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Ohrenzeugen

Titel: Ohrenzeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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Zeit, aber mit Lisa konnte er sich schon was Festes vorstellen.
     
    Schon beim Gang zur Schrannenscheune, wo die Veranstaltung stattfand, zeigte sich Lisa geradezu entzückt von den vielen engen Gässchen, und schließlich war sie ganz aus dem Häuschen, als sie in einer Broschüre entdeckte, dass es in der Kirche einen Riemenschneider-Altar gab.
    Aber zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen, meinte Heiko, insgeheim hoffend, dass die Zeit für den Altar nicht mehr reichen würde.
    Sie hatten die Halle nun erreicht. Es kam ihnen ein sehr spezieller Geruch entgegen– ein Geruch nach frischem Stroh, nach Tieren, etwas Mist, aber insgesamt nicht unangenehm.
    So ein bisschen wie Ferien auf dem Bauernhof, dachte sich Lisa.
    Der Geruch wurde noch überlagert vom Duft von Steaks und Würstchen, die natürlich bei einer solchen Veranstaltung nicht fehlen durften.
    Sie zahlten den Eintritt bei einem runden, untersetzten Mittfünfziger, der mit der Kasse sehr gewissenhaft umging und das Wechselgeld lange sinnend betrachtete.
    In der Halle kamen die Geräusche dazu, da ja nicht nur Hasen ausgestellt wurden. Es gab auch Hühner, Hähne, Tauben und einige Meerschweinchen. Also war die Luft erfüllt von Gackern, Krähen, Gurren und Quieken.
    Dazu kam das bereits vertraute Scharren und Stampfen der Hasen. Lisa hing schon am ersten Käfig und machte: »Och, ist der süüüüüüüß!«
    Tatsächlich sahen die Hasen niedlich aus, das musste auch Heiko zugeben. Entweder schnupperten sie neugierig am Finger oder sie lagen würdevoll hingegossen in einer Ecke, die Augen halb geschlossen. Wobei bei manchen Käfigen von einem In-der-Ecke-Liegen kaum eine Rede sein konnte, da die Tiere teilweise so groß waren, dass sie den Käfig der Länge nach– zumindest liegend– ganz ausfüllten.
    Ein Kaninchen putzte sich hingebungsvoll, was zu erneutem Entzücken von Lisas Seite führte. Heiko besah sich indessen eher die Schilder, die an den Käfigen angebracht waren.
    ›Jäger‹ stand da bei ›Name des Züchters‹, darunter ›Rasse‹– in diesem Fall ›Großsilber‹, dann gab es Kategorien wie ›Körperbau‹, ›Fellfarbe‹ oder ›Ohren‹. Bei dem Tier von einem Züchter namens ›Glock‹, das Heiko gerade betrachtete, stand ›Sgt in allen Pos.‹, was wohl eine Eins bedeutete.
    Bei einem Tier stand gar ›Bester seiner Rasse‹, ein stolzes Neuseeländerkaninchen, das sich seines Sieges voll und ganz bewusst zu sein schien.
    Schließlich fand Lisa auch die Namen ›Held‹, ›Campo‹, ›Maler‹ und ›Winterbach‹. ›Weidner‹ war allerdings nirgends zu entdecken.
    Wäre auch pietätlos gewesen, ein bisschen Pause musste schon sein. Außerdem war ja nicht gesagt, dass die Weidnerin das Hobby ihres Mannes fortführen wollte.
    Sie besahen sich noch die Hühner und Hähne, stolze, riesenhafte Exemplare, und Lisa war ganz angetan von den schmucken Tauben, die Federn auf den Füßen hatten.
    Mehrmals wiederholte sie fassungslos, so etwas habe sie noch nie gesehen. Auch bei dem riesigen Käfig, in dem sich mindestens 20 rotbraune Meerschweinchen ängstlich quiekend aneinanderdrängten, blieben sie stehen.
    Die Tiere waren offenbar zu verkaufen und nicht in die Ausstellung integriert. Lisa betrachtete die putzigen Tierchen wohlwollend und steckte einen Finger durch das Gitter, was die Nager jedoch wenig kümmerte.
     
    »Na, wer ist denn da?«, schallte es nun hinter den Kommissaren. Sie drehten sich um. Es war Fritz Maler. »So so, wollt ihr auch in die Kleintierzucht einsteigen?«
    »Nein, nein, wir sind dienstlich hier! Zumindest so halb!«
    »So, dienstlich, das hätt’ ich mir ja fast denken können!«
    »Und welche Tiere sind von Ihnen?«, fragte Heiko neugierig.
    Maler geleitete sie zu einem kapitalen schwarz-weißen Rammler, auf dessen Käfigschildchen mit grüner Neonschrift das Wort ›Gesamtsieger‹ prangte.
    »So, hat’s endlich auch mal für den Gesamtsieg gelangt, jetzt, wo der Weidner nicht mitmacht!«, meinte Heiko und beobachtete Malers Reaktion.
    Maler grinste nervös und winkte ab. »Zufall. Hab’ einfach Glück gehabt. Aber der Gotthilf ist doch auch ein Prachtexemplar, oder nicht?«
    Heiko hatte Mühe, seine Mimik zu bezähmen, als er registrierte, dass Gotthilf der Hase war.
    »Ein schönes Tier«, lobte nun auch Lisa. Maler nickte und schlug dann vor: »Möchtet ihr vielleicht einen Kaffee? Unsere Frauen backen wahnsinnig guten Kuchen!«
     
    Das mit dem Kaffee war eine hervorragende Idee gewesen.

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