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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Aussage. „Außer dem Campingplatz im Neuhöfertal, den hab nämlich ich vorhin abgecheckt.“
    „Und?“, fragte Kommissar Schauß.
    „War nichts! Da wohnen zwar jede Menge Holländer, aber diese beiden Männer sind dort anscheinend nicht gewesen. – Herr de Vries, ich muss Sie mal was fragen.“
    „Nur zu!“
    „Warum verbringen denn eigentlich so viele Ihrer Landsleute ihren Urlaub in der Pfalz?“
    „Weil die Angst haben, dass sie demnächst vom Meer wegspült werden. Und dann sind sie froh, wenn sie ein Ausweichquartier haben.“
    „Wirklich?“, fragte Kriminalhauptmeister Geiger.
    Erneut bemühte sich Tannenberg, den Beitrag seines Kollegen zu überspielen: „Herr Kollege, gehen wir einmal davon aus, dass diese beiden tätowierten Männer sich nicht wegen ihres Urlaubs hier aufgehalten haben.“
    Benny de Vries nickte zustimmend.
    „Hätten Sie dann irgendeine Idee, was zwei Holländer in der Pfalz wollen, wenn sie nicht den Urlaub hier verbringen? Denn das mit dem Urlaub können wir doch völlig ausschließen, oder?“
    „Ja, das denke ich auch. Warum auch um alles in der Welt sollte denn irgendjemand zwei harmlose Urlauber mit Tiernarkotika vollpumpen und dann vor einen Zug werfen?“
    „Vielleicht waren die beiden ja gar nicht so harmlos“, bemerkte Sabrina Schauß mit nachdenklicher Miene.
    „Na ja, irgendwas werden sie sicherlich getan haben. Irgendetwas, das irgendjemanden so sehr geärgert hat, dass er sie schließlich aus dem Weg geräumt hat“, entgegnete der Leiter des K1.
    „Oder hat räumen lassen, Wolf“, ergänzte Adalbert Fouquet.
    „Aber das werden wir mit Unterstützung unserer holländischen Kollegen schon noch rauskriegen. Nicht wahr, Herr Kollege?“
    „Ich hoffe es!“
    „Was halten Sie davon, wenn wir jetzt Ihrem Landsmann, einem gewissen Ruud van der Hougenband, einen Besuch abstatten? Das ist der, der uns den Tipp mit Venlo gegeben hat. Vielleicht hat ja er oder irgendeiner von den anderen holländischen Urlaubern auf dem Campingplatz eine wichtige Beobachtung gemacht.“
    „Wolf, das verstehe ich jetzt nicht!“
    „Was verstehst du nicht, lieber Albert?“
    „Du hast doch vorhin gesagt, dass du diesen Campingplatz schon abgecheckt hast. Wieso willst du denn ausgerechnet dort noch mal hin?“
    „Albert, ich hab doch nur an der Rezeption gefragt. Und der Mann dort konnte sich nicht an solche Gäste erinnern. Aber das bedeutet ja nicht, dass nicht irgendeinem der holländischen Urlauber ihre Landsmänner irgendwo aufgefallen sein könnten.“
    „Zum Beispiel beim Gouda-Kauf im Supermarkt oder beim Holzschuhe-Schnitzen im Wald“, sagte Benny de Vries mit einem breiten Grinsen.
     
    Die Schleicherin verschluckte sich fast an ihrer eigenen Spucke, als sie von der gegenüberliegenden Straßenseite aus den dunkelhäutigen, rastabezopften Venloer Kriminalbeamten Tannenbergs feuerrotem Cabrio entsteigen sah. Sofort setzte sie sich mit ihrem vierbeinigen Anhang in Bewegung. Doch noch bevor sie die Mitte der Straße erreicht hatte, waren die beiden Männer bereits grußlos in das Innere des Hauses entschwunden.
    Tannenberg musste sich später selbstkritisch eingestehen, dass er die Situation, die ihn und seinen farbigen Kollegen bei ihm zu Hause erwartete, völlig falsch eingeschätzt hatte. Oder um es vielleicht noch etwas zutreffender auszudrücken: Er hatte sich eigentlich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, wie seine Familie wohl auf seinen exotischen Begleiter reagieren könnte.
    Umso größer gestaltete sich allerdings sein Schock in Anbetracht dessen, dass es keinem der gerade anwesenden Erwachsenen anscheinend möglich war, mit seinem Gast einigermaßen normal und unbefangen umzugehen: Als Vater Tannenberg Benny de Vries sah, sagte er nur kurz ›Tach‹, erhob sich von seinem Stammplatz am Küchentisch und verzog sich ohne ein weiteres Wort zu verlieren, in den Keller. Seine Mutter registrierte zwar sehr wohl das unhöfliche, geradezu peinliche Gebaren ihres Mannes, aber sie war ebenfalls nicht in der Lage, sich unverkrampft gegenüber dem Berufskollegen ihres jüngsten Sohnes zu verhalten.
    Den Vogel aber schoss Schwägerin Betty ab, die sich so extrem aufdringlich und affektiert dem farbigen Holländer gegenüber gebärdete, dass ihr Verhalten geradezu groteske Züge annahm. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Amnesty International, Ausländerbeirat, Anti-Rassismus-Gruppen und Integrationsvereine einen gleichzeitigen gemeinsamen Auftritt hatten –

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