Ohne Kuss ins Bett
kriegt.«
»Er ist ja auch ein Geist«, erwiderte Southie. »Die haben doch immer kalte Füße.«
Isolde starrte ihn nur an, und er klappte den Mund zu. »Es ist zu gefährlich, Andie«, fügte Isolde hinzu, und ihre Stimme klang ernst. »Keine Séancen mehr, ich mache das nicht mehr.«
»Aber ich muss einfach herausfinden, was es ist, was sie hier festhält«, stellte Andie fest. »Das muss ich unbedingt wissen.«
»Keine – Séancen – mehr«, wiederholte Isolde.
»Dann finde ich es eben allein heraus«, entgegnete Andie und ging davon, um nach den Kindern zu sehen, bevor sie sich an die Hausdurchsuchung machte.
North sah, wie sie sich entfernte, und fragte: »Und was konnten Sie dem allen entnehmen?« Woraufhin Gabe nur den Kopf schüttelte.
»Nichts, absolut nichts«, antwortete er. »Die sind alle verrückt.«
North begleitete ihn noch zur Eingangstür, verabschiedete sich von ihm und ging dann auf die Suche nach Andie. Er fand sie in der Bibliothek bei den Kindern. »Ich muss mit dir reden«, verkündete er, und als sie herauskam, wollte er mit ihr in den Salon gehen, aber dort saß erschöpft Isolde neben dem offenen Kaminfeuer. Also ging er mit ihr ins Esszimmer, wo aber Dennis saß und sich Notizen machte … »Der Brandy ist aus«, verkündete er düster –, und North nickte nur und wandte sich der Küche zu.
»Es ist schon fast fünf Uhr«, meinte Andie. »Rede mit mir, während ich das Abendessen vorbereite.«
»Setz dich«, forderte North sie auf, und Andie blickte überrascht drein, setzte sich aber. »Du bist gedopt worden.«
Andie blinzelte ihn verwirrt an.
»Mrs Crumb hat die ganze Zeit über ein Halluzinogen namens Salvia in den Alkohol gemischt«, erklärte North, »und Gott weiß, in was sonst noch. Du bist, seit du hier bist, systematisch unter Drogen gesetzt worden.«
»Nein«, widersprach Andie.
»Ich hätte hier sein müssen«, fuhr North fort, und das Schuldbewusstsein, das ihm zu schaffen machte, seit er von dem Salbei erfahren hatte, brach sich schließlich Bahn. »Ich habe dich allein hierhergeschickt. Ich habe dich wieder einmal alleingelassen.«
»North …«
»Salvia, das ist eine Salbeipflanze, die wie Unkraut aussieht. Die Crumb hat sie in Alice ’ Schmetterlingsgarten angebaut und macht Tee daraus, den sie mit dem Alkohol mischt. Deswegen füllt sie auch alles in Dekantierflaschen um. Jeder, der hier einen Drink zu sich genommen hat, wurde gedopt.«
Andie wollte sich erheben, aber North fuhr fort: »Gabe hat Proben davon genommen und dann den Rest ins Spülbecken gekippt. Ich habe schon mit Mrs Crumb gesprochen. Es wird ein Wagen aus der Stadt kommen und sie fortbringen. Sie packt gerade. Sie schwört, sie hätte es nicht getan …«
»Hat sie auch nicht«, fiel Andie ihm ins Wort. »Die Crumb ist nicht der Gärtnertyp. May war es. Den Schmetterlingsgarten hat May angelegt.«
»Aber es gibt keine May mehr«, erwiderte North sanft. »May ist gestorben.«
»May hat die Crumb dazu gebracht«, beharrte Andie mit ruhiger Stimme, obwohl sie wusste, dass das verrückt klang. »Du verstehst einfach nicht. Die Geister sind wirklich hier.«
North nickte und überlegte, wie er trotz der Halluzinationen an ihren Verstand herankommen konnte. Es musste sich für sie wirklich sehr realistisch angefühlt haben, vor allem, da sie allein hier war und mit niemandem reden konnte. »Haben die Geister jemals irgendetwas gesagt, was du nicht schon wusstest?«
»Ja«, antwortete Andie. »May hat mir von Ohrringen erzählt, die ihr Freund ihr geschenkt hatte. Sie hat mir erzählt, wie sie gestorben ist. Sie …«
»Das sind keine belegbaren Tatsachen«, entgegnete North. »Es sind Dinge, die du dir in einer Halluzination eingebildet haben könntest.«
»Nein«, widersprach Andie.
North schüttelte den Kopf. »Schatz, du bist unter Drogen gesetzt worden. Ich weiß nicht, warum Alice und Carter von hier nicht wegwollen. Das werden wir noch herausfinden, aber wegen Geistern ist es sicher nicht. Es gibt keine Geister. Geister sind nichts, was es in der Wirklichkeit gibt.«
Er beobachtete ihr Gesicht, während sie mit diesem Gedanken kämpfte. Ihr Gehirn war bereits derart vollgesogen mit dem Salvia-Zeug, dass sie wahrscheinlich zwischen Fantasie und Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden konnte.
Und er hatte die ganze Zeit über in Columbus gesessen. Hatte telefonischen Kontakt gehalten. Wahrlich eine große Hilfe.
»Ach Gott, es tut mir so leid, Andie«, stieß er hervor.
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