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Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall

Titel: Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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und das in der zwar recht geräumigen, aber nicht gerade überdimensionierten Küche der alten Tannenbergs.
    Als Betty dann auch noch bis ins Detail wissen wollte, in welchen Situationen Benny unter seiner Hautfarbe im Alltagsleben bisher am meisten gelitten habe, nahm Tannenberg seinen Kollegen am Arm, zog ihn sanft nach draußen und klärte ihn auf der Fahrt ins Neuhöfertal über die Abgründe seines alltäglich zu ertragenden Großfamilienstresses auf.
     
    Der gemeinsame Besuch der holländischen Urlauberkolonie auf dem Campingplatz am Sägemühler Weiher war zwar wenig informativ, aber trotzdem sehr interessant, denn der bei seinem Auftritt im Kommissariat etwas unterkühlte Ruud van der Hougenband entpuppte sich nicht nur als leidenschaftlicher Fan italienischer Rotweine, sondern entwickelte sich im Laufe der gemeinsamen Verköstigung einer Flasche Grappa zu einer wahren Stimmungskanone.
    Seit dieser kühlen Aprilnacht kursieren unter den Eingeborenen im Neuhöfertal immer mal wieder hartnäckige Gerüchte dahin gehend, dass sich unter den drei stark angetrunkenen Männern, die mehrere Stunden in einem gelben Schlauchboot in der Mitte des Sees herumgepaddelt und unentwegt die Internationale gesungen hätten, auch ein ranghoher Beamter der Kaiserslauterer Kriminalpolizei befunden habe.

10
    Mittwoch, 30. April
     
    „Entschuldigung, warum hat mein Sohn denn so viele Insektenstiche? Ich dachte immer, dass es für Intensivstationen besonders strenge Hygienevorschriften gibt“, sagte Karin Heidenreich vorwurfsvoll in Richtung eines kräftigen, jüngeren Mannes, der neben der Eingangstür des Krankenzimmers an einem Desinfektionsgerät herumhantierte.
    Vielleicht hängt es an diesem Mundschutz, dachte Maximilians Mutter, als der Krankenpfleger nicht reagierte. Deshalb wiederholte sie die Sätze, diesmal allerdings etwas lauter.
    „Die hat er schon bei seiner Einlieferung gehabt“, gab der von unten bis oben weißgekleidete Mann kurz angebunden zurück. Dann verließ er den Raum.
    Zärtlich streichelte Karin Heidenreich die leicht erhabenen, rötlichen Beulen auf dem leblosen Arm ihres ältesten Sohnes.
    „Es ist schon verrückt.“ Tränen schossen ihr in die Augen, ihre Stimme überschlug sich. „Jetzt hab ich dich endlich aus dem Gröbsten draußen und nun das!“ Schluchzend kramte sie unter dem übergestreiften lindgrünen Kittel in ihrer Hosentasche herum und tupfte sich anschließend mit dem bereits benutzten Papiertaschentuch über Wangen und Nasenrücken. „Oh Gott, Maxi, hoffentlich wirst du bald wieder wach!“
    Sie faltete die Hände zusammen, schloss die Lider und betete.
    Daraus schien sie Kraft geschöpft zu haben, denn nach einer Weile begann sie wieder mit festerer Stimme zu sprechen: „Maxi, weißt du eigentlich, welche riesigen Sorgen sich Eltern gerade an solch einem Tag wie heute machen? Heute ist nämlich Walpurgisnacht. Und ich erinnere mich noch ganz genau, wie froh wir immer waren, wenn du und dein Bruder wieder wohlbehalten von euren Hexennacht-Streifzügen zurückgekehrt seid. Da passiert ja immer so viel …“
    Karin Heidenreich zuckte plötzlich zusammen. Sie war derart intensiv in ihre Erinnerungen eingetaucht, dass sie die junge Frau nicht bemerkt hatte, die sich zu ihr begeben und von hinten eine Hand auf ihre Schulter gelegt hatte. „Sie müssen jetzt gehen. Ihr Sohn braucht viel Ruhe. Sie können ja schon morgen wiederkommen. Vielleicht geht’s ihm dann ja schon viel, viel besser.“
    „Aber … Aber Sie rufen mich doch sofort an, wenn er wach wird.“
    „Natürlich machen wir das! Das verspreche ich Ihnen persönlich.“
    „Danke, Schwester Maria, vielen Dank“, murmelte Maximilians Mutter leise vor sich hin, erhob sich von dem von ihr benutzten Besucherhocker und verließ mit hängendem Kopf die Intensivstation der Schlossklinik.
    Etwa eine halbe Stunde später betrat der Klinikchef in Begleitung der für diesen Bereich zuständigen Oberschwester den Raum.
    „Rebekka, haben Sie unserem Freund hier eine anständige Dosis MP 18 verabreicht?“
    „Ja, schon vor ’ner guten Stunde – 2 Einheiten.“
    „Gut, das reicht ja dann für einige Zeit. Es wäre schließlich als überaus unpassend zu bezeichnen, wenn der junge Mann gerade nachher, wenn diese Besuchergruppe da ist, aus seinem Dornröschenschlaf erwachen würde“, sagte der ältere, graumelierte Herr, während er über seine, fast an der Nasenspitze festgesteckten Lesebrille hinweg einen begutachtenden Blick

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