Ohne Kuss ins Bett
den Raum verließ. »Wo geht sie denn jetzt hin?«, fragte er, stellte das Glas ab und folgte ihr, doch an der Tür trat ihm Flo in den Weg.
»Ich muss mit dir reden«, meinte sie, und er dachte: Dieser Abend geht wohl nie zu Ende , und folgte ihr in die Halle.
Nachdem North gegangen war, lehnte Andie sich an Alice ’ Bett und versuchte, praktisch zu denken, aber es misslang ihr. Sie hatte so ziemlich von der ersten Minute an, als er durch die Tür gekommen war, Verlangen nach ihm empfunden, und um das Maß voll zu machen, hatte er ihr an der Kinderzimmertür die ganze Bande wirkungsvoll vom Hals gehalten, dann hatte er Alice ein Kaninchen geschenkt und Andie gesagt, dass er nur mit ihr nach Hause fahren würde. Wenn sie nicht so erschöpft gewesen wäre, wäre sie hier im Kinderzimmer aufgesprungen und hätte sich auf ihn gestürzt. Nur dass das nicht infrage kam. Allerdings, wenn sie darüber nachdachte, wäre es vielleicht trotzdem eine gute Idee, sich wenigstens für eine Nacht auf ihn zu stürzen. Nun ja, nein, das war es nicht, aber allein der Gedanke daran, wieder in seinen Armen zu liegen, sich von ihm in schwindelnde Höhen tragen zu lassen und alles für eine Weile zu vergessen, war wunderbar. Was konnte es denn schon schaden? Er schlief direkt nebenan, Isolde hatte versichert, dass Geister von offenem Feuer abgeschreckt wurden, und sie wäre in Reichweite, falls Alice sie brauchte.
Und weiß Gott, sie brauchte ihn so sehr.
Keine gute Idee , dachte sie, gar keine gute Idee .
Aber als nach zehn Minuten heißer Erinnerungen die Tür des Kinderzimmers wieder geöffnet wurde und Andie lächelnd aufblickte und dachte: Vielleicht , da erschien statt North Lydia.
»Du bist eine Idiotin«, verkündete Lydia und ließ sich in dem Schaukelstuhl nieder.
Na wunderbar , dachte Andie, und ihre heißen Gedanken verflüchtigten sich. »Ist das nur eine allgemeine Feststellung, oder willst du auf etwas Bestimmtes hinaus?«
»Weil du meinen Sohn verlassen hast.«
»Vor zehn Jahren«, erwiderte Andie, die ihren Ohren nicht traute. »Das liegt hinter uns. Und du warst begeistert. Wahrscheinlich hast du einen Freudentanz aufgeführt, als ich weg war.« Sie betrachtete Lydia zweifelnd. »Ein Menuett oder so was.«
»Er war so glücklich mit dir«, stieß Lydia hervor und sah sie anklagend an. »In diesem einen Jahr mit dir, da hat er gelacht.«
»Na ja, ich bin eben ein munteres Mädchen«, erwiderte Andie und wünschte sich, dass Lydia endlich ginge.
»Du hast recht, ich wollte nicht jemanden wie dich für ihn.« Lydia sah sie trotzig an. »Aber das war falsch von mir, und ich entschuldige mich.«
Andie blinzelte verwirrt. »Wofür denn? Du hast unsere Ehe nicht kaputt gemacht. Ich meine, ich wusste ja, dass du mich nicht mochtest, aber du hast North schließlich nicht dazu geraten, sich von mir scheiden zu lassen. Oder?«
»Natürlich nicht. Das wäre ganz ungehörig gewesen.«
»Nein, das würdest du natürlich nicht tun.« Lydia mochte ein Hausdrache sein, aber sie spielte fair.
»Er hätte sowieso nicht auf mich gehört«, setzte Lydia hinzu.
Andie machte einen erneuten Versuch mit der Theorie, dass Lydia, wenn sie ihr ihre nicht vorhandenen Sünden vergab, gehen würde. Dann könnte sie sich endlich wieder ihren sündigen Gedanken über den Mann widmen, zu dem sie nicht zurückkehren würde. »Sieh mal, North und ich, wir hatten Probleme, die wir nicht lösen konnten. Also musst du dich für gar nichts entschuldigen.«
»Ich hätte dich unterstützen sollen. Ich hätte dich in unsere Welt einführen sollen, dir zeigen, wie …«
»Lydia, ich wollte nicht in eure Welt. Ich wollte einfach nur North lieben. Aber dann ist Onkel Merrill gestorben, und North hat sich nur noch um die Kanzlei gekümmert, und das konnte ich nicht aushalten, und deswegen bin ich gegangen. Ich hatte die Wahl, bei North zu bleiben und uns beide unglücklich zu machen, oder ihn zu verlassen, damit er eine Frau finden konnte, die Begeisterung für seine Karriere aufbringt. Ich war die falsche Frau für ihn.«
»Das habe ich auch gedacht«, erwiderte Lydia. »Aber das stimmt nicht. Ich hätte eine bessere Schwiegermutter sein müssen. Ich habe in meiner Verantwortung dir gegenüber versagt.«
»Lydia, ich weiß es zu schätzen, dass du das sagst, aber bitte hör auf damit. Es ist vorbei. Es ist schon seit zehn Jahren vorbei.«
Lydia presste ärgerlich ihre Lippen zusammen. »Weißt du, Andromeda, für eine so emotionale Frau bist
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