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Ohnmachtspiele

Ohnmachtspiele

Titel: Ohnmachtspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Haderer
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Wie viele Beamte sich darum kümmern würden, kam es umgehend aus der ersten Reihe. Und Schäfer zögerte lang genug, um zu verstehen zu geben, dass nicht genug Beamte zur Verfügung standen. Auch der von der Zeitung konstruierte Zusammenhang sei mehr als spekulativ, meinte er, und die momentane Faktenlage sei keinesfalls ausreichend, um die Theorie eines Serientäters zu untermauern. In diesem Zusammenhang bäte er die Medien um ein wenig mehr Räson, um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nicht durch suggestive Schlagzeilen negativ zu beeinflussen. Der Stachel saß, die Fragen flogen wie Messer in Richtung Rednerpult: Wäre es denn nicht die Pflicht der Exekutive, sich um die lückenlose Aufklärung solcher Todesfälle zu kümmern? Wie konnte es denn sein, dass ein Mordopfer noch Monate nach seiner Auffindung im Wald nicht identifiziert war? Wie konnte es denn sein, dass bei einem Doppelmord im Tschetschenen-Milieu eine Sonderkommission eingesetzt wurde und die Täter schon in Haft waren, während bei Verbrechensopfern aus der eigenen Bevölkerung offensichtlich kein Finger gerührt wurde. Schäfer hob beschwichtigend die Hände und sah den Bürgermeister an, der sofort das Wort ergriff, ohne dem Polizeipräsidenten die Möglichkeit eines Kommentars zu geben. Schäfer lehnte sich zurück und legte die Hände auf die Tischplatte. Jetzt würde es interessant werden. Mugabes Gesichtsfarbe: im roten Bereich. Der Bürgermeister versprach, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Fall so rasch wie möglich aufzuklären, egal, in welche Richtung die Ermittlungen führen würden. Wien schulde es seinen Bürgern, und als Weltstadt auch seinen Gästen, sie vor derartigen kriminellen Subjekten, seien sie nun Fiktion oder Realität, zu beschützen, gerade im Hinblick auf die Weihnachtszeit, die er allen Wienern und Gästen als eine friedliche und besinnliche wünsche. Das sei seine Aufgabe als Bürgermeister und dafür müsse er auch die Bundespolitik und die Exekutive in die Pflicht nehmen. Schäfer sah eine dicke Ader an Mugabes Stirn pochen. Er wolle dem Innenminister und dem Polizeipräsidenten natürlich nicht zuvorkommen oder sich in deren Zuständigkeiten einmischen, doch hinsichtlich der medialen Aufmerksamkeit sähe er die sofortige Einsetzung einer Sonderkommission als selbstverständlich an – der Kehlkopf des Polizeipräsidenten kam kaum mit dem Schlucken nach. Dass sowohl Stadt als auch Bund die Polizei trotz der gegenwärtigen Engpässe, die sich aus der Reform ergeben hätten, mit allen erforderlichen Mitteln und Budgets ausstatten würden, sähe er, als dem Wohle der Bürger verpflichtetes Stadtoberhaupt, ebenfalls als unerlässlich – doch er wolle dem eigentlich Verantwortlichen natürlich nicht vorgreifen und übergäbe ihm nun das Wort. Der Polizeipräsident quälte sich mit hochrotem Kopf durch seine Erklärungen, in denen er zuerst die Forderungen des Bürgermeisters als seine eigenen ausgab, die er bereits in Angriff genommen hätte, und dann mit ein paar ungelenken Formulierungen die Reform zu verteidigen versuchte, was jedoch kaum noch jemanden interessierte.
    „Die Abendnachrichten“, sagte Schäfer zu Bergmann, als sie wieder im Büro waren, „die muss ich mir heute aufnehmen … das stelle ich mir in meine Best-of-Polizei-Kollektion.“
    „Wahnsinn“, stimmte Bergmann zu, „noch eine halbe Stunde länger und der Mugabe hätte einen Infarkt bekommen.“
    „Ja … aber mir ist einfach nichts mehr eingefallen, was ich hätte sagen können …“
    „Was halten Sie davon, dass Bruckner die Gruppe leiten soll?“
    „Soll mir recht sein“, erwiderte Schäfer bemüht gelassen. Wobei es ihm alles andere als egal war, dass ihm Kamps Stellvertreter die Gruppenleitung entzogen hatte. Nicht wegen Bruckner, der war ein fähiger Kriminalist, dem es immer um die Arbeit ging und nicht um das Ansehen der eigenen Person. Doch es war sein Fall. Er hatte die Toten gesehen, die Ermittlungen trotz Widerstand vorangetrieben. Er hatte sich den Arsch aufgerissen, um die Zusammenhänge herzustellen. War verarscht und fast suspendiert worden. Und das war der Dank dafür. Wobei er genau wusste, dass er nichts dagegen machen konnte. Oberst Haidinger hatte keinen Grund, sich für Schäfer starkzumachen und es sich deshalb mit dem Polizeipräsidenten zu verscherzen. Und dessen Argumente waren für jemanden, der mit der Materie nicht so vertraut war wie Schäfer selbst, durchaus logisch: ein langer

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