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Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition)

Titel: Ohne jeden Zweifel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Rob Smith
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in den Regalen nach einem Buch, das ich lesen konnte, und entdeckte Mums Bibel. Ich schlug Epheser 6, Vers 12 auf. Die Seite war nicht markiert. Als ich die Bibel zurückstellte, fiel mir die Sammlung mit Trollgeschichten auf, die meine Mum mir als Kind vorgelesen hatte; das längst vergriffene Buch mit dem fehlenden Vorderdeckel und dem Bild eines Trolls, der sich im Wald versteckt. Dieses Buch hatte ich seit vielen Jahren nicht mehr gesehen, und weil es mir immer noch am Herzen lag, blätterte ich die Geschichten vor dem Feuer durch. Sogar nach dieser langen Zeit kannte ich sie auswendig, und während ich den Text las, hörte ich die Stimme meiner Mum. Das machte mich so traurig, dass ich das Buch weglegte. Ich streckte die Hände dem Feuer entgegen und fragte mich, was ich hier ernsthaft erreichen wollte.
    Morgens wachte ich vor der kalten Asche des Feuers auf. Mein Körper war so in den Stuhl gesunken, dass ich nur ungelenk hochkam. Als ich aus dem Fenster sah, tat der gleißende Schnee meinen Augen weh. Ich duschte mit lauwarmem Wasser und kochte starken Kaffee. Das einzige Essen im Haus waren ein paar hundert Gläser eingelegtes Gemüse und selbst gemachte Marmelade, mit denen sich meine Eltern auf den langen Winter vorbereitet hatten. Ich setzte mich an den Küchentisch, aß köstliche Brombeermarmelade, die so flüssig war, dass sie vom Löffel tropfte, und holte ein leeres Notizbuch und einen spitzen Bleistift aus meiner Tasche – das Werkzeug eines Detektivs. Skeptisch musterte ich meine Ausrüstung, dann schrieb ich auf die erste Seite oben das Datum.
    Es lag auf der Hand, dass ich mit Håkan anfangen sollte. Mein Dad hatte seinen Freund angerufen, bevor ich hergeflogen war, und ihm erzählt, was ich vorhatte, aber nur gehört, dass es keine Neuigkeiten über Mia gab, dass sich überhaupt nichts getan hatte und ich mit meiner Reise nichts erreichen könnte. Vor Kurzem hatte mein Dad beschlossen, den Hof zu verkaufen. Weil er nur noch tausend Pfund übrig hatte, war er in Marks Arbeitszimmer gezogen. Er hatte keine Pläne und klammerte sich nur an die Hoffnung, meine Mum würde wieder gesund werden. Als es ihr immer schlimmer ging, wurde auch er schwächer. Sie waren wirklich untrennbar miteinander verbunden, sogar im Untergang. Ich hatte zwar reichlich Bedenken dagegen, den Hof zu verkaufen, aber sie waren diffus und abergläubisch, und pragmatisch gesehen konnte ich nichts gegen den Verkauf sagen. Für meine Eltern war der Hof ein trauriger Ort, das spürte ich bis ins Mark, als ich unter der alten Holzdecke stand. Håkan hielt sein großzügiges Angebot, obwohl es für ihn leicht gewesen wäre, unsere Notlage auszunutzen und den Preis zu senken. Er war ein guter Gewinner. Anfang nächsten Jahres würde der Hof ihm gehören.
    So unruhig und niedergeschlagen, wie ich mich gerade fühlte, wollte ich Håkan nicht treffen. Was seinen Charakter anging, sagte mein Instinkt mir, ich sollte Mums Beschreibung glauben, zumal mein Dad Fehler bei anderen oft einfach nicht sah. Es war durchaus möglich, dass Håkan zu meinem Dad nett und zu meiner Mum scheußlich gewesen war. Mit Sicherheit würde mich dieser Respekt einflößende Mann für mickrig und unbedeutend halten. Trotzdem war ich neugierig, was er zu meinem Vorhaben sagen würde. Ich schob unser Treffen noch hinaus und beschloss, mich in der Stadt umzusehen und mich dort mit Vorräten einzudecken. Früher war ich immer gerne mit meiner Mum in schwedischen Läden einkaufen gegangen, und einige der Lebensmittel, die es nur hier gab, mochte ich sehr. Und sicher würde es mir einen Energieschub geben, wenn ich erst einmal ordentlich gegessen, den Kühlschrank aufgefüllt und das Haus einladender hergerichtet hatte.
    Nachdem ich den Kofferraum mit Lebensmitteln gefüllt hatte, machte ich einen Spaziergang durch die Stadt, über die Promenade, die meine Mum erwähnt hatte. Der Tag neigte sich schon langsam dem Ende zu, und in den Fenstern stellten Zeitschaltuhren elektrische Adventskerzen an. Ich blieb vor dem Café Ritz stehen, in dem sich Mum und Mia unterhalten hatten. Ohne recht zu wissen, warum, ging ich hinein und sah mir die Kuchen und belegten Brote mit Krabben, Eierscheiben und einem Klecks Rote-Bete-Salat an. Die Frau hinter der Theke musterte mich von oben bis unten und sah sich ungeniert meinen Aufzug an. Ich besaß nicht viel warme Kleidung. Um mich zum ersten Mal in meinem Leben für fünfzehn Grad Minus warm anzuziehen, hatte ich mit bunt

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