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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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es so richtig los. JP wusste wohl, dass er eine riesige
und weitverzweigte Verwandtschaft und viele Bekannte und Kollegen besaß, aber,
dass so viele so derart nahe bei München wohnten und ihn nun im Krankenhaus besuchten,
das war ihm nicht bewusst. Oma und Opa waren in ihrem Alter sogar aus Berlin
angereist und ein paar Cousins aus dem Rhein-Main Gebiet. Die Explosion der
IT-Abteilung der Firma Malinger war natürlich ein Riesenthema im Fernsehen und
sicherlich jeder Tageszeitung. Somit hatte auch der entfernteste Verwandte
davon irgendwie Wind bekommen und wollte persönlich mit einem der Überlebenden
reden, um es dann als „seine große Story“ seinen Freunden, Bekannten und bei
der Arbeit zu erzählen. Vielleicht lief ja auch ein Fernsehteam herum und hielt
einem ein Mikro vor die Nase, um vom „nahen Verwandten“ zu erfahren, was es
denn Neues zu berichten gäbe. Was tat man nicht alles, um seine Nase ins
Fernsehen zu bringen. Schlimmer konnte es nur noch am Mittwoch Nachmittag
kommen, wenn vielleicht ein Großteil der Mitarbeiter der Firma Malinger – das
Werk München hatte 1.350 Beschäftigte, nach der Trauerfeier für die Todesopfer
am Nachmittag auch zu einer Stippvisite der verletzten Kollegen vorbeischauen
wollte, um den tapferen Überlebenden der größten Katastrophe der
Firmengeschichte ihre Glückwünsche auszusprechen. Ein Horror! Allein der
Gedanke! Was für ein Terz!
    JP hatte nach einigen
Eishockey-Spielen oft schon ähnlich ausgesehen und sich bestimmt viel mieser
gefühlt als hier. Aber viele wollten jedes Detail seines unglaublichen Fluges
durch die Luft, seines heroisches Rettungsverhaltens unter Einsatz seines
Lebens wissen und die Schwere seiner unglaublichen Verletzungen sehen und
leider gelegentlich auch befühlen – Autsch. Das einzig Gute war: Die Horde
Journalisten und Fernsehleute drängten in die Zimmer der Kollegen auf der
Station, weil da mehr Platz war. Dort war nicht so viel Verwandtschaft im
Zimmer!
    Einige der verletzten
Kollegen sonnten sich ganz offensichtlich in diesem scheinbaren Ruhm. Am
Nachmittag war JP dazu übergegangen, seine Besucher nur noch in Gruppen von
max. acht Personen in sein kleines Krankenzimmer zu lassen und gewährte jedem
Pulk max. 15 Minuten Audienz – dann war Wechsel. Da sich viele seiner
Verwandten – ein paar seiner hiesigen Freunde, Bekannten und Kollegen waren
natürlich auch dabei – oft schon lange nicht gesehen hatten und sich
dementsprechend herzlich begrüßten und viel zu erzählen hatten, war ein
unglaublicher Geräuschpegel aus allen möglichen Sprachen im Flur zu hören. Die
paar Stühle dort waren von seiner Sippe belegt. Wahrscheinlich staute sich der
Rest der Meute bis vor zu den Wartebereichen mit den Wartebänken. So gern er
seine Leute mochte, aber heute hatte er die Schnauze gestrichen voll von seiner
Mischpoke. Er war heilfroh, als endlich ein Oberarzt strikt das Ende der
Besuchszeit verkündete und den Flur ein Stückchen weiter vorne durch eine
Glastüre verschließen ließ.
    JPs Zimmer sah aus wie
eine Aufbahrungshalle durch all die mitgebrachten Blumen und duftete wie eine
explodierte Parfumerie, durch die vielen Rest-Parfum-Noten aller Frauen und
Rasierwasser der Männer. Er wollte raus hier! JPs Mutter hatte ihren großen
Auftritt und machte sich als „Moderatorin“ und Audienz-Termin-Verwalterin sehr
nützlich. Die Zwillinge waren wieder in ihren jeweiligen Städten zum Studium
zurückgereist „Der packt das schon, so schlimm ist´s ja nicht....“ Der einzige
Lichtblick war der Besuch von Dr. Roma Annabella Julietta Schallgruber, der
Schwester seiner Mutter, seiner Tante. Niedergelassene Anwältin für Straf- und
Vertragsrecht in München.
    Als sie vor gut 30
Minuten hereinschneite, musste er die restlichen Verwandten für eine „private
Unterredung mit meiner Anwältin“ buchstäblich aus dem Zimmer werfen. Er
erteilte seiner Tante das Mandat zu seiner rechtlichen Vertretung, erklärte ihr
in kurzen Worten ehrlich und unverblümt die Situation und seine Forderungen
gegenüber der Kripo München.
    Sie war extrem
schockiert! Sie wollte sich sofort um die nächsten Schritte kümmern. Sie kannte
Dr. Manfred Koller, Chef der Kripo, ganz gut. Sie hatte keine allzu hohe
Meinung von seiner echten, fachlichen Kompetenz, war aber beeindruckt von
seinem Talent sich durchzuschlängeln und sich im Ministerium geschickt nach
oben zu arbeiten. Sie bestand darauf, einen Vertrag aufzusetzen, da sie von der
Einwilligung der

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