Ohnmacht: Tannenbergs dritter Fall
nach Hause gefahren. Alles nur wegen diesem Holländer! Bin mal gespannt, ob der wirklich so schnell da ist, wie die behauptet haben. Wahrscheinlich sitze ich jetzt hier stundenlang rum und warte auf den Kerl, während der irgendwo im Stau steht.“
„Ich bin auch gespannt, wie lange dieser Käskopp für die Strecke braucht“, stimmte Kriminalhauptmeister Geiger seinem Chef von Petra Flockerzies Schreibtisch aus zu. „Was wollen Sie denn hier?“, ergänzte er mit barscher Stimme. „Die Ausländerbehörde ist im Rathaus unten in der Stadt.“
Da Geigers Kollegen sich in Tannenbergs Dienstzimmer aufhielten, wussten sie zunächst nichts mit seinem unvermittelten Ausruf anzufangen. Neugierig strömten sie nacheinander in das Büro der Sekretärin.
Vor ihnen stand ein breit grinsender, dunkelhäutiger jüngerer Mann, dem eine Vielzahl hellbraun gefärbter Rastazöpfchen auf die muskulösen Schultern herabhingen. Er war mit beigen Jeans und einem bunten T-Shirt bekleidet. Er stand nur da, sagte nichts – zeigte nur weiterhin seine strahlend weißen Zähne.
„Mann, was soll das? Was wollen Sie hier?“, setzte Geiger scharf nach.
Der Angesprochene antwortete nicht.
Seelenruhig zog er das T-Shirt über seinen Waschbrettbauch zur Brust hoch, drehte sich um, schob auf seinem Rücken ebenfalls den Stoff von unten über die Lenden hinweg in Richtung seiner Schulterblätter und klemmte diesen unter seinen Achseln fest.
Auch die beiden anwesenden Frauen hatten staunend dieser eindrucksvollen Vorführung beigewohnt. Als der durchtrainierte Farbige nun auch noch dazu ansetzte, den Gürtel seiner Hose zu öffnen, konnte Petra Flockerzie ihre aufschäumenden Emotionen nicht länger unter Verschluss halten. Geradezu verzückt kam ihr ein mehrfaches ›Huch‹ über die rosigen Lippen ihres weit geöffneten Mundes. Obwohl Sabrina sich besser unter Kontrolle zu haben schien, taxierte sie mit funkelnden Augen ebenfalls sehr genau die ihr dargebotenen optischen Leckereien; ein Umstand, der ihrem anwesenden Ehegatten natürlich nicht verborgen blieb.
Nun nestelte der Besucher auch noch an dem Reißverschluss seiner Hose herum.
„Was soll das werden: ein Männerstrip?“, hatte Tannenberg gerade gesagt, als er etwas sah, das ihm und seinen Mitarbeitern für einen Moment die Sprache raubte.
„Ach du dicke Arschbacke! Das gibt’s doch nicht!“, versuchte Kommissar Schauß seine Verwunderung in Worte zu fassen. „Das kann doch gar nicht sein! – Ja, träum ich denn?“
Völlig verblüfft starrten alle Mitarbeiter des K1 auf den oberen Teil des schokoladenbraunen rechten Pobackens, auf dem für jeden deutlich erkennbar eine auffällige Tätowierung angebracht war: Es war genau die gleiche wie bei den beiden Toten vom Heiligenbergtunnel.
Der dunkelhäutige Mann nutzte die allseitige Verwirrung, um seine Kleidung mit wenigen Handgriffen wieder in Ordnung zu bringen. Dann zog er aus der linken Gesäßtasche seinen Dienstausweis und hielt ihn seinen völlig verwirrten deutschen Kollegen entgegen.
„Inspektor Benny de Vries von der Kriminalpolizei in Venlo“, stellte er sich vor.
„Dann waren die Mordopfer also zwei Polizisten“, versuchte Geiger einen logischen Schnellschuss, der allerdings, wie schon so oft, nach hinten losging.
„Wieso?“, fragte Fouquet.
„Na ja, wenn der holländische Kollege diese Tätowierung …“
Weiter kam er nicht, denn Tannenberg würgte ihn brutal ab, schließlich hatte er als Kommissariatsleiter auch eine Fürsorgepflicht gegenüber seinem Untergebenen wahrzunehmen, musste verhindern, dass er sich im Beisein eines Fremden weiter blamierte. „Quatsch! Das kann theoretisch sein, ist aber wohl nicht zwingend.“
„Warum?“, fragte Geiger, der sich nicht so einfach geschlagen geben wollte.
Aber Tannenberg ignorierte den Einwurf und wandte sich an de Vries. „Herr Kollege, klären Sie uns doch bitte mal, weshalb auch Sie diese Tätowierung haben. – Entschuldigen Sie: Wir haben uns ja noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Wolfram Tannenberg. Ich bin der Leiter der Mordkommission.“ Dann begrüßten auch die anderen unter Nennung ihres Namens und des jeweiligen Dienstgrades per Handschlag den jungen Kollegen aus Venlo.
„Deshalb bin ich auch gleich zu Ihnen gefahren“, begann der Holländer mit einem ähnlichen Akzent wie van der Hougenband. „Für die Sache mit den Tätowierungen gibt es eine ganz einfache Erklärung: In Venlo gibt es eine Schule …, eine ziemlich
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