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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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stellte Lisa fest.
    Es war aber auch spannend. Man wusste auf einem Flohmarkt ja vorher nie, was einen erwartete. Man konnte ein Teil finden, das einen das ganze Leben lang begleiten würde. Oder etwas, was man schon lange gesucht hatte. Oder etwas, was man eigentlich gar nicht brauchte, aber schön fand.
    Lisa registrierte ein beseeltes Glänzen in Heikos Augen. Schon hatte er einen Stand mit alten Postkarten entdeckt und steuerte darauf zu. Lisa konnte ihn nur mit Mühe davon abhalten, jede einzelne Postkarte zu begutachten.
    Schließlich erstand er eine Karte mit der Aufschrift ›Liebliches Taubertal‹ und eine mit ›Unser Mergentheim‹, beide gelaufen, wie er Lisa begeistert erläuterte, und mit einem akkuraten Stempel.
    Am nächsten Stand, von dem Heiko wie von einem Magneten angezogen wurde, wurden alte Musikinstrumente angeboten. Besonders hatte es ihm ein messingblinkendes Grammophon angetan, das durchaus großen nostalgischen Charme besaß. »Wenn du mir mal was zum Geburtstag schenken willst«, meinte Heiko und wies bedeutungsvoll auf den alten Plattenspieler. »Hast du nicht erst im Januar Geburtstag?«
    »Ja, und?«
    Lisa nahm seine Hand.
    »Ja, dann weiß ich ja schon, was ich dir dann einmal schenken werde, am zehnten Januar, stimmt’s? Also in knapp einem Jahr!«
    Heiko hatte schon wieder einen neuen Stand entdeckt, den diesmal aber auch Lisa interessant fand. Hier wurden verschiedene alte Schmuckstücke angeboten. Lisa interessierte sich besonders für die alten Broschen.
    »Art-Deco«, erläuterte Heiko und nahm eine glänzend-bunte Blumenbrosche in die Hand. »Die hier ist aus Metall. Emailliert«– er drehte die Brosche um und deutete auf einen kleinen Schnörkel– »und signiert, siehst du? 20er-Jahre, würde ich sagen.« Die Besitzerin des Standes, eine Mittsechzigerin mit gefärbten schwarzen Haaren, pinkfarbenen Lippen und einem dunkelgrünen Rüschensamtwestchen, schaltete sich ein. »Nicht schlecht«, lobte sie, »alles richtig! Sie kennen sich wohl aus?«
    Heiko legte die Brosche ertappt zurück. »Ein bisschen«, murmelte er.
    »Wenn sie Ihnen gefällt, mache ich Ihnen einen guten Preis.«
    Lisa sagte: »Ah ja«, und ließ ihren Blick wohlwollend über die anderen Anstecknadeln schweifen. Schließlich blieb sie bei einer Strassbrosche, die eine Sonne und einen Mond darstellte, hängen. Die Standbesitzerin erriet sofort, wohin Lisa schaute, und nahm die Brosche auf. »Schön, nicht?«, Sie legte der jungen Frau das Schmuckstück in die geöffnete Handfläche. »Aus den 70er-Jahren. Strass, es sind alle Steine dran. Aber ich kann Ihnen einen sehr guten Preis machen, weil die Brosche ja nicht soooooooo alt ist.«
    Die Kommissarin bewegte vorsichtig ihre Handfläche und bestaunte das Glitzern der bronzefarbenen Steinchen.
    Heiko befasste sich inzwischen mit einer Reihe von alten Kettchen. Schließlich stutzte er.
    »Lisa, schau mal!« Aufgeregt deutete er auf eine Taschenuhr. Eine goldene Uhr. »Siehst du das hier?«
    Lisa taxierte die Uhr. »Die schaut ja genauso aus wie die, die Weidner in der Hand hatte!«
    Heiko nahm die Taschenuhr auf und untersuchte sie genauer.
    Auch dieses Exemplar hatte ein Mäandermuster auf dem Rand. Er drehte sie um und entdeckte auch hier eine Gravur, sogar in der gleichen, verschnörkelten Schrift. Allerdings lautete hier die Gravur ›25. März 1915‹.
    »Entschuldigen Sie«, begann Heiko. Er sah auf und bemerkte, dass die Frau ihn ohnehin die ganze Zeit über beobachtet hatte. »Woher haben Sie diese Uhr?«
    »Wieso?«, gab die resolute Frau zurück. »Die hab’ ich rechtmäßig erworben.«
    Heiko schüttelte den Kopf. »Sie missverstehen mich. Ich wollte Ihnen doch nichts unterstellen! Es interessiert mich einfach.«
    »Weiß ich doch nicht mehr!«, pampte die verstimmte Frau.
    Heiko zog seine Polizeimarke und hielt sie ihr unter die Nase. Die Standbesitzerin seufzte. »Aus einer Haushaltsauflösung, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Und wo genau war die?«
    »In Schwäbisch Hall, glaub ich.« Pause. Dann fuhr sie fort: »Also, für 80 tät ich sie Ihnen mitgeben.«
    Heiko schüttelte den Kopf. »Die Uhr interessiert mich nicht. Aber was kostet die Brosche?«
    Lisa sah wieder zur Anstecknadel, die immer noch glitzernd in ihrer Hand lag.
    »Hm, sagen wir 20, das ist ein guter Preis!«, lockte die Frau.
    Heiko zog sein Portemonnaie.
    »15 und wir nehmen sie mit.«
     
    Sie ließen den Tag in einem der kleinen, betont urigen Restaurants ausklingen, nicht

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