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Ohne Skrupel

Ohne Skrupel

Titel: Ohne Skrupel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Simoner
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Prost! Du Genie!
Aus finanzieller Sicht wurden in
     zehn Minuten 540.000,- Euro verdient.
Aus strategischer Sicht waren
     sie nun im Zeitplan weiter vorangeschritten.
Aus persönlicher Sicht konnte
     man auf die schnelle Reaktion und das professionelle Handeln unter
     Zeitdruck sehr stolz sein.
              Am Montag, kurz vor 10:00
Uhr, rief doch der bereits tot geglaubte Fiodr Youl an, ist putzmunter und geht
unglaublicherweise und plötzlich auf das ursprüngliche Ablöseangebot von 1,5
Mio. für seine 26%-Anteile ein. Durch geschicktes Taktieren konnte er binnen
Minuten auf nur noch eine schlappe Million gedrückt werden – also die ersten
500.000,- Euro gut gemacht. Angst ist ein machtvoller Verbündeter!
    Dann willigte der Russe
ein, Wiedergutmachung für den verpatzten Auftrag zu leisten und erstattet
20.000,- Euro zurück und versprach den nächsten Auftrag kostenlos zu erledigen,
um im Geschäft zu bleiben. Nochmals gut 20.000,- Euro Geldwert. Also 540.000,-
Euro in nur zehn Minuten. Nein, nein, vielleicht sogar 6.000.000 Millionen
Euro, denn Fiodr wollte ja ursprünglich sieben Millionen, was an sich schon ein
echtes Schnäppchen war für seine 26%-Anteile an MOTOHMOTY s.r.o Ohne die
besonderen Talente von Doc hätte das Konsortium vielleicht sieben Millionen berappen
müssen – nun fielen nur 1.000.000,- plus 20.000,- für den Russen an. Bedeutete:
ein rechnerisches Plus von 5.060.000,- in einer Woche! In diesem Stil sollte es
ruhig weitergehen. Das waren Zahlen, die sich gut anfühlten. Es gab nicht
viele, die so eine Menge Geld jemals verdienten, schon gar nicht in so kurzer
Zeit.
    Nochmals Prost, Du Genie!
Der braune Umschlag auf dem Schoß mit genau 20.000,- Euro in Cash, das war
schon mal ein Bonus und die weiteren eingeplanten 25 Riesen für den nächsten
Job des Russen auch. Davon mussten die Partner nichts wissen. Dieses Geld war
schon abgeschrieben und „ausgegeben“.
    Wäre Fiodr tatsächlich
gestorben, wie geplant, hätte es womöglich unerfreuliche Streitereien mit
seinen Erben über die Anteilsablöse gegeben oder man hätte den Russen nochmals
bemühen und bezahlen müssen. Nein, nein, so war alles sehr viel besser! Winwin
auf allen Ebenen! Das große Ziel rückte näher! Der alte Malinger würde schon
bald in Ruhestand gehen und der Malinger Konzern eine neue Führungsspitze
erhalten. Dem alten Malinger könnte man dann jeden Tag den Stinkefinger zeigen
und irgendwann auf sein Grab spucken.
    Gaius Julius Cäsar war
das große, strategische Vorbild. Er hatte Gallien erobert und dann systematisch
ausbluten lassen. Das gleiche Muster funktionierte auch heute noch – das
nächste „Gallien“ war der Malinger Autoteile-Konzern. An der richtigen Stelle sitzend
konnte man ein Unternehmen legal ausbluten und ausplündern bis der Marktwert
derart im Keller wäre, um es billig zu kaufen und es dann in kurzer Zeit wieder
aufzubauen, um dann wieder wirklich teuer zu verkaufen.
    Multidimensionales
Schachspiel mit Königin, Türmen, Springern und Bauern. Dieses gekonnte
Strategiespiel hatte Doc schon zu Stasi-Zeiten Ruhm und Ehre eingebracht. Nun
brachte es Reichtum und Macht. Der Russe Victor saß ja auf Abruf bereit. Schon
bald sollte er einen äußerst delikaten Auftrag erhalten. Eine gute Woche ging
zu Ende. Eine gute neue Woche stand an. Eine sehr gute nahe Zukunft zeichnete
sich immer deutlicher ab!

8. März 2010, Prag
     
    Fiodr Youl fühlte sich elend! Es war
6:00 Uhr morgens und Fiodr war schon seit sechs Tagen wieder zu Hause und
grübelte und grübelte. Nun saß er vor seinem offenen Tresor. Dieser Termin
heute um 10:00 Uhr beim Firmenanwalt des Konsortiums lag ihm wie Blei im Magen.
Es war schlechter gekommen als erhofft und besser gekommen, als es hätte kommen
können. Zumindest war er am Leben und er wollte vor allem auch seine Frau und
beiden Kinder schützen. Seine Verbände um den Kopf waren inzwischen abgenommen
und durch ein dickes Pflaster am Hinterkopf ersetzt worden. Zum Anwalt ging
Pavel normalerweise immer in Anzug und Krawatte, aber dazu hatte er heute weder
Lust noch sah er einen festlichen Anlass. Uralte Jeans und ein verwaschenes
T-Shirt mussten reichen für einen Termin dieser Art, dieser unfreiwilligen,
aufgezwungenen Art. Doc Oberst würde ihn mit zuckersüßem Grinsen begrüßen und
sich womöglich noch nach seinen Kopfschmerzen erkundigen. Ein Hohn! Diese
Missgeburt, dieses Scheusal!
    Der Krankenhausaufenthalt
war viel schlechter verlaufen als gedacht.

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