, die Flüsse und Wälder, die urigen Dörfer, die mir als Kind wie Großstädte vorgekommen waren, mit exotischen Läden, einem Kaufhaus über drei Etagen, belebten Marktplätzen, teuren

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