Ohnmachtspiele
Umstrukturierungen im Zuge der Reform müssen Aufwendungen, wie sie Major Schäfer vorschlägt, ein tragfähigeres Fundament haben. Es ist schlichtweg so, dass wir uns derartige Ermittlungsmaßnahmen zurzeit nicht leisten können.“
„Ihr Vorschlag?“, wollte die Staatsanwältin wissen.
„Solange keine weiteren Indizien auftauchen, die Major Schäfers Hypothese untermauern, werden wir in Zusammenarbeit mit dem Landeskriminalamt Niederösterreich den Unfalltod von Matthias Rudenz untersuchen. Die Ermittlungen im Fall seiner Frau – der verstorbene Gatte ist bislang der einzige Verdächtige – sowie alle weiteren hier angeführten Fälle halten wir einstweilen in Evidenz.“
Die Staatsanwältin sah sich im Raum um und klappte ihre Besprechungsmappe zu.
„Gut. In diesem Fall schließe ich mich Ihren Empfehlungen an. Sollten sich neue Erkenntnisse auftun, halten Sie mich bitte auf dem Laufenden.“
Damit war die Besprechung beendet. Als Schäfer seinen Frust ins Büro zurücktragen wollte, hielt ihn die Staatsanwältin am Gang auf.
„Major Schäfer … ich kann mir denken, was Sie jetzt von mir halten. Aber ich kann nicht anders, als Oberst Kamp recht geben: Die Suppe ist zu dünn.“
„Macht Blut sie dicker?“, entgegnete Schäfer sarkastisch.
„Hoffentlich nicht“, meinte sie nachdenklich und wandte sich zum Gehen.
„Ach ja.“ Sie drehte sich noch einmal um und lächelte ihn verschwörerisch an. „Großartiger Bericht übrigens, ‚delinquent acceleration‘ … wusste gar nicht, dass Sie nach FBI-Methoden arbeiten …“
Schäfer schaute sie nur fragend an, nickte kurz und ging in sein Büro.
„Ich glaube, der Wörner sollten wir nicht mehr mit dem Handbuch kommen“, wandte er sich an Bergmann, während er an der Kaffeemaschine hantierte.
„Ja, die ist clever … hat bei den beiden Serben ziemlich gute Arbeit geleistet. – Vielleicht sollten Sie einmal mit ihr ausgehen“, setzte er nach, als sich Schäfer mit seiner Kaffeetasse an den Schreibtisch setzte.
„Wieso das?“
„Na ja … Gesellschaft, Weiblichkeit, Privatleben … Sie wissen schon: diese Menschendinge.“
„Ach so … ich habe geglaubt, weil sie mir bei diesem beschissenen Fall weiterhelfen kann.“
„Die wird es sich mit dem Oberst sicher nicht verscherzen … die ist noch keine vierzig. Die hat noch eine Karriere vor sich.“
„Na dann werde ich es mir mit dem Oberst verscherzen“, erwiderte Schäfer geladen und stand abrupt auf, „wenn ich in einer halben Stunde nicht zurück bin, Bergmann, dann rufen Sie die Polizei!“
„Tun Sie nichts, was …“, rief ihm Bergmann nach, doch da war Schäfer schon auf dem Gang.
Er ging an Frau Fielmann vorbei, ohne nachzufragen, ob Kamp Zeit für ihn hätte. Sein Verhalten war blödsinnig und kindisch, dessen war er sich bewusst. Doch das hinderte ihn nicht daran, die Tür zu Kamps Büro aufzureißen, sich vor dessen Schreibtisch aufzubauen und seinen angestauten Frust loszuwerden. Seltsamerweise schien sich der Oberst weder über Schäfers Erscheinen zu wundern, noch bremste er ihn in seinen teils respektlosen Anschuldigungen ein. Er stand nicht einmal auf, um zum Fenster zu gehen und hinauszusehen, wie er es in solchen Situationen noch immer getan hatte.
„Ich werde müde“, meinte er, nachdem sie beide eine gute Minute nichts gesagt hatten. „Ich treffe mich mit dem Innenminister, der tischt mir einen Haufen Dreck auf und sagt: Bitte, bedienen Sie sich. Dann bin ich zum Abendessen mit dem Mugabe – ja, Sie brauchen nicht so zu schauen, Schäfer, ich gehe auch nicht blind und taub durch die Gegend – und der stellt mir einen Kübel Mist hin und sagt: Ganz frisch, greifen Sie nur zu. Dann komme ich nach Hause, bekomme gar nichts zu essen, weil meine Frau in der Oper ist, bei einer Vorstellung, für die meine sündteure Karte verfallen ist, ich mache mir eine Dose Thunfisch auf und schaue mir einen ‚Derrick‘ von 1984 an. Am nächsten Vormittag sitze ich hier, wer kommt? … Major Schäfer … schüttet mir einen Haufen Scheiße auf den Tisch und sagt: Wollen Sie nicht wenigstens mal kosten? Ich bin müde, Schäfer, einfach müde …“
„Das habe ich so nicht …“, wollte Schäfer einlenken, der von Kamps Reaktion völlig verblüfft war.
„Ach was“, winkte Kamp ab, „hier die Wiederholung für alle, die nicht zugehört haben oder ein bisschen schwer von Begriff sind: Sonja Ziermann: Unfall; Laura Rudenz, bis auf weiteres: Unfall; Matthias Rudenz:
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